Die deutsche Wiedervereinigung liegt nun mehr als 25 Jahre zurück. Die teils bitteren Folgen von Währungsunion und Privatisierung scheinen in den meisten östlichen Regionen überstanden zu sein. Die Städte und die Verkehrsinfrastruktur wurden weitgehend erneuert und viele Regionen bieten wunderbare Touristenziele. Doch obwohl während des real existierenden Sozialismus die Infrastruktur stark vernachlässigt wurde und “über Nacht wertlos” wurde, wie es Reiner Klingholz vom Berlin-Institut in der Studie “So geht Einheit” formuliert, kann die Bilanz der deutschen Einheit laut Bundesregierung “insgesamt gelungen” genannt werden. Aber die Formulierung “insgesamt gelungen” deutet bereits darauf hin, dass nicht alles überall gleich gut läuft.
Unterschiedliche Lebensverhältnisse
Laut Iris Gleicke, Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, wurden “weitgehend” gleiche Lebensverhältnisse hergestellt. Doch es gibt immer noch Bereiche, in denen weiterhin Verbesserungsbedarf besteht. Die Arbeitslosigkeit ist im Osten zwar zurückgegangen, liegt aber immer noch deutlich höher als im Westen. In Bezug auf Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaftskraft, Vermögen, Erbschaften und Größe der landwirtschaftlichen Betriebe zeigt sich laut Klingholz eine klare Grenze zwischen Ost und West.
Bevölkerungsrückgang im Osten
Das Statistische Bundesamt liefert umfassende Zahlen und Fakten zur deutschen Einheit in den letzten 25 Jahren. Demnach ist die Bevölkerung in den ostdeutschen Ländern (ohne Berlin) seit 1990 um mehr als zwei Millionen auf etwa 12,7 Millionen geschrumpft. Insgesamt sind etwa 3,3 Millionen Menschen – vor allem jüngere – in den Westen ausgewandert, während nur etwa 2,1 Millionen – eher ältere – Westdeutsche in den Osten umgesiedelt sind.
Alterung und Bevölkerungsdichte
Aufgrund der Abwanderung und des geringen Geburtenüberschusses ist die Gesellschaft im Osten schneller gealtert als im Westen. In den alten Bundesländern sind weniger als 60 Prozent der Bevölkerung älter als 40 Jahre, während es in den neuen Ländern deutlich über 60 Prozent sind. Auch in Bezug auf die Bevölkerungsdichte gibt es deutliche Unterschiede: In den neuen Ländern gibt es nur 116 Einwohner pro Quadratkilometer, während es in den alten Ländern 261 sind.
Verbesserungen im Osten
Das Leben in Ostdeutschland hat sich in den letzten 25 Jahren verbessert. Die Lebenserwartung ist gestiegen, die Wirtschaft ist gewachsen und die Arbeitslosigkeit hat abgenommen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den neuen Ländern ist seit 1991 von 1,535 Billionen Euro auf fast 15 Prozent von 2,738 Billionen Euro im Jahr 2013 angestiegen. Dennoch liegt die Wirtschaft im Osten hinter den westdeutschen Regionen Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen zurück.
Verdienstunterschiede und Armut
Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer verdienen im Osten im Durchschnitt immer noch etwa 76 Prozent weniger als im Westen. Allerdings sind die Lebenshaltungskosten im Osten etwas geringer, wodurch sich der Unterschied nicht so stark bemerkbar macht. Die Gefahr, in Armut abzurutschen, ist in allen Bundesländern seit 2005 gestiegen, wobei die ostdeutschen Länder besonders betroffen sind.
Langsamer Angleichungsprozess
Obwohl bereits mehr als 25 Jahre seit der Wiedervereinigung vergangen sind, wird es wohl noch einige Zeit dauern, bis die Teilung Deutschlands vollständig überwunden ist und nicht mehr von den “alten” und “neuen” Ländern die Rede ist.
Bildunterschrift: Die Grenze von einst ist heute bestenfalls noch als grünes Band zu erkennen.
Bildunterschrift: Die Bevölkerung in den neuen Bundesländern ist seit 1990 um mehr als zwei Millionen gesunken.
Bildunterschrift: Die Zahl der Geburten im Osten ist nach der Wende stark gesunken.