Moskau 1941: Als die deutschen Panzer kamen, feierte Stalin

Moskau 1941: Als die deutschen Panzer kamen, feierte Stalin

Im Oktober 1941 fand im Kreml ein Fest statt. Stalin hatte zu Ehren des kanadischen Pressemagnaten Lord Beaverbrook und des amerikanischen Gesandten Averell Harriman zu einem geladenen Gelage eingeladen. Es wurde ausgiebig gegessen und getrunken, und es wurden zahlreiche Toasts auf den nahenden Sieg über Hitlerdeutschland ausgebracht.

Parallel dazu rückte die Wehrmacht mit 78 Divisionen auf Moskau vor. Der Plan war, die sowjetischen Armeen vor der Heeresgruppe Mitte vor dem Einbruch des Winterwetters vernichtend zu schlagen. Obwohl die Kämpfe seit Kriegsbeginn große Verluste und Materialengpässe verursacht hatten, war die Moral der deutschen Truppen hoch, und sie glaubten an einen erfolgreichen Kriegsverlauf bis zum Winter.

Obwohl die sowjetische Seite die Vorbereitungen des Angriffs bemerkt hatte, wurden viele Einheiten der Roten Armee völlig überrascht. Währenddessen feierte Stalin ausgelassen im Kreml und scherzte mit seinen Gästen. Inzwischen brachen die deutschen Panzerspitzen durch die Hauptverteidigungslinie vor Moskau und umzingelten mehrere sowjetische Armeen.

Das Fest im Kreml hatte auch politische Bedeutung. Es wurden Verhandlungen über weitere Materiallieferungen nach dem Leih- und Pachtgesetz geführt, das den Alliierten ermöglichte, Großbritannien und nun auch die Sowjetunion zu unterstützen. Das Protokoll sah vor, dass bis Juni 1942 Material im Wert von einer Milliarde Dollar geliefert werden sollte.

Währenddessen wurde die Kommunikation zu vielen Truppen im Feld unterbrochen. Die Stawka, das Oberkommando der Roten Armee, verlor die Führung und setzte alles daran, die Frontlinie um jeden Preis zu halten. Taktische Rückzüge waren nicht gestattet, und unvorbereitete Gegenangriffe schwächten die sowjetischen Truppen weiter.

Ein Geheimdienstoffizier beschrieb in seinem Tagebuch die dramatische Situation an der Front. Die Führung hatte die Kontrolle verloren, und es gab Gerüchte, dass einige Verantwortliche bereits nach Moskau geflohen seien. Die Generäle kannten die Konsequenzen einer Flucht während des Krieges – sie wurden erschossen. Ein Flieger-Oberst, der eine deutsche Panzerkolonne in der Nähe von Moskau entdeckt hatte, wurde sogar wegen “Feigheit und Panikmache” bedroht.

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Um zu verhindern, dass Konterrevolutionäre oder Verdächtige in die Hände der Wehrmacht fielen, begann der NKWD mit Massenhinrichtungen. Fast eine Million Rotarmisten wurden dabei von Feldgerichten verurteilt, rund ein Dutzend Divisionen wurden aufgelöst.

Stalin brauchte einige Zeit, um sich zu sammeln. Die Regierung wurde angewiesen, nach Kuibyschew in den Osten zu evakuieren. Doch anstatt den Evakuierungskolonnen zu folgen, entschied Stalin, in Moskau zu bleiben. Er mobilisierte alle verfügbaren Kräfte, um den Feind aufzuhalten, und beorderte General Georgi Schukow nach Moskau, um den Oberbefehl über die vereinigte West- und Reservefront zu übernehmen.

Schukow konnte die Schlachten um Wjasma und Brjansk zwar nicht gewinnen, aber er baute eine letzte Verteidigungslinie vor Moskau auf. In der Stadt brach das Chaos aus, und die Verbindungen zur Front waren abgerissen. Plünderungen und Diebstähle nahmen zu, und die Kontrolle über die Hauptstadt schien verloren zu gehen.

Erst der brutale Einsatz von NKWD-Truppen brachte das Chaos unter Kontrolle. Stalin zeigte seinen Durchhaltewillen, indem er wie üblich die Parade zum Jahrestag der Oktoberrevolution abhielt. Die Bevölkerung wurde mobilisiert, um Verteidigungsanlagen vor der Stadt zu errichten. Doch die Deutschen kamen nicht weiter. Mangelnder Nachschub und die Regenperiode stoppten ihren Vormarsch für Wochen.

Dieser Artikel wurde erstmals im Oktober 2021 veröffentlicht.