Besser geht’s nicht: Die neueste WiWo liefert wieder die besten Hochschulen Deutschlands. Die Allerbesten sitzen in München, Berlin und anderen angesagten Großstädten. Auf dem Land sollte man besser nicht studieren und auch um Greifswald, Kiel oder Freiburg sollte man einen großen Bogen machen. Vorsicht: Ironie.
Du suchst die beste Hochschule Deutschlands? Hier ist sie: die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Tatarata! (Fanfarenstoß.) Und warum gerade die? Weil deren Absolventen bei den Personalchefs deutscher Unternehmen den dicksten Stein im Brett haben. Damit es auch jeder rafft: Bei Siemens (vielleicht) mag man am liebsten Absolventen der Eliteuni von der Isar. Ergo ist dort die akademische Crème de la Crème heimisch.
So einfach ist das und wer es einfach mag, ist mit dem Hochschulranking der WirtschaftsWoche (WiWo) einfach bestens versorgt. Das Magazin lässt alle Jahre wieder die Personaler von Firmen und Konzernen “mit zehn bis zu Tausenden Beschäftigten” befragen, wo sie ihre Mitarbeiter “am liebsten rekrutieren”. Wer die meisten Kreuzchen einheimst, landet auf dem Siegertreppchen, die Konkurrenz auf einem der Top-Ten-Ränge – die Geschlagenen in der Versenkung.
Dort gehören sie auch hin. Zum Beispiel die Universität Leipzig. Die hatte im Vorjahr im Fach Wirtschaftsinformatik noch den neunten Rang belegt. Und diesmal? Weg vom Fenster. Schlechter als zehn heißt unsichtbar, also bedeutungslos, irgendwie gar nicht existent. Deshalb: Hattest Du die Uni Leipzig als Kandidat für ein Studium auf dem Zettel – streich das gefälligst!
Metropolen voll im Trend
Geh stattdessen dahin, wo Du gefragt bist, wo Deine Chancen, beruflich durchzustarten, am günstigsten sind. So wie es auf dem Cover des aktuellen WiWo-Hefts steht: “Die besten Unis für ihre Karriere”. Auf der Titelseite zum 2022er-Ranking stand exakt dasselbe, wie davor schon bei der 2018er-Ausgabe. Kann man ja gar nicht oft genug sagen. Um was soll es beim Studieren auch sonst gehen? Um Bildung, Selbstverwirklichung, Streben nach Wissen. Vergiss es und halte Dich an die Ansage vom 2014er-WiWo-Ranking: “Studieren mit Jobgarantie.”
Also ab nach München oder wenigstens: “ab in die Großstadt”, so wie WiWo-Online in einem Begleitartikel schreibt. Tatsächlich stehen Deutschlands Personaler – also die “etwa 500” von insgesamt weit über 400.000 Unternehmen in fraglicher Größenordnung – voll auf Metropolen, also die dort ansässigen Hochschulen. So tummelten sich auf den “ersten sechs Plätzen des VWL-Rankings” mit München (LMU), Berlin (FU und HU), Frankfurt (Main), Köln und Hamburg mal eben die fünf größten deutschen Städte, wobei mit Düsseldorf auf Rang sieben die siebtgrößte nicht fehlen darf.
Arm, aber exklusiv
Die WiWo weiß Bescheid, dass sich an der Zahl der Einwohner und der Größe der Uni auch deren Attraktivität und natürlich auch deren Qualität ablesen lässt. Völlig folgerichtig folgert die Autorin des Beitrags: “Wer Volkswirtschaft an einer renommierten Universität studieren will, der sollte nicht aufs Land, sondern in die Stadt ziehen.” Noch folgerichtiger taucht in der Bestenliste auch gar keine dieser Wald-und-Wiesen-Unis auf, also etwa Kiel, Augsburg, Freiburg, Marburg, Regensburg, Trier, Tübingen, Siegen, Greifswald, Schmalkalden oder Nürtingen.
Kennt sowieso keine Sau. Und wer wollte da auch leben? Wer etwas auf sich hält, beziehungsweise diejenigen, die beim Recruiter von VW, Daimler oder Bosch auf der Beliebtheitsskala ganz oben rangieren, heuern in den Hotspots an der Spree, der Elbe oder am Rhein an. Da mag es zwar keine Wohnungen geben, und wenn doch, dann zu gesalzenen Preisen. Ein exklusives Studium an einer exklusiven Uni mit der Aussicht auf eine exklusive Zukunft ist eben nicht umsonst zu haben. So wenig wie das “exklusive Hochschulranking” der WiWo: Das Magazin kostet 7,20 Euro.
Kontinuität im Quadrat
Das ist gut investiertes Geld, auch weil die Macher den Blick fürs Wesentliche schärfen. Die besten Unis und Fachhochschulen (FHs) sind ohnehin die, die Wirtschaft machen. Weshalb bei der WiWo auch nur neun Wirtschafts- und Ingenieurstudiengänge plus Jura in die Auswahl kommen. Bei den FHs sind es bloß sechs. Das ganze Drumherum, also Sozial-, Geistes-, Kulturwissenschaften oder die restlichen über 20.000 Studienangebote in Deutschland, braucht doch ohnehin keiner – brotlose Kunst, Geld- und Zeitverschwendung.
Was das Ranking noch toller macht: Die Besten von heute sind praktisch immer die Sieger von morgen, so wie sie auch schon gestern, vorgestern und vorvorgestern triumphierten. Wer es erst einmal an die Spitze geschafft hat, bleibt da auch ziemlich sicher kleben. So etwas stiftet Sinn und Verlässlichkeit. Wer will sich bei der Suche nach dem passenden Studium samt passendem Studienort von Komplexität oder übertrieben großer Auswahl verwirren lassen. Nicht mit der WiWo, da gibt es Kontinuität als Hochkonzentrat.
Siegen im Abonnement
Beispiele gefällig? In sechs von neun Fällen tauchen in der diesjährigen Top-Five der Universitäten dieselben Namen auf wie 2022. Im Fach Wirtschaftsingenieurwesen ist der Zieleinlauf sogar exakt deckungsgleich: Die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen vor der Technischen Uni Berlin, vorm Karlsruher Institut für Technologie (KIT), vor der TU Darmstadt, vor der TU Dresden. Im Übrigen machen besagte fünf Unis seit 2014 das Rennen um die ersten fünf Plätze praktisch komplett unter sich aus. Nur einmal, 2016, war die TU Dresden auf Rang sechs abgerutscht.
In Maschinenbau, Jura und Elektrotechnik umfasst die neueste Top-Ten denselben Kandidatenkreis wie die alte aus dem Vorjahr. Dazu kommen mehrere Abonnementsieger: Die Münchner LMU machte seit 2018 in VWL sechs mal in Folge das Rennen. Die TU Berlin hat in Informatik seit vier Jahren den Platz an der Sonne inne, in Naturwissenschaften zum nunmehr siebten Mal. Die Aachener RWTH blieb in Wirtschaftsingenieurwesen sogar acht mal ohne Unterbrechung ungeschlagen, getoppt noch durch die LMU München, die in Jura seit 2013 (neun Auflagen) den Thron besetzt hält.
Von wegen Matthäus
Bei den FHs sind die Verhältnisse nicht ganz so festgefahren, hier gibt es ein paar mehr Ausreißer nach oben und unten. In der Gesamtsicht herrscht aber auch hier große Konstanz. In Maschinenbau ist sogar die Top-Sechs von 2023 in der Rangfolge identisch mit der von 2022. Und mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin und den FHs aus Aachen und München sowie der Technischen Hochschule (TH) Köln dominieren erneut die Sieger der Vorjahre das Bild.
Es soll Nörgler geben, die so etwas für abgekartet halten. Dazu erheben sie Vorwürfe, wonach denen, die schon viel haben, noch viel mehr gegeben wird. Dass also Geld und Ruhm noch mehr Geld und Ruhm generieren, was sie dann Matthäus-Effekt nennen. Aber was soll daran schlecht sein, wenn die Besten deshalb die Besten sind und bleiben, weil sie nun einmal die Besten sind? Und dass diese Rankings quasi automatisch wie in Stein gemeißelt wären, ohne echten Leistungs- und Qualitätsnachweis, ist auch Quatsch. Schließlich war Lothar Matthäus früher ein Weltstar. Und was ist er heute?
Wir nehmen jeden!
Ehre, wem Ehre gebührt, gerne auch auf Dauer, oder wie WiWo-Online formuliert: “Ganz vorne stehen die üblichen Verdächtigen.” Die LMU München hat gleich dreimal den Siegerpokal abgeräumt: in Betriebswirtschaftslehre (BWL), Jura und VWL. Dazu kommen noch ein vierter Platz in Naturwissenschaften sowie ein neunter in Informatik.
Warum das zum diesjährigen WiWo-Gesamtsieg reicht, leuchtet zwar nicht ganz ein. Die Technische Universität (TUM) München hat ebenfalls drei Goldmedaillen umhängen, dazu den dritten Platz in Informatik und den fünften in Naturwissenschaften ergattert. Nach Adam Riese ist das die bessere Performance und dennoch schreibt das Magazin, “dicht gefolgt wird die LMU von der Freien Universität Berlin und der Humboldt Universität Berlin”.
Nur wo bleibt die TUM? Warum wird über den Überflieger von 2021 so lieblos hinweggegangen? Und was haben sich die Macher nur bei der Titelstory zum Ranking gedacht? Die behandelt den verbreiteten Schwund an Ingenieuren mit der Folge, dass sich die befragten Personalchefs nur noch begrenzt für den Stempel auf dem Abschlusszeugnis interessieren.
Zitat: “Von welcher Hochschule Absolventen kommen, ist den Unternehmen inzwischen fast egal. Hauptsache, es kommen überhaupt welche.” Armer Standort Deutschland!