OLG Frankfurt: “Acryl” statt “Polyacryl” bei Textilkennzeichnung nicht abmahnbar

OLG Frankfurt: “Acryl” statt “Polyacryl” bei Textilkennzeichnung nicht abmahnbar

Wer online Textilien verkauft, kennt die Herausforderung, die richtige Kennzeichnung der enthaltenen Fasern vorzunehmen. Die Vorgaben der Textilkennzeichnungsverordnung sind streng und erlauben keine Abweichungen. Besonders die Kurzform “Acryl” für die Polyacrylfaser hat in der Vergangenheit zu zahlreichen Abmahnungen geführt. Doch nun hat das OLG Frankfurt eine interessante Entscheidung getroffen.

Worum geht es?

Die Textilkennzeichnungsverordnung schreibt vor, dass beim Verkauf von Textilien im Internet die Faserzusammensetzung angegeben werden muss. Viele Onlinehändler fragen sich daher, wie sie die Textilkennzeichnung korrekt durchführen können. Denn Verstöße gegen diese Vorgaben wurden bisher regelmäßig von Konkurrenten und Wettbewerbsverbänden abgemahnt. Die Rechtsprechung bestätigt zudem, dass Verstöße gegen die Textilkennzeichnungsverordnung als abmahnfähige Wettbewerbsverstöße gelten.

Fehlerquelle Nummer eins: Richtige Bezeichnung der Fasern

Die Textilkennzeichnungsverordnung legt genau fest, welche Bezeichnungen für die verschiedenen Faserarten verwendet werden dürfen. Händler sollten sich strikt an diese Bezeichnungen halten, um Abmahnungen zu vermeiden. Die meisten Abmahnungen aufgrund von Textilkennzeichnungen beruhen auf der Verwendung falscher oder unzulässiger Faserbezeichnungen. Typische Fehler sind zum Beispiel die Verwendung von Synonymen oder Markennamen für bestimmte Fasern. Auch Abkürzungen oder Erweiterungen der zulässigen Faserbezeichnungen bieten häufig Anlass für Beanstandungen.

Acryl statt Polyacryl: Ein kurzsichtiges Problem?

Die Textilkennzeichnungsverordnung sieht für die Bezeichnung von Fasern aus linear aufgebauten Makromolekülen, die zu mindestens 85 Gewichtsprozent aus Acrylnitril bestehen, den Ausdruck “Polyacryl” vor. Allerdings wird im Handel oft die kürzere Bezeichnung “Acryl” verwendet. Dabei entspricht “Acryl” nicht der gesetzlich vorgegebenen Bezeichnung. Zudem gibt es auch die Bezeichnung “Modacryl” für Fasern, die aus mehr als 50 und weniger als 85 Gewichtsprozent Acrylnitril bestehen. Wenn ein Händler also nur den Ausdruck “Acryl” verwendet, weiß der Kunde letztlich nicht, ob es sich um Polyacryl-Fasern oder Modacryl-Fasern handelt. Die Verwendung von “Acryl” bei der Textilkennzeichnung wurde daher bisher oft abgemahnt. Doch ist das wirklich gerechtfertigt?

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Nur ein unerheblicher Fehler

Das OLG Frankfurt am Main entschied kürzlich, dass die Verwendung der Bezeichnung “Acryl” einen klaren Verstoß gegen die Vorgaben der Textilkennzeichnungsverordnung darstellt. Allerdings erreicht dieser Verstoß nach Ansicht der Richter nicht die Schwelle zur Spürbarkeit und ist daher nicht abmahnbar im Sinne des Wettbewerbsrechts. Das OLG Frankfurt argumentiert, dass der Verkehr den Begriff “Acryl” umgangssprachlich als Abkürzung für Polyacryl verwendet und keine andere Acrylfaser bekannt ist. Zudem führt die Aufnahme der Bezeichnung “Modacryl” in der Verordnung nicht zu zusätzlicher Unsicherheit für den Verbraucher. Das OLG München hingegen sieht die Verwendung von “Acryl” als Verstoß gegen die Verordnung und als geeignet an, eine spürbare Beeinträchtigung der Verbraucherinteressen hervorzurufen.

Fazit

Die Textilkennzeichnung sorgt oft für Abmahnungen. Doch wenn man die Grundregeln verstanden hat, ist eine korrekte Kennzeichnung recht einfach umzusetzen. Händler sollten sich unbedingt an die Bezeichnungen aus der Textilkennzeichnungsverordnung halten und keine Abweichungen verwenden. Auch Abkürzungen oder Ergänzungen der zulässigen Bezeichnungen sollten vermieden werden. Es ist wichtig, dass Herstellerfehler bei der physischen Kennzeichnung nicht auf die Onlinekennzeichnung übertragen werden. Händler sollten außerdem bedenken, dass es unterschiedliche Rechtsauffassungen zu diesem Thema gibt, wie die Meinungen der Oberlandesgerichte Frankfurt und München zeigen. Um Abmahnungen zu vermeiden, sollte man sich nicht allein auf die Tatsache verlassen, dass der Verstoß möglicherweise nicht spürbar ist. Es gibt juristischen Spielraum, der auch zum Nachteil des Händlers ausgelegt werden kann.

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