Ist es nur mein Eindruck, oder hat Philips große Probleme, sich auf dem Vollautomatenmarkt zu behaupten? Es mag an der Übermacht von Marken wie DeLonghi oder Melitta liegen, dass es beim ehemaligen Muskelmann in Sachen Kaffeevollautomaten für Einsteiger in letzter Zeit nicht viel zu holen gab.
Mit dem schlauchlosen Milchschaumsystem „LatteGo“ hat sich Philips zwar insbesondere bei der 3200 Serie gut positioniert, blieb aber ansonsten profillos, langweilig und ohne echten Eigenwert. Das war gerade bei der IFA 2019 besonders gut sichtbar.
Mit dem taufrischen Philips EP2220/10 SensorTouch könnte sich das Blatt allerdings wenden. Denn dieser kleine Automat für unter 300 Euro macht einem echten Klassiker in meinem Kaffeevollautomaten Test Konkurrenz:
Der an sich uralte DeLonghi Magnifica ECAM 22.110.B ist für mich ein Maßstab in Sachen guter Espresso und Milchschaum aus einer günstigen Plastikbude.
Nichts anderes bietet euch auch das Philips-Modell. Nur eben ein bisschen neuer, ein bisschen zeitgemäßer und mit einem vernünftigen Maß an Eigenheiten. Geschmacklich haut es aber trotzdem nur hin, wenn ihr euch vom Supermarkt-Kaffee abwendet und anständige Bohnen verwendet.
Um euch das zu erleichtern und einen fairen Handel entlang der Wertschöpfungskette zu gewährleisten, habe ich meinen eigenen Coffeeness-Kaffee kreiert. Beteiligt ist eine der renommiertesten Röstereien Deutschlands, seinen Ursprung hat die Bohne in Brasilien. Ich habe ihn mit dem Philips viel verkostet und unzählige Knöpfe gedrückt.
Damit wäre das Duell „Günstig vs. Günstig“ eröffnet. Wer das Rennen letztendlich macht, seht ihr im Testbericht. Und was ich zum Philips im Bewegtbild zu sagen habe, erfahrt ihr in meinem YouTube-Video.
Der Philips EP2220/10 SensorTouch Kaffeevollautomat im Überblick
Plastik, Plastik und obendrauf noch eine Schippe Plastik: Wirklich jeder Quadratzentimeter auf der Oberfläche des Philips EP2220/10 SensorTouch besteht aus Kunststoff. Selbst sonst gern metallierte Details wie die Abdeckung der Abtropfschale gibt es hier nur aus Plastik.
Das ist natürlich eine klare Eigenschaft der Preisklasse. Doch wenigstens stinkt diese Kunststoff-Arie beim Auspacken nach absolut nichts.
Der EP2220 wirkt ansonsten schon auf den ersten Blick wie eine geschrumpfte Variante des bereits erwähnten Philips 3200 Serie EP3246/70. Darum gehört er auch zu den besten kleinen Kaffeevollautomaten. Bei beiden Modellen dominiert ein Touch-Tasten-Panel die Front.
Bei beiden Maschinengrößen tun die Tasten von Weitem so, als wären sie ein Display. Doch es gibt nur Hintergrundleuchten und ein paar Lichtskalen. Allerdings muss ich zugeben, dass mir ein Display bei einem solchen Bedienfeld überhaupt nicht fehlt. Schließlich gibt es nicht allzu viel einzustellen und ihr erkennt genau, was ihr gerade tut.
Statt integriertem Milchschaumsystem ohne Schläuche erhaltet ihr beim 300-Euro-Gerät „nur“ eine manuelle Milchschaumlanze und könnt auch nur zwei Kaffeevarianten direkt zubereiten – Kaffee oder Espresso, das war’s. Bei der 3200er-Serie waren es allerdings auch nur vier.
Übrigens leistet sich auch Philips mal wieder eine ordentliche Portion Kundenverwirrung, weil auf einer einzigen Amazon-Produktseite drei unterschiedliche Geräte zum unterschiedlichen Preis angeboten werden:
Was Philips grundsätzlich mit dem Vergleichsmodell von DeLonghi auf eine Stufe hebt, ist das feinteilig einstellbare Mahlwerk. Bei DeLonghi gibt’s 13 Stufen, hier sind es zwölf. Dort ist Edelstahl in Kegelform am Werk, hier sind es Keramikscheiben. Ob sich das irgendwie bemerkbar macht, sehen wir später noch.
