Lebensmittel online zu kaufen ist in Deutschland noch immer die Ausnahme. Das niederländische Unternehmen Picnic möchte den Milliardenmarkt nun mit einem innovativen Ansatz erobern und hat sich dabei mit Edeka Rhein/Ruhr einen starken Partner ins Boot geholt.
Das neue Konzept von Picnic basiert auf ausgeklügelter Datenverarbeitung
Das Konzept des Newcomers basiert vor allem auf einer ausgeklügelten Datenverarbeitung. Kunden können über eine spezielle App Obst, Gemüse, Fleisch oder Backwaren bestellen, wobei das Angebot dem eines normalen Supermarktes entspricht. Den Käufern werden dann mehrere Zeitfenster für die Lieferung zur Auswahl angeboten, wobei die jeweiligen Zeitfenster maximal 20 Minuten betragen sollen.
Nach kurzer Zeit stellt sich eine gewisse Regularität ein, etwa ein bestimmter Liefertermin pro Woche, der den Lieferzeitpunkt weiter präzisiert. Die Kunden können über die App den Weg des Zustellfahrzeugs verfolgen und erhalten auch den Namen und ein Foto des Fahrers – Picnic spricht vom “Milchmann-Prinzip”.
Ein gewagtes Unterfangen: Keine eigene Liefergebühr
Ein wichtiger Teil des “Milchmann-Prinzips” ist der Verzicht auf eine eigene Liefergebühr. Dies wird in der Branche als gewagtes Unterfangen angesehen. Tatsächlich fallen bei jeder Lieferung mindestens fünf Euro Kosten an, wie Marktführer Rewe angibt.
Frederic Knaudt, Mitbegründer von Picnic Deutschland, verweist jedoch darauf, dass die Kosten für sein Unternehmen vergleichsweise niedrig seien. Das System gibt den Fahrern, auch “Runner” genannt, feste Lieferzeiten und feste Routen vor, die von einem Algorithmus nach Effizienzgesichtspunkten berechnet werden.
Kann das Geschäftsmodell langfristig bestehen?
Experten sind der Ansicht, dass Picnic im Vergleich zu vielen Wettbewerbern die Kosten besser im Griff hat, insbesondere auf der als Kostentreiber gefürchteten “letzten Meile” vor der Haustür des Verbrauchers. Dies liegt auch daran, dass die Fahrer in ihren Elektro-Lieferwagen überwiegend von einer Zeitarbeitsfirma angeheuerte Studenten sind.
Dennoch bleibt abzuwarten, ob das Geschäftsmodell langfristig erfolgreich sein wird. Wie bei vielen jungen Online-Unternehmen muss auch bei Picnic jeder Euro in das Wachstum investiert werden, um eine gewisse Marktbedeutung zu erreichen. Dabei spielt Edeka Rhein/Ruhr, eine der Regionalgesellschaften des größten deutschen Lebensmittelhändlers, eine entscheidende Rolle. Edeka ist einer der zehn Lieferpartner von Picnic und der bedeutendste.
Picnic tritt gegen starke Konkurrenten an
Picnic konkurriert mit großen Wettbewerbern wie Amazon und Rewe. Das Unternehmen wurde vor drei Jahren von vier Gründern in den Niederlanden gegründet und von Anfang an als reiner Online-Anbieter konzipiert. Inzwischen liefert Picnic in 55 niederländischen Gemeinden Lebensmittel aus und hat über 175.000 registrierte Kunden.
Die Expansion des Unternehmens in Deutschland verläuft zügig. In Nordrhein-Westfalen beschäftigt Picnic bereits rund 100 Mitarbeiter. Mit der Erweiterung des Lieferdienstes auf die Stadt Mönchengladbach kommen 110.000 Haushalte als potenzielle Kunden hinzu. Die Flotte der Elektro-Vans wird von 25 auf 40 Fahrzeuge erweitert.
Hohe Marktdurchdringung ist für Picnic von großer Bedeutung, um Kosten pro Lieferung niedrig zu halten. In dem bisherigen Tätigkeitsgebiet hat Picnic bereits wenige Monate nach dem Start über 5000 Kunden gewonnen – deutlich mehr als alle anderen Wettbewerber zusammen.
Picnic hat das Potenzial, den deutschen Lebensmittelmarkt nachhaltig zu verändern und das Einkaufen von Lebensmitteln zu vereinfachen. Mit dem “Milchmann-Prinzip” und dem starken Partner Edeka Rhein/Ruhr könnte Picnic auf dem besten Weg sein, eine bedeutende Rolle im Online-Lebensmittelhandel einzunehmen.