Namensforschung: Wie entstehen Nachnamen?

Namensforschung: Wie entstehen Nachnamen?

Stell dir vor, du heißt Gülle und musst jedes Mal im Erdkunde-Unterricht leiden, wenn das Thema Landwirtschaft besprochen wird. Das Gemisch aus Tierkot, Harn und Wasser wird als Frage in den Raum geworfen und alle fangen an zu lachen. Aber nicht Christian, obwohl er genau diesen Nachnamen hat. Er wünscht sich manchmal einen anderen Namen, aber der Name Gülle hat eine andere Bedeutung. Ursprünglich stammt das Wort aus dem Niederdeutschen und bedeutet “Pfütze, Lache”. Wahrscheinlich stammten Christians Vorfahren von einem Tümpel ab. Erst viel später erhielt der Name Gülle die Bedeutung von Jauche.

Namensforschung ist eine spannende Wissenschaft. Seit etwa 700 Jahren tragen die Menschen Nachnamen. Zuvor genügte meist der Vorname. Doch als immer mehr Menschen in größere Siedlungen und Städte zogen, wurde eine weitere Bezeichnung nötig – die Nachnamen entstanden.

Namen orientieren sich an Fakten wie dem Beruf, Wohnort oder dem Aussehen

Professor Jürgen Udolph, Onomastik-Professor an der Universität Leipzig, erklärt, dass es vier Möglichkeiten gibt, wie solche Namen entstanden sein könnten. Eine Möglichkeit war es, den Vornamen des Vaters zu erben. So entstanden viele Namen, die mit -sen enden, wie Jansen. Das “sen” steht für den Sohn, Jansen ist also “Jans Sohn”.

Eine zweite Möglichkeit war es, Menschen nach den Städten zu benennen, aus denen sie stammten. “Franz Hamburger” kam also aus Hamburg, und die Familie “Braunschweiger” aus Braunschweig. Auch Plätze innerhalb eines Dorfes konnten zur Namensgebung dienen. Die Vorfahren einer Familie “Amendt” wohnten beispielsweise “am End” eines Dorfes.

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Eine dritte Möglichkeit war es, Menschen nach ihrem Aussehen oder Charakter zu benennen. Ein großer Mann erhielt den Namen “Johannes Groß”, eine kleine Frau wurde zu “Margarethe Klein”. Jemand, der schnell aus der Haut fuhr, bekam das Adjektiv “Böse” an seinen Vornamen angehängt.

Andere Menschen nannten sich nach ihrem Beruf. Heinrich der Schmied wurde zu “Heinrich Schmidt”, “Schmitt” oder “Schmid”. Friedrich der Bäcker hieß “Friedrich Becker”. Heutzutage ist “Müller” der häufigste Nachname in Deutschland. Müller waren früher die Betreiber einer Mühle, da sich die Menschen vor allem von Getreide ernährten.

Namenswörterbücher können Aufklärung geben

Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts wechselten die Nachnamen in einer Familie oft nach Belieben. Kinder hießen damals nicht unbedingt genauso wie ihre Eltern. Doch seit dem 18. Jahrhundert legte die Obrigkeit fest, dass alle Familienmitglieder denselben Nachnamen tragen mussten. Dadurch hießen auf einmal auch normal große Menschen “Klein”, nur weil ihr Urgroßvater klein war.

Diese “Namensvererbung” ermöglicht es uns heute noch, herauszufinden, woher eine Familie ursprünglich stammt und was der Nachname bedeutet. Professor Udolph nutzt dafür eine CD-ROM, die alle Telefonnummern Deutschlands enthält. Er erkennt sofort, wie oft ein Name in Deutschland vorkommt.

Obwohl Familiennamen eine lange Geschichte haben und oft eine Bedeutung haben, können sie auch zu Problemen führen. Etwa 12.000 Menschen ändern jedes Jahr in Deutschland ihren Namen. Manche tun dies, weil ihr Name häufig vorkommt und verwechselbar ist, wie Mayer oder Müller. Andere ändern ihren Namen, weil er lächerlich klingt oder an eine unerwünschte Person erinnert, wie Hitler. In solchen Fällen dürfen die Menschen sich einen neuen Nachnamen aussuchen.

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Christian Gülle musste in der Schule gehänselt werden, aber er denkt nicht mehr daran, seinen Namen zu ändern. Nach der siebten Klasse hörte der Ärger sowieso auf, und heute mag er seinen Nachnamen sehr gerne.

Berufsbilder

Nachnamen in Deutschland