Nach meinem Geschmack ist der Bohnenbehälter von Philips ein wenig überdimensioniert, doch ansonsten wirken alle Bestandteile sehr durchdacht. Hervorragend finde ich, dass ihr alle wichtigen Aspekte für guten KVA-Espresso (Temperatur, Füllmenge, Kaffeemenge) problemlos einstellen könnt. Da sind insbesondere hochwertige Vollautomaten meist wesentlich verzwickter.
Unter all diesen Voraussetzungen war es für mich von Anfang an klar, dass das Verhältnis von Preis und Leistung beim Einstiegsphilips absolut stimmt. Wie schon bei DeLonghi verzichtet ihr zwar auf den Komfort eines automatischen Milchschaumsystems, habt aber mit dem durchdachten Bedienfeld noch ein wenig mehr Übersicht – auch wenn ihr bei DeLonghi die Espressofaktoren feinteiliger verstellen könnt.
Philips EP2220/10 SensorTouch einstellen: Ein bisschen Umdenken
Aus irgendeinem Grund leistet sich Philips bei der voreingestellten Bezugsmenge einen eigenen Weg und setzt die Füllmenge wesentlich niedriger an als normal. Es ist schon eine Besonderheit, dass ich beim ersten Einstellen eines Vollautomaten die Bezugsmenge hochschrauben muss.
Als Einstellmöglichkeiten gibt es für die Kaffeemenge nur niedrig, mittel und hoch, wobei ihr die Höchstmenge noch fein regulieren könnt. Keine Ahnung, was der Sinn dahinter ist. Es klappt dennoch – nur nicht ohne Betriebsanleitung.
Ansonsten bleibt Philips beim Einstellen unaufgeregt und benutzerfreundlich, was ich in dieser Preisklasse für einen der wichtigsten Bewertungspunkte halte.
Mahlwerk einstellen: Typisch Kleinwagen!
Zwölf Mahlgradstufen und ein Scheibenmahlwerk aus Keramik sind eine echte Ansage – vor allem eine Kampfansage Richtung DeLonghi. Die Italiener protzen nämlich in allen Preisklassen mit 13 Mahlgradstufen. Das traut sich sonst tatsächlich keiner.
Genau wie DeLonghi scheitert aber auch Philips etwas in den feinsten Stufen, weshalb ich meinen Philips EP2220/10 SensorTouch analog zum DeLonghi-Modell lieber auf Stufe 3 von 12 habe arbeiten lassen.
Ein „Kleinwagen“, wie er hier vor uns steht, ist sehr anfällig für Verstopfungen, überforderte Pumpen usw. Das wollen wir nicht riskieren. Damit müssen wir auch ehrlich sein: Die große Mahlwerk-Range ist auch ein bisschen Marketinggeschwurbel, um Leute an die Einsteigerautomaten heranzuführen, die Ahnung von der Kaffeezubereitung haben.
Die Einstellung erfolgt über ein Drück-/Drehrad im Bohnenfach, das ihr nur im laufenden Betrieb verstellen solltet – und natürlich nur, wenn ihr Kaffeebohnen eingefüllt habt.
Espresso einstellen: Das schafft jeder
Im Kaffeevollautomaten Test habe ich mir angewöhnt, stets die ungefähren Einstellungen für einen doppelten Espresso zu nehmen, weil die meisten Geräte eine zu hohe Mindestfüllmenge haben. Das Problem hätte ich bei Philips zwar nicht gehabt, doch der Vergleichbarkeit halber habe ich mich einmal mehr auf rund 40 Milliliter geeinigt.
Zusätzlich habe ich die jeweils dreistufige Skala nach oben geschraubt, also die Kaffeemenge und die Temperatur verändert. Das klappt über die eindeutig leuchtenden Tastenskalen hervorragend.
Espresso aus dem EP2220/10: Gelungen, aber nicht außergewöhnlich
Am meisten hat mich die Temperatur des fertigen Espresso begeistert, die nämlich endlich mal deutlich über den lauwarmen Plörren liegt, die euch die meisten Vollautomaten und auch Siebträgermaschinen aus der Einsteigerklasse anbieten.
Mein Espresso ist relativ hell geworden und konnte auch nicht mit einer allzu eindrucksvollen Crema aufwarten. Da ich eine recht leichte Röstung verwendet habe, ist dies nicht unbedingt ein Maschinenproblem – auch wenn ich glaube, dass sich der zu grobe Mahlgrad bemerkbar macht.
Das Mahlwerk hat übrigens einen etwas erkälteten Klang und ist recht hochtönig, rödelt aber nur in mittlerer Lautstärke.
Im Vergleich dazu macht die Pumpe den größten Radau.
Das ist ein altbekanntes Philips-Einsteigerproblem. Bekannte von mir haben ihren Philips-Automaten der HD-Klasse vor einigen Jahren deswegen wieder abgeschafft. Die waren in der Hinsicht aber auch empfindlich.
Milchschaum: Wenig kompliziert, ohne Profi-Anspruch
Bei einer manuellen Schaumlanze zucken viele zusammen. Doch mit einem anständigen Pitcher ist es kein Problem, brauchbaren Milchschaum von Hand zu machen. Beim Philips-Modell hängt ihr die Lanze mittig in die Milch, drückt den Schaumknopf, anschließend auf Start und wartet einfach ab, bis das Kännchen heiß wird.
Ohne viel Barista-Gewese bekommt ihr so ein anständiges Volumen mit einer brauchbaren Konsistenz hin. Ich könnte euch jetzt was von Tricks für besseren Milchschaum mit der KVA-Lanze erzählen, finde das hier aber Quark.
Denn die Lanze hat nur einen sehr begrenzten Aktionsradius und kann auch nur ein überschaubares Dampfvolumen erzeugen. Dies ist ein wichtiger Grund, warum Mikroschaum aus dem Einsteiger-KVA nur Glückssache sein kann. Macht es euch also nicht zu kompliziert, das Ergebnis wird die meisten von euch auch so freudig stimmen.
Reinigung: Unspektakulär sinnvoll
Über die grundsätzliche Reinigung und das Entkalken der Philips EP2220/10 SensorTouch muss ich nicht viele Worte verlieren. Das klappt unkompliziert und sicher.
Wie immer könnt ihr die Brühgruppe reinigen, indem ihr die Maschine ausstellt, die Serviceklappe öffnet, die Brühgruppe entnehmt und unter Wasser abspült. Bei allen anderen Komponenten: Tresterbehälter, Auffangschale und Wassertank gilt ähnliches.
Um die Philips EP2220/10 SensorTouch zu entkalken, folgt ihr der Betriebsanleitung und haltet euch an die üblichen Angaben zur Wasserhärte. Ich habe übrigens jüngst ein passendes Video zum Thema „Entkalken“ gedreht – wie zu erwarten, mit der DeLonghi-Konkurrenz. Doch was dort gilt, gilt auch hier:
Ein besonderes Bienchen darf sich Philips für seinen Wassertank anheften. Denn der besteht aus einem leicht nachgebenden Kunststoff, ist aber gleichzeitig ausnehmend stabil.
Dieser Kunststoff sorgt dafür, dass ihr den Tank beim Entnehmen, Reinigen und wieder Einsetzen wesentlich sicherer im Griff habt. Außerdem habe ich den Eindruck, dass es euch dieser Kunststoff verzeiht, wenn er mal runterfällt. Fast jeder andere Wassertank ist da höchst splitteranfällig.
Mein Fazit: Nicht besser, aber genauso erfreulich
Ich hatte befürchtet, dass ich meinen gerade frisch restaurierten Ratgeber zum Kaffeevollautomaten Test wieder neu schreiben und dem Philips EP2220/10 SensorTouch einen verdienten Platz als bester Kaffeevollautomat unter 300 Euro zuweisen muss.
Diese Krone gehört jedoch weiterhin dem DeLonghi Magnifica ECAM 22.110.B – allerdings nur hauchdünn.
Das Philips-Modell ist ein Fitzelchen grobschlächtiger bei der Zubereitung und den Einstellmöglichkeiten, außerdem etwas lauter und im Trinkergebnis nicht ganz so durchschlagend überzeugend.
Dafür ist es jedoch wesentlich moderner und wirkt in eurer Küche nicht ganz so sehr wie die günstige Plastikbude, die sie nun einmal ist. Das sind zwar Äußerlichkeiten, aber die sind für viele wichtig. Außerdem finde ich, dass sich der Philips EP2220/10 SensorTouch intuitiver und übersichtlicher bedienen lässt.
Ihr müsst euch also entscheiden: Steht ihr eher auf einfache Bedienung oder sehr überzeugende Getränke-Ergebnisse? Sowohl der neue Philips als auch der olle DeLonghi sind in diesem Fall für euch da! Sagt, was ihr davon haltet – natürlich in den Kommentaren!