Neuerungen im deutschen Strafrecht: Eine kurze Geschichte

Neuerungen im deutschen Strafrecht: Eine kurze Geschichte

Das deutsche Strafrecht und seine Auswirkungen durch Strafen dienen verschiedenen Zwecken. Strafen sollen bestimmte soziale Werte schützen, die aus einem gesellschaftlichen Konsens über besonders bedeutende soziale Interessen resultieren. Dazu zählen das Leben, die körperliche Unversehrtheit und das Eigentum.

Voraussetzung für Strafen ist eine schuldhafte Straftat, die diese Werte verletzt. Strafen haben dabei eine doppelte Funktion: Sie sollen die persönliche Schuld des Straftäters ausgleichen und präventiv auf ihn wirken, um weitere Straftaten zu verhindern und somit die Gesellschaft zu schützen.

Strafrecht im Kaiserreich und in der Weimarer Republik

Ende des 19. Jahrhunderts begann ein Streit über die Weiterentwicklung des Reichsstrafgesetzbuchs von 1871, das auch heute die Grundlage des geltenden Strafrechts bildet. Es entstand ein Diskurs über die dualen Konzepte des Schuldstrafrechts und des Präventionsstrafrechts.

Während die “klassische Strafrechtsschule” die Strafe als absolut betrachtet und sie als Ausgleich für die Schuld des Täters sieht, verfolgt die “moderne Strafrechtsschule” eine relative Straftheorie. Diese berücksichtigt verschiedene Funktionen und Zwecke der Prävention, sowohl individualpräventiv für den Täter als auch generalpräventiv für die Gesellschaft.

Franz von Liszt und das “Marburger Programm”

1882 propagierte Franz von Liszt, Juraprofessor in Marburg und Politiker, das Konzept des “Zweckgedankens im Strafrecht”. Er setzte sich für eine Strafrechtsreform ein, die Strafen nicht nur als nachträglichen Schuldausgleich betrachtet, sondern als gesellschaftlich orientierten Gestaltungsprozess.

Liszt forderte die Einführung neuer Sanktionsmöglichkeiten, da es bisher nur die Freiheitsstrafe gab, in verschiedenen Abwandlungen von Zuchthaus über Gefängnis bis hin zu anderen Formen der Haft. Er schlug eine bedingte Verurteilung und eine neu interpretierte Geldstrafe vor, die sich an den Vermögensverhältnissen des Verurteilten orientieren sollte. Zudem forderte er Möglichkeiten für die Verurteilten, Geldstrafen durch Arbeitsleistungen abzutragen.

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Erste Diskussionen über eine Änderung des Strafvollzugs

Zu dieser Zeit entstanden erste Diskussionen über eine behandlungsorientierte Ausgestaltung des Strafvollzugs. Der Strafvollzug war zuvor nicht einheitlich geregelt, sondern basierte auf Verwaltungsvorschriften der Länder und diente rein als abschreckender Freiheitsentzug.

Um Ideen zur Beeinflussung der Straftäter zu entwickeln, wurden Kriminalstatistiken erstellt. Gleichzeitig entstanden Täterlehren, die zwischen Besserungsfähigkeit und Unverbesserlichkeit unterschieden. Diese Entwicklungen legten den Grundstein für das “präventive Strafrecht” und das Konzept der “Sozialpolitik als der besten Kriminalpolitik”.

Schlechte Rückfallbilanz für stationäre Sanktionen

Im deutschen Strafrecht werden heute etwa 80 Prozent aller Sanktionen mit einer Geldstrafe verhängt. Nur gut fünf Prozent der Verurteilten gelangen in den Strafvollzug. Rückfallstatistiken zeigen, dass bei stationären Sanktionen des Jugendstrafrechts 69 Prozent der Verurteilten innerhalb von drei Jahren erneut straffällig werden.

Die Kriminologie berechnet sogenannte Gefangenenziffern, die zeigen, wie viele Gefangene pro 100.000 Einwohnern in den Justizvollzugsanstalten einsitzen. Derzeit liegt dieser Wert in Deutschland bei etwa 95.

Das deutsche Strafrecht unterliegt seit dem späten 19. Jahrhundert einem stetigen Entwicklungsprozess, der geprägt ist von der Suche nach Alternativen zur Freiheitsstrafe. Es hat signifikante Fortschritte bei der Haftvermeidung erreicht und den Strafvollzug von einem bloßen Verwahrvollzug zu einem resozialisierungsorientierten System weiterentwickelt.

Trotzdem sind in den letzten Jahren Tendenzen einer Verschärfung des Sanktionsrechts festzustellen. Diese Trends waren bereits im Zweckstrafrecht angelegt und spiegeln auch außerrechtliche Strömungen und Interessen wider.

Das deutsche Strafrecht ist ein Kompromiss mit inneren Spannungen zwischen rechtsstaatlicher Grenzziehung, sozialstaatlicher Resozialisierung und gesellschaftlicher Selbstverteidigung. Es bleibt eine fortlaufende Herausforderung, den Balanceakt zwischen diesen verschiedenen Zielen erfolgreich zu meistern.

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