Nation und Nationalismus: Das Deutsche Kaiserreich

Nation und Nationalismus: Das Deutsche Kaiserreich

Die Nation und der Nationalismus waren im Deutschen Kaiserreich von großer Bedeutung. Das Konzept der Nation entwickelte sich im Laufe der Zeit von einer fortschrittlichen Idee zu einer Art säkularen Religion, die in ganz Europa eine enorme Wirkung entfaltete. Der Nationalismus richtete sich zunehmend gegen alles, was sich der Vorherrschaft der eigenen Nation nicht unterordnete.

Der neue Reichsnationalismus

Nach der Reichsgründung war es wichtig, die bestehenden regionalen Identifikationen durch einen übergeordneten Reichsnationalismus zu ergänzen. Das Kaisertum wurde dabei zum wichtigsten Bezugspunkt, ergänzt durch militärische Erfolge und die Identifikation mit Otto von Bismarck als dem “Reichsgründer”. Der deutsche Nationalismus erhielt dadurch nicht nur eine preußische, sondern auch eine stark protestantisch geprägte Ausrichtung. Die Idee der Nation wurde durch historische Bezüge wie die Verehrung von Wilhelm I. und Hermann dem Cherusker gestärkt.

Nationale Identität und Feindbildbeschwörung

Schon von Anfang an wurden äußere und innere Feinde beschworen, um die Nation zu einen und zu verteidigen. Dabei wurden nicht nur nationale Minderheiten im Kaiserreich als reichsfeindlich angesehen, sondern auch politische Gegner wie die Sozialdemokraten. Diese wurden nicht nur verfolgt, sondern auch als “vaterlandslose Gesellen” ausgegrenzt. Antisemitismus spielte ebenfalls eine Rolle und wurde insbesondere während wirtschaftlicher und sozialer Krisen verstärkt.

Wilhelminische Radikalisierung des Reichsnationalismus

In der wilhelminischen Phase des Kaiserreichs wurden zwei neue Faktoren wirksam, die den Reichsnationalismus radikalisierten. Zum einen gab es eine aggressive “Weltpolitik” und zum anderen entstanden bürgerlich geprägte Agitationsverbände, die von rechts Druck auf die monarchische Regierung ausübten. Der Alldeutsche Verband vertrat einen besonders radikalen Nationalismus mit präfaschistischen Zügen.

LESEN  Kein Muskelaufbau trotz Krafttraining? Vermeide diese 7 Fehler!

Nationalismus und Sozialdarwinismus

Der Imperialismus und der Sozialdarwinismus verstärkten die nationalistischen Tendenzen. Nationale Stärke und Kampfbereitschaft wurden als notwendig angesehen, um im Wettbewerb mit anderen Nationen zu bestehen. Der Krieg wurde als biologische Notwendigkeit für die Nation betrachtet.

Der Nationalismus im Deutschen Kaiserreich war von verschiedenen Entwicklungen geprägt, die zu einer Radikalisierung führten. Die Identifikation mit der eigenen Nation ging oft mit der Abwertung und Ausgrenzung anderer einher. Diese Entwicklungen sollten im Laufe des 20. Jahrhunderts tragische Auswirkungen haben.

Ausgewählte Literatur:

  • Alings, Reinhard: Monument und Nation. Das Bild vom Nationalstaat im Medium Denkmal. Zum Verhältnis von Nation und Staat im deutschen Kaiserreich 1871-1918, Berlin 1996
  • Alter, Peter: Nationalismus, Frankf./M. 1985
  • Becker, Frank: Bilder von Krieg und Nation. Die Einigungskriege in der bürgerlichen Öffentlichkeit Deutschlands 1864-1913, München 2001
  • Becker, Peter E.: Sozialdarwinismus, Rassismus, Antisemitismus und völkischer Gedanke, Stuttgart u. a. 1990
  • Krieger, Leonard: The German Idea of Freedom. History of a Political Tadition, Boston 1957
  • Puschner, Uwe: Die völkische Bewegung im wilhelminischen Kaiserreich. Sprache – Rasse – Religion, Darmstadt 2001.
  • Rürup, Reinhard: Emanzipation und Antisemitismus. Studien zur “Judenfrage” der bürgerlichen Gesellschaft, Göttingen 1975
  • Stern, Fritz K.: Kulturpessimismus als politische Gefahr. Eine Analyse nationaler Ideolgie in Deutschland, Bern u. a. 1963
  • Tacke, Charlotte: Denkmal im sozialen Raum. Nationale Symbole in Deutschland und Frankreich im 19. Jahrhundert, Göttingen 1997
  • Walkenhorst, Peter: Nation – Volk – Rasse. Radikaler Nationalismus im Deutschen Kaiserreich 1890-1914, Göttingen 2007