Mit dezentem Humor erzählt der britische Spielfilm “Mit Herz und Hund” von Regisseur und Drehbuchautor Paul Morrison von der Schwierigkeit, sich im reifen Alter auf eine neue Beziehung einzulassen. Die Hunde spielen eine verbindende Rolle, indem sie Dave und Fern zu gemeinsamen Spaziergängen inspirieren. Doch die Tiere sind nicht die eigentlichen Hauptfiguren dieser Geschichte. Ob man Hunde mag oder nicht, ist unwichtig. Sie helfen den beiden ungeschickten Menschen dabei, über holprige Situationen hinwegzukommen. Paul Morrison lotet mit trockenem englischem Humor die gewisse Spannung zwischen Dave und Fern aus, die mit einer neuen Chance einhergeht.
Eine Geschichte in Spaziergängen
Der Film mit dem Originaltitel “23 Walks” erzählt die Handlung in Form von einzelnen Spaziergängen mit Hund. Von Walk 7 bis Walk 9 und so weiter werden die Zuschauer auf dem Laufenden gehalten. Dadurch wird vermieden, dass der Film zu kitschig, zu ernst oder generell zu gefühlvoll wird. Allerdings erhält Schäferhündin Tillie in fortgeschrittenen Szenen eine emotionale Tiefe. Während sich Dave und Fern witzige Dialoge während des Flirtens und des gegenseitigen Kennenlernens liefern, wird der ernsthafte Hintergrund der Geschichte deutlich. Die beiden Menschen haben in ihrem Leben bereits viel durchgemacht und sich dabei verletzt. Der unverbrauchte Optimismus und die Zuversicht der Jugend sind ihnen längst abhandengekommen.
Eine Seele von Mensch
Besonders bei Dave wird das innere Drama deutlich. Er ist eine herzliche Person mit Ideenreichtum und dem verständnisvollen Toleranz eines Gentlemans. Obwohl er Fern auf charmante Weise umwirbt, stellt er fest, dass er vielleicht zu naiv und ungeschickt agiert. Dave lädt Fern zu einem Damespiel und zum spontanen Tanzen ein. Dabei wird jedoch auch deutlich, aus welcher sozialen Schicht er stammt. Dave war Krankenpfleger, doch seine Rente reicht plötzlich nicht mehr aus, um die Miete zu bezahlen. Dass er dies Fern zunächst verheimlicht, bringt ihre Freundschaft fast zum Scheitern. Sein Schicksal erinnert an die sozialkritischen Filme von Ken Loach, was auch daran liegt, dass Hauptdarsteller Dave Johns bereits die Titelfigur in “Ich, Daniel Blake” gespielt hat. Die Art und Weise, wie Dave vom Wohnungsamt in eine Bruchbude in einem anderen Stadtviertel abgeschoben wird, wirft erneut ein Schlaglicht auf die bürokratische Gleichgültigkeit gegenüber Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind.
Die innere Verletzlichkeit
Fern, gespielt von Alison Steadman, ist eine selbstbewusste Frau, die sorgfältig zwischen Unternehmungslust und Reserviertheit abwägt. Sie verfügt über mehr Geld als Dave, aber auch über eine stärkere innere Verletzlichkeit. Sie zieht sich immer wieder spontan zurück oder reagiert überempfindlich auf Fehler, die Dave macht. Dadurch wird sie fast zu einem unberechenbaren Charakter. Ihr Verhalten und ihr Anspruchsdenken können manchmal nervig wirken. Doch die lebhafte und sonnige Art, mit der Alison Steadman ihre Figur darstellt, hält die Rolle letztendlich im Gleichgewicht.
Eine reife Unterhaltung
“Mit Herz und Hund” ist eine Schmunzelkomödie mit melancholisch-philosophischen Untertönen. Man muss seinen Verstand nicht anstrengen, um diese reife Unterhaltung zu genießen. Man kann sich einfach von den Spaziergängen in den verschiedenen Jahreszeiten mitnehmen lassen. Die Parks und Wiesen in und um London wirken bezaubernd, und der Ausblick von den Hügeln oder dem Waldrand sorgt für ein Gefühl der Entspannung. Man spürt förmlich, dass Dave und Fern gerne einen Ort in der freien Natur aufsuchen, um durchzuatmen. Paul Morrisons Film behält eine leichte Beiläufigkeit bei, ohne jemals langweilig zu werden.