Bei einem Blick auf Zeitschriftencover ist Bella aufgefallen, dass das Älterwerden bei Männern eher positiv, bei Frauen jedoch sehr negativ beurteilt wird. Warum dieser Unterschied?
Beim Lebensmitteleinkauf ist mein Blick diesmal länger am Regal mit den Zeitschriften und Magazinen hängen geblieben. Bunte Boulevardblätter häufen sich in dem dürren Metallständer. Die Impressionen der dickgedruckten Überschriften prasseln von allen Seiten auf mich ein und wohin das Auge reicht, zeigen die auf den Covern gedruckten Stars ihre strahlend weißen Zähne.
Männermagazin legt positiven Blick aufs Altern
Beim Betrachten und Vergleichen der unterschiedlichen Blätter fällt mir allerdings etwas auf. Das Cover einer Zeitschrift, dessen Zielgruppe das männliche Geschlecht ist, zeigt einen Mann mittleren Alters. Die grauen Haare sind elegant vom Gesicht weggestylt, die Lach- und Sorgenfalten zeichnen sich tief neben seinen Augen und auf der Stirn ab.
Eine Unterüberschrift lautet in etwa „Aging like fine Wine“ (Altern wie ein guter Wein) und zeigt die positive Einstellung gegenüber dem Alterungsprozess des männlichen Stars.
Anti-Aging-Produkte als Empfehlung im Frauenmagazin
Neben dem Magazin finde ich eine Zeitschrift, die angeblich auf das weibliche Geschlecht zugeschnitten ist. Eine Schauspielerin, ebenfalls mittleren Alters, strahlt mit den weißen Lettern im Titel des Blattes um die Wette. Frei von Krähenfüßen und Falten jeglicher Art ist ihre Haut glatt wie die einer 20-jährigen.
Der Fokus wird verstärkt auf das für ihr Alter untypisch junge Aussehen durch Unterüberschriften wie „Tipps zum Hautstraffen mit Creme XY“, „Aging with Grace“ (Altern mit Würde) und „Forever Young“ gelenkt.
Beide Magazine senden Nachrichten an ihre Leserschaft, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Gesellschaftlich gesehen ist es augenscheinlich nur dem männlichen Geschlecht erlaubt, sich dem natürlichen Alterungsprozess und dem Wandel des alternden Körpers hinzugeben, während beim weiblichen Geschlecht das Altern wie eine Krankheit verhindert werden soll.
Alterserscheinungen werden wegretuschiert
Mittels Funktionen wie Photoshop werden Hinweise auf das wahre Alter des weiblichen Stars vertuscht. Durch angepriesene Cremes sollen Falten auf jeden Fall verhindert werden und mithilfe verschiedenster Pflegeprodukte sollen Frauen die Quelle zur ewigen Jugend finden.
Mir ist schon oft aufgefallen, dass Pflegeprodukte dieser Art speziell Frauen als Zielgruppe zu haben scheinen. Frauen müssen augenscheinlich in eine gewisse Norm passen, die Falten, egal in welchem Alter, nicht einschließt.
Diese negativen Konnotationen gegenüber Falten werden Männern jedoch nicht vorgehalten. Hier wird der Alterungsprozess als Zeichen eines starken Charakters angesehen und es wird verdeutlicht, dass Herr sowieso in den Jahrzehnten auf diesem Planeten etwas erreicht hat. Männern mittleren Alters ist es auf diesen Covern erlaubt, natürlich und ihrem Alter entsprechend auszusehen, während die weiblichen Stars stark geschminkt und bis in die Unkenntlichkeit gephotoshopt werden, um sie so jung wie möglich aussehen zu lassen.
Schauspielerin wehrt sich gegen verzerrte Darstellungen
Auch Schauspielerin Jameela Jamil hat sich dieses Phänomen der unterschiedlichen Cover angeschaut und es wie folgt beschrieben: „Men can celebrate the inevitable, we (women) must fear it“ (dt.: Männer können das Unausweichliche zelebrieren, während wir Frauen in Angst davor leben müssen). Eine ganze Reihe an Magazincover hat sie sich angeschaut und der Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Stars könnte bei ihren Nachforschungen nicht größer sein.
So wird Josh Brolin, der zum Zeitpunkt des Magazincovers 50 Jahre alt war, mit ergrautem Haar und mit einem von Falten umspielten Gesicht dargestellt, während Nicole Kidman auf einem anderen Cover mit nahezu porenloser Haut gezeigt wird, die vielmehr der eines Teenagers gleicht.
Wieso also wird in den Medien, aber auch im alltäglichen Leben, der Alterungsprozess einer Frau und der eines Mannes so unterschiedlich und mit grundverschiedenen Assoziationen verbunden? Als Gesellschaft sollten wir uns bewusst sein, dass diese geschlechtsspezifischen Schönheitsideale höchst unrealistisch und unfair sind.
