Mitbestimmung: Ein informeller Weg für Mitarbeiter-Partizipation

Mitbestimmung geht auch informell

Die betriebliche Mitbestimmung hat in Deutschland eine lange Tradition. Bereits vor 100 Jahren wurde das Betriebsrätegesetz eingeführt, das die Partizipation der Mitarbeiter regelt. Interessanterweise zeigt das IW-Personalpanel von 2018, dass nur etwa jedes fünfte Unternehmen eine formelle Organisationsform der Mitarbeiter-Partizipation hat. Lediglich 11 Prozent der Unternehmen haben einen Betriebsrat und knapp 9 Prozent ein anderes Vertretungsorgan (AVO), wie z.B. Mitarbeitervertretungen, die entweder gewählt oder vom Management eingesetzt werden. Einige dieser Gremien existieren dauerhaft, während andere nur vorübergehend eingerichtet werden, um neue Techniken einzuführen oder Arbeitsabläufe zu optimieren.

Die Rolle der Unternehmensgröße

Die Verbreitung von Interessenvertretungen hängt hauptsächlich von der Größe des Unternehmens ab. Im Jahr 2018 hatte nur knapp 7 Prozent der Unternehmen mit 5 bis 49 Beschäftigten einen Betriebsrat, während fast 70 Prozent derjenigen Unternehmen mit mindestens 250 Mitarbeitern einen Betriebsrat hatten.

Mitbestimmung geht auch informell

Auch AVOs sind in größeren Unternehmen häufiger vertreten als in kleinen Unternehmen, jedoch sind die Unterschiede hier weniger ausgeprägt als beim Betriebsrat.

Konflikte und Entscheidungsfindung

Es scheint, dass Betriebsräte eher in Konflikte mit der Unternehmensführung geraten als AVOs. Laut dem IW-Personalpanel kam es zuletzt in etwas mehr als einem Drittel der Unternehmen mit Betriebsrat zu Konflikten bezüglich flexibler Arbeitszeitmodelle oder Überstunden. Bei den Unternehmen mit AVOs waren es hingegen nur etwa ein Viertel der Firmen.

Auch bei betrieblichen Entscheidungen gibt es Unterschiede zwischen Betriebsräten und AVOs. Laut der befragten Personalverantwortlichen hatten 49 Prozent der Unternehmen mit Betriebsrat Interessenunterschiede zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsleitung, die jedoch überbrückt werden konnten. Bei Unternehmen mit AVOs gaben nur knapp 19 Prozent an, solche Unterschiede zu haben. In fast 77 Prozent der Unternehmen mit AVOs lagen die Interessen der Betriebsräte von vornherein auf einer Linie mit der Geschäftsleitung, während es bei Unternehmen mit Betriebsräten nur 46 Prozent waren.

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In so viel Prozent der Unternehmen mit einem offensiven bzw. defensiven Betriebsrat oder einem anderen Vertretungsorgan, in denen es in den vorangegangenen zwei Jahren zu Umstrukturierungen kam, nahm die betriebliche Interessenvertretung diese Position ein

Effektive Interessenvertretung

Sowohl Betriebsräte als auch AVOs sind keine homogene Gruppe. Während sich zwei Drittel der Betriebsräte aktiv für die Mitbestimmung einsetzen, handelt rund ein Drittel eher defensiv. Diese Unterschiede werden weniger deutlich, wenn es zu Konfliktsituationen kommt, wie z.B. bei Umstrukturierungen. Unternehmen mit einem offensiven Betriebsrat waren in solchen Fällen zu mehr als 70 Prozent anderer Meinung als die Geschäftsführung, jedoch konnten am Ende einvernehmliche Lösungen gefunden werden. Bei Unternehmen mit einem defensiven Betriebsrat betrug der Anteil nur 23 Prozent, während es bei Unternehmen mit AVOs immerhin 33 Prozent waren.

Am Ende zeigt sich, dass ein erheblicher Teil der AVOs in Umbruchszeiten durchaus in der Lage ist, sich von den Interessen der Geschäftsleitung abzusetzen und die Mitarbeiterinteressen zu wahren. Die Effektivität der betrieblichen Interessenvertretung hängt also vor allem davon ab, wie das Gremium seine Rolle in den betrieblichen Entscheidungsprozessen ausfüllt.