Das perfekte Frühstücksei zu kochen ist eine Wissenschaft für sich. Wer den richtigen Zeitpunkt für einen weichen Dotter gefunden hat, kann sich glücklich schätzen. Aber wie verhindert man, dass das Ei beim Kochen platzt? Hilft das Anpicksen wirklich?
Was wäre ein Sonntagmorgen in Deutschland ohne das beliebte Frühstücksei? Es gibt bereits viele Theorien darüber, wie die perfekte Konsistenz des Eis sein sollte – nicht zu weich und nicht zu hart. Physiker haben sogar Formeln für die optimale Kochzeit entwickelt und Loriot hat den familiären Diskussionen über das “zufällig weiche Ei” einen Sketch gewidmet. Doch es geht nicht nur um die perfekte Konsistenz des Dotter, sondern auch um die Frage, ob man die Eier vor dem Kochen anpicksen sollte. Hier scheiden sich die Geister.
Die Antwort lautet ganz klar: Nein, man muss Eier nicht anpicksen. Es ist unnötig, vor dem Kochen ein kleines Loch in die Schale zu stecken. Wer es trotzdem tut, wird feststellen, dass gelegentlich ein Ei platzt. Wer es hingegen nicht macht, ist jedoch auch nicht davor geschützt. Das Anpicksen erhöht nicht nachweislich die Wahrscheinlichkeit, dass das Ei heil bleibt.
3000 Eier wurden getestet
Der WDR hat 2011 eine Studie durchgeführt, um diese Frage zu klären. Für die Sendung “Kopfball” wurden die Zuschauer gebeten, in einer Datenbank im Internet festzuhalten, wie sie ihre Eier gekocht haben und mit welchem Ergebnis. So wurden insgesamt 3000 Eier getestet, was für aussagekräftige Ergebnisse ausreichte. Die Hälfte der Eier wurde angepickst, die andere Hälfte nicht. Zudem wurden verschiedene Kochmethoden verwendet: Die Hälfte der Eier wurde in kochendes Wasser gelegt, ein Viertel wurde in kaltem Wasser erhitzt und das restliche Viertel wurde im Eierkocher gekocht.
Das Ergebnis: Von den angepicksten Eiern gingen durchschnittlich 10 Prozent kaputt, von den nicht angepicksten Eiern waren es 12 Prozent. Auf den ersten Blick scheint dies für die angepicksten Eier zu sprechen. Doch Statistiker widersprechen dem. Statistisch gesehen gibt es keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Anders gesagt: Der geringe Unterschied kann auch einfach dem Zufall geschuldet sein.
Erstaunlich robust
Dieses Ergebnis ändert sich auch nicht, wenn man einen Eierkocher verwendet. Teilnehmer der “Kopfball”-Sendung haben sowohl angepickste als auch nicht angepickste Eier im Eierkocher gekocht. Von den angepicksten Eiern sind 8 Prozent geplatzt, von den nicht angepicksten waren es 11 Prozent. Dieser Unterschied scheint deutlicher zu sein, ist aber statistisch nicht signifikant.
Während die Datenbank im Internet mit Ergebnissen gefüllt wurde, haben eine WDR-Redakteurin und ein Physiker das Experiment praktisch untersucht. Sie haben festgestellt, dass sich im Inneren eines erhitzten Eis tatsächlich Druck aufbaut. Die Luft im Ei dehnt sich aus und der Dampfdruck steigt (das Eiweiß besteht zu 88 Prozent aus Wasser). Es ist möglich, den zusätzlichen Druck zu berechnen, der von innen auf die Schale wirkt, wenn ein gekühltes Ei auf 90 bis 100 Grad Celsius erhitzt wird. Es handelt sich dabei um etwa 1 Bar, was ein Ei normalerweise problemlos aushalten kann.
Um dies zu überprüfen, haben die beiden Forscher luftleere Eierschalen so lange mit Luft gefüllt, bis sie geplatzt sind. Dabei stellte sich heraus, dass Eier einen Überdruck von 1 Bar locker aushalten können. Die Testeier sind erst ab einem Druckunterschied von 1,5 Bar zerbrochen, einige haben sogar Druckunterschiede von mehr als 2,5 Bar überlebt. Das Experiment bestätigt somit die Ergebnisse aus der Datenbank: Eier sind erstaunlich robust und das Anpicksen vor dem Kochen ist nicht notwendig. Und selbst wenn ein Ei kaputt geht, ist es nicht sicher, dass es mit einem Loch unbeschädigt geblieben wäre.