Habt ihr schon mal ein Rollenspiel gezockt? Wenn ja, dann stellt sich die Frage, ob ihr dort auch dem ein oder anderen Händler begegnet seid. Immer noch zustimmendes Nicken? Jetzt kommt’s: Schon mal darüber nachgedacht, woher der Händler eigentlich immer seine Ware bezieht? Nein?! Hatte ich eigentlich auch nie. Dennoch gibt „Moonlighter“ aus dem Hause 11 Bit Studios eine hervorragende und spielerisch unterhaltsame Antwort darauf.
Was man beim Graben so findet …
Nachdem an einem abgelegenen Örtchen mysteriöse Portale entdeckt wurden, in denen allerlei Monster ihr Unwesen treiben, bildete sich schnell ein kleines Städtchen in der Nähe des Ausgrabungsortes: Die Geburtsstunde der Händlerstadt Rynoka. Doch die goldenen Zeiten sind längst vorbei, als Will dort das Geschäft seiner Eltern übernehmen soll. Will ist nicht nur Händler, sondern auch Abenteurer.
Nachts schleicht er sich heimlich in die Portale, um dort auf Schatzsuche zu gehen – anfangs noch mit einem Besenstil ausgerüstet. Seine Beute verkauft er tagsüber in seinem kleinen Laden. Nebenher investiert er noch das ein oder andere Goldstück in weitere Läden, um Rynoka in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Die Idee hinter „Moonlighter“ ist wirklich faszinierend: In einem Mix aus Action-Rollenspiel und lockerer Wirtschaftssimulation sollt ihr euren Tagesunterhalt bestreiten.
Nachts macht ihr euch auf in die gefährlichen, zufällig generierten Dungeons, um Rohstoffe, Materialien oder wertvolle Gegenstände zu finden. Das Kampfsystem gestaltet sich dabei ähnlich wie bei anderen Titeln dieser Art: Aus isometrischer Draufsicht schlagt ihr euch durch etliche Widersacher. Je nach Waffe habt ihr die Wahl auf einen normalen oder geladenen Angriff – letztere Option kann auch durch Blocken ersetzt werden.
Zudem weicht ihr mit der Schultertaste geschickt aus, was auch bitter nötig ist: Denn gerade zu Beginn hält Will nicht sonderlich viel aus. Beim Schlagen nervt es allerdings ein klein wenig, dass Will dabei immer einen Schritt nach vorne macht. Dadurch geht ihr oft unbedacht in den Gegner, der euch dann eine verpasst, wenn ihr nicht schnell genug ausweicht. Nach einer Weile gewöhnt man sich aber an dieses kleine Detail.
Ja nicht zu gierig sein!
Insgesamt werdet ihr es mit fünf verschiedenen Arten von Dungeons zu tun bekommen – einer schwerer als der Vorgänger. Zu Beginn steht euch jedoch nur der erste offen. Weitere Schlüssel erhaltet ihr, wenn ihr in einem Verließ den Oberboss getötet habt – und das ist wahrlich kein Zuckerschlecken. Besonders ganz am Anfang wirkt Will eher wie ein zerbrechliches Ei als ein gestählter Ritter.
Daher solltet ihr nicht zu gierig sein: Denn nach einem Tod im Verließ sind eure bisher gesammelten Sachen, die ihr im Rucksack hattet, futsch. Nur die fünf Slots auf der Hand bleiben euch erhalten. Danach dürft ihr entscheiden, ob ihr erneut antretet oder das Dungeon verlasst. Später hilft euch ein magisches Amulett dabei, einen Dungeon zu verlassen: Denn sobald ihr dort drin seid, verschließen sich die Türen und ohne das Amulett gibt es kein Entkommen.
Der Haken an der Sache: Die Anwendung des Amuletts kostet euch Gold. Habt ihr keins, gibt es auch keinen Ausweg – bis auf den Tod natürlich. Und an Gold zu kommen, ist ebenfalls nicht so leicht – zumindest nicht im Dungeon selbst. Dazu braucht ihr nämlich einen magischen Spiegel, der euch gefundene Gegenstände in Münzen verwandelt. Geld selbst findet ihr nämlich nicht im Verließ. Klingt aber komplizierter als es ist.
Sobald ihr jedoch einige interessante Materialien gesammelt habt, geht es ab nach Hause. Im heimischen Shop heißt es nun „handeln“. Besonders tolle Funde solltet ihr jedoch zunächst einmal in eurer privaten Truhe lagern. Die restlichen Sachen dürft ihr zum Verkauf anbieten. Ganz zu Beginn eurer Karriere verfügt ihr lediglich über vier Ausstellungsflächen, auf denen ihr Ware positionieren könnt.
Wie viele Gegenstände einer Art ihr auf einmal präsentiert, ist euch überlassen – ebenso, was ihr dafür verlangt. Ob ihr mit dem Preis richtig liegt, erkennt ihr an den Reaktionen der eintreffenden Interessenten: Vier verschiedene Arten von Smilies verraten euch, wie gut der aktuelle Preis in etwa ist. Anschließend könnt ihr nachbessern, wenn nötig. Damit ihr euch aber nicht ständig alle Zahlen im Kopf behalten müsst, speichert euer Tagebuch den zuletzt festgelegten Preis und die Reaktionen darauf.
Ihr solltet aber vorsichtig sein mit der Überflutung des Marktes durch immer wieder auftauchende Gegenstände. Manchmal ist es sinnvoll, das ein oder andere Objekt zurückzuhalten, um die Nachfrage zu erhöhen. Das Ganze macht schon Laune. Im späteren Verlauf der Kampagne könnt ihr nicht nur euren Laden vergrößern, sondern auch noch Schergen anheuern, die für euch die Ware verkaufen.
Bastelfreunde gesucht
Seltene Materialien verarbeitet ihr mit Hilfe des Schmieds oder der Mystikerin zu neuen Ausrüstungsgegenständen, die euch anschließend auf den Beutetouren in den Dungeons unterstützen. Ein teuflischer Kreislauf, der verdammt süchtig machen kann. Und das Beste: Jede der teuren Verbesserungen hat deutliche Auswirkungen auf euren Charakter.
War Will zu Beginn noch ein mageres Bürschchen, verdrescht er später seine fiesen Widersacher mit einer Leichtigkeit, die Freude macht – zumindest so lange, bis ihr den nächsten Dungeon erreicht. Am Ende noch schnell ein Satz zur Optik: Der Retro-Pixel-Look geht für mich völlig in Ordnung, ist wie so oft aber wohl Geschmackssache. Vergleichbar ist das Ganze mit Titeln wie „Hyperlight Drifter“ oder „Phantom Trigger“ – nur mit etwas mehr Details, was ich zu schätzen weiß.
Fazit
Für mich geht die Kombination aus Rollenspiel und leichter Wirtschaftssimulation blendend auf. Die Idee ist prima in die Tat umgesetzt und der ständige Wechsel zwischen Abenteuer und täglicher Verkaufsarbeit bringt Schwung ins Geschehen. Ein bisschen Grinden ist zwar hin und wieder nötig, doch die eigentliche Spielmechanik mit immer wieder neu zusammengewürfelten Dungeons samt herausfordernder Bosse, macht „Moonlighter“ für mich zu einer empfehlenswerten Software-Perle. Daumen hoch für die 11 Bit Studios.
Erhältlich für: Xbox One, PS4, PC.