Piko „Expert“-Qualität: Das Ende von Rocos Herrschaft?

Piko „Expert“-Qualität: Das Ende von Rocos Herrschaft?

Piko’s Modellbahnen aus der “Expert” Reihe werden seit einigen Jahren hochgelobt und teilweise sogar als potenzielle Ablösung des Roco-Programms gefeiert. Und natürlich gibt es viele schöne Modelle von Piko. Vor allem bietet Piko Varianten an, auf die man bei Roco oft jahrelang warten muss.

Allerdings gibt es immer noch Unterschiede zwischen Piko, Roco und Märklin, vor allem in Bezug auf Material und Haltbarkeit. Und damit Sie nicht mehr hören müssen: “Sie sind der Erste, der sich beschwert!”, habe ich eine persönliche Liste zusammengestellt, die ausschließlich meine Erfahrungen widerspiegelt. Diese Liste kommt zunächst ohne Bilder aus, was für einen Online-Artikel ungewöhnlich sein mag. Aber über die Jahre hinweg gewöhnt man sich an solche Ärgernisse, ohne alles zu dokumentieren.

Piko setzt zwar auf innovative Modellbahn-Technik mit Plux22 Steckdosen und vielen LED-Spielereien. Doch die Qualität eines Modellbahn-Fahrzeugs definiert sich auch durch andere Aspekte. Und in diesem Bereich bin ich mittlerweile etwas ernüchtert, was Piko “Expert” betrifft. Denn obwohl diese Modellbahnen viel Freude bereiten, ist klar, dass oft mit wenig Aufwand mehr möglich gewesen wäre. Und das kann einen irritiert zurücklassen.

Natürlich gibt es bei Piko auch Fahrzeuge, die wirklich klasse sind, wie die BR220, die BR141 oder die BR140. Auch der 612 und die modernen Triebzüge sind gut gemacht. Aber die 103 gefällt mir beispielsweise weniger gut als Rocos 103 oder sogar die relativ neue Insider-103 von Märklin/Trix, die wirklich gelungen ist. Außerdem bietet Pikos hyperdetaillierten Drehgestellblenden der 103 keinen Mehrwert: Irgendwo muss man die Lok ja anfassen können.

Stattdessen hätte Piko das Geld lieber für filigrane Scheibenwischer ausgeben sollen. Bei den Pikos 103 ist deutlich zu erkennen, dass die eine Hälfte der Scheibenwischer am Fenster und die andere am Gehäuse angesetzt sind. Das sieht nicht schön aus. Dabei sind die Loks ansonsten wirklich gut gemacht.

Dass Pikos Getriebegehäuse immer noch aus Kunststoff sind, während Roco zum Beispiel seit den 80er Jahren auf Metall setzt und so den Schwerpunkt nach unten verlagert hat, ist nur einer von vielen subtilen Unterschieden. Auch die aktuelle Qualität der Motoren ist ein leidiges Thema.

Ich schreibe hier aus eigener Erfahrung, denn es ist nicht schön, ständig mit Mängeln konfrontiert zu werden. Schließlich produziert Piko grundsätzlich wirklich schöne Modellbahnen. Andere große Hersteller haben so viel Respekt davor, dass sie ihre teilweise veralteten Modelle in aller Eile modernisieren. Nur Roco scheint nicht in der Lage zu sein, die 111 auf das neuere Fahrgestell der 110 mit LED zu setzen.

Natürlich habe ich Piko bereits mehrmals zu den jeweiligen Themen angeschrieben. Aber als Antwort erhielt ich unter anderem den Original-Satz “…richten Sie Herrn Kath aus, dass wir seine Fragen nicht beantworten.” (Ich habe das schriftlich vorliegen). Das ist schon eine bemerkenswert unfreundliche Reaktion auf sachliche Kritik.

Expert-Lokomotiven

Motoren

Meine zuerst gekauften Expert-Loks (BR220, BR141) fahren außerordentlich geschmeidig, trotz dreipoliger Motoren. Aber neue Piko-Loks mit fünfpoligen Motoren sind lauter und die Motoren gehen oft schnell kaputt, ohne besondere Belastung. Einfach so, beim Fahren mit wenigen Waggons als Last. Inzwischen sind rund zwölf Piko-Motoren bei mir kaputtgegangen. Deshalb reklamiere ich in diesen Fällen nicht mehr bei Piko und kaufe stattdessen bei Conrad Ersatzmotoren von Motraxx für zehn Euro. Die sind qualitativ völlig in Ordnung und der Austausch ist schnell erledigt. Piko-Schwungmassen umstecken, Kabel anlöten, Motor eindrücken, fertig. Dazu wird es demnächst einen kurzen Artikel geben.

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Steckteile

Piko verwendet hier sehr bruchgefährdeten Kunststoff. Bei anderen Herstellern kommt für solche Teile klugerweise elastisches Material zum Einsatz. Bei Piko reicht eine Berührung und es knackt. Egal, ob Antennen oder Pfeifen. Bei meinen vier BR220 brachen bei normalen Entgleisungen gleich die Schienenräumer ab. Außerdem befestigt Piko Steckteile oft mit winzigen Steckern, das ist völlig unpraktisch. Im Falle eines Bruchs ist es eine qualvolle Fummelei, die Reste mit einer Nadel herauszuziehen.

Lampen-Einsätze

Bei Lokomotiven wie der BR103, BR140, BR141 und BR150 färbt Piko die Lampenringe nur vorne silbern, seitlich bleiben sie klar. Dadurch strahlen sie Licht rundherum ab, was nicht vorbildgerecht ist.

LED-Farbtemperatur

Pikos erste Loks der E41 und BR141 besitzen schöne LEDs, die wie richtige Glühlampen leuchten. Aber Pikos 103er und 150er leuchten ab Werk fast rosa. Das gilt auch für andere neue Piko-Modelle. Deshalb habe ich meine Lokomotiven mit geeigneten LEDs ausgestattet. Das ist lästig und eigentlich unnötig. Das sollte ab Werk so sein. Es ist eben nicht egal, “Hauptsache, es leuchtet irgendwie”. Meine Empfehlung für glühlampenähnliche LEDs: 10x SMD LED 0603 goldweiß

Gewicht

Rocos V200 und BR110 sind vollgepackt mit Gewicht, was sie haptisch hochwertig macht. Piko hingegen setzt einen weiteren Rahmen aus Kunststoff um den Zinkdruckguss-Rahmen der Lok, in den Platine und Lautsprecher integriert sind. Dadurch verschenkt Piko mögliches zusätzliches Gewicht.

Schlepp-Achsen

Piko lässt bei dreiaxigen Drehgestellen die mittlere Achse ohne Antrieb. Bei den BR103 und BR150 sind nicht einmal Radkontakte vorhanden, was bei der BR232 der Fall ist. Jedes Rad sollte im Gleichstrombetrieb zur Stromabnahme dienen, das ist eine Binsenweisheit. Außerdem sitzen diese Achsen locker im Rahmen, sie werden nicht einmal sanft auf die Gleise gedrückt. Dadurch drehen sie sich nicht zuverlässig mit und sammeln Schmutz von den Gleisen. Die Räder dieser Achsen müssen besonders oft gereinigt werden.

Radlaufflächen

Nahezu alle Räder meiner Piko-Modelle haben ab Werk raue Räder, auf denen sich Staub und Schmutz sofort ablagern. Diese Räder müssen ständig gereinigt werden. Nur die Räder der Rheingold-112 sind endlich glatt. Käufer älterer Loks können jedoch nicht auf Kulanz von Piko hoffen. Neue Achsen mit glatten Rädern müssen selbst bezahlt werden und auf die anderen Achsen gesetzt werden. Danke, aber nein.

Schlusslichter

Die Piko E10 hat endlich winzige Schlusslichter in den großen Lampen. Das sieht toll aus. Aber das hätte Piko von Anfang an so machen sollen. Roco hat bereits 2008 gezeigt, wie schön solche Lampen aussehen. Aber Piko hat es erst später nachgebessert. Ältere Modelle haben nichts davon.

Lack

Es gibt bei Piko viele Modelle, die wirklich hervorragend lackiert sind. Aber es gibt auch negative Beispiele:

  • Die blaue/elfenbeinfarbene BR220 von Piko zeigt an den Fronten deutliche Spuren einer nachträglichen Lackierung. Diese Maschine sieht aus, als hätte sie Kappen auf den Nasen.
  • Blau/elfenbein scheint ein Problem für Piko zu sein. Ich habe zwei Loks nicht gekauft: die BR141 mit blauem Dach und die BR150, weil ihr Elfenbein viel zu weiß aussieht. Auch der breite, schwarze Trauerflor um die Lüfter der 150 verreibt sich leicht bei Berührung. Offenbar gibt es aber auch Produktionschargen mit genauen Farbnuancen.
  • Ich hatte zwei BR103 von Piko, beide waren nicht “beige”, obwohl das korrekt gewesen wäre, sondern irgendwie elfenbeinfarben und unterschiedlich voneinander.
  • Pikos erste Varianten der Familie V200/BR220 haben jeweils unterschiedliche Rottöne. Wozu gibt es eigentlich genormte RAL-Farben?
  • Bei einigen der ersten verkehrsroten Triebzüge von Piko sollte man besser keine Innenbeleuchtung verwenden, denn das Licht scheint durch den Kunststoff hindurch. Das gilt auch für frühe Ausgaben des ICE3.
  • Die Lampenkästen von Pikos Hobby-101 sind innen grau eingefärbt. Richtig wäre die Gehäusefarbe, also meistens verkehrsrot. Seltsam, dass dies seit über zehn Jahren niemanden stört.
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Fall des Falles

Die Drehgestell-Blenden der ersten BR103 und E41/141 von Piko sitzen so locker, dass sie unbeabsichtigt abfallen können. Neuere Modelle von Piko haben dieses Problem nicht. Sind Erstausgaben etwa Montagsmodelle?

LED-Geiz ist ungeil

Viele Piko-Loks und Triebzüge nach modernen Vorbildern haben leere LED-Pads, auf denen Fernlichter usw. eingebaut werden können. Dazu gehören der Vectron, BR245, BR440 und BR442. Aber diese Pads sind nicht bestückt und auch nicht an die (ohnehin nur achtpoligen) Schnittstellen angeschlossen. Solche Sparmaßnahmen sind unverständlich und stehen im Widerspruch zur Außendarstellung der Marke “Piko”. Im Jahr 2019 sollte man erwarten können, dass moderne Modelle komplett bestückt ausgeliefert werden. Dank der Plux22-Schnittstelle ist eine vorbildgerechte Ansteuerung kein Problem.

Expert-Personenwagen

Pikos D-Zugwagen nach Bundesbahn-Vorbild sind recht robust und wurden ursprünglich zu einem sehr günstigen Preis angeboten. Diese Preise passten zum optischen Niveau der Waggons, was ich sehr sympathisch fand. Inzwischen hat Piko die Preise jedoch in die Nähe der deutlich aufwändigeren Roco-Waggons angehoben, obwohl die Optik und Technik der Piko-Waggons eher auf Hobbyniveau sind. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist dadurch aus dem Gleichgewicht geraten. Außerdem…

Es gibt Serien von DB-Waggons, bei denen sich beim Anfassen die Farbe des Fensterrahmens abblättert. Bisher hatte ich großteils Glück, aber einige Waggons mussten umgetauscht werden. Immerhin hat Piko diese Fahrzeuge umgehend und ohne Probleme ausgetauscht, das war sehr erfreulich. Betroffen waren Waggons aus den Serien in Grün und Blau sowie Blau/Elfenbein.

Die 1. Klasse-Waggons in Kobaltblau, Blau/Elfenbein und Pop-Orange liegen minimal tiefer als die anderen Waggons dieser Serien.

Auch Pikos Silberlinge waren ursprünglich viel zu niedrig und ihre Gehäuse saßen ungenau auf dem Wagenboden