Orientierungsdebatte im Bundestag: Neuregelung der Sterbehilfe

Orientierungsdebatte im Bundestag: Neuregelung der Sterbehilfe

Die Sterbehilfe muss nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts neu geregelt werden. Heute debattiert der Bundestag darüber. In diesem Artikel erfährst du, worum es in der Orientierungsdebatte geht, welche Ideen es für eine gesetzliche Neuregelung gibt und wann mit einem neuen Gesetz zu rechnen ist.

Worum geht es in der Orientierungsdebatte?

Seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2020 ist die sogenannte geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung nicht mehr gesetzlich verboten. Das Gericht entschied, dass jeder Mensch das Recht auf selbstbestimmtes Sterben hat und dabei auch die freiwillige Hilfe Dritter in Anspruch nehmen kann. Damit erklärten sie den Paragrafen 217 im Strafgesetzbuch für nichtig, der bisher Strafen für wiederholte Unterstützung beim Suizid vorsah.

Die Richter machten jedoch auch deutlich, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit hat, die Suizidhilfe zu regulieren. In der letzten Legislaturperiode versuchten Abgeordnete in fraktionsübergreifenden Gruppen mehrere Gesetzentwürfe auf den Weg zu bringen, jedoch ohne Erfolg. Nun soll eine erneute Diskussion angeregt werden. Die Orientierungsdebatte bietet den neuen Abgeordneten die Möglichkeit, sich eine Meinung zum Thema zu bilden.

Was ist mit geschäftsmäßiger Sterbehilfe gemeint?

Unter geschäftsmäßiger Sterbehilfe versteht man die Unterstützung bei einem Suizid, bei dem Menschen über einen Arzt, eine Organisation oder einen Verein ein tödliches Medikament erhalten möchten. Dabei geht es nicht darum, ob Gewinne erzielt werden, sondern ob die Sterbehilfe auf Wiederholung angelegt ist. Wenn Angehörige und Nahestehende bei einem frei verantwortlichen Suizid helfen, ohne aktiv das Medikament zu verabreichen, handelt es sich um keine gewerbsmäßige Sterbehilfe. Hier wird von einer einmaligen Handlung ausgegangen.

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Warum war die geschäftsmäßige Sterbehilfe verboten?

Mit dem Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe wollte der Gesetzgeber einer Kommerzialisierung vorbeugen. 2015 entschied sich der Bundestag dafür, die geschäftsmäßige Sterbehilfe zu verbieten, unter anderem aus Sorge, dass der begleitete Suizid immer weiter verbreitet werden könnte und ein Eindruck von Normalität entstehen würde. Schwerstkranke und alte Menschen könnten sich dadurch unter Druck gesetzt fühlen, ihrem Leben vorzeitig ein Ende zu setzen. Die Abstimmung im Bundestag wurde als Gewissensfrage erklärt, sodass die Abgeordneten unabhängig von der Fraktionsdisziplin abstimmen konnten.

Welche Ideen gibt es für eine gesetzliche Neuregelung?

In den vergangenen Monaten wurden in drei fraktionsübergreifenden Gruppen Gesetzentwürfe erarbeitet. Dabei steht vor allem die Sicherstellung der selbstbestimmten Entscheidung von Sterbewilligen im Fokus. Der liberalste Vorschlag stammt von der FDP-Politikerin Katrin Helling-Plahr und weiteren Abgeordneten der SPD, der Linken und der FDP. Dieser sieht vor, ein deutschlandweites Netzwerk von Beratungsstellen zu schaffen, die sterbewillige Menschen begleiten sollen. Durch eine zehntägige Frist nach einem Beratungsgespräch soll sichergestellt werden, dass der Sterbewunsch freiwillig und nicht aufgrund einer vorübergehenden Lebenskrise gefasst wurde.

Ein weiterer Gesetzesentwurf, unterstützt unter anderem von Renate Künast von den Grünen, sieht eine striktere Regelung vor. Dabei soll differenziert werden, ob die Betroffenen ihren Tod aufgrund einer schweren Krankheit oder aus anderen Gründen anstreben. Im ersten Fall müssten zwei unabhängige Ärzte klar bezeugen, dass der Sterbewunsch unveränderlich ist. Nach zwei Wochen könnte die Person dann ein Betäubungsmittel erhalten. Bei Menschen, die aus anderen Gründen den Wunsch äußern zu sterben, fordern die Abgeordneten eine langfristige Dokumentation des Suizidwillens.

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Der Entwurf des SPD-Politikers Lars Castellucci und seiner Kolleginnen und Kollegen aus Union, SPD, FDP, Grünen und Linken sieht vor, die geschäftsmäßige Sterbehilfe grundsätzlich wieder strafbar zu machen. Ähnlich wie vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sollen für geschäftsmäßige Sterbehilfe bis zu drei Jahre Haft drohen. Die Gruppe möchte jedoch Ausnahmen schaffen, um sterbewilligen Personen weiterhin einen rechtlichen Weg offen zu halten. Dafür müssten diese drei Beratungsgespräche führen und eine Frist von drei Monaten einhalten, um einen selbstbestimmten Sterbewunsch nachzuweisen.

Wann kann mit einem neuen Gesetz gerechnet werden?

Die Orientierungsdebatte im Bundestag dient zur Meinungsbildung für die Abgeordneten. Heute werden noch keine konkreten Gesetzesentwürfe besprochen. Aus den verantwortlichen fraktionsübergreifenden Gruppen gibt es jedoch den Wunsch, ein Gesetz rund um die Sommerpause des Bundestages auf den Weg zu bringen. Die Abgeordneten hoffen, dass eine Neuregelung der Sterbehilfe bis zum Ende des Jahres erfolgt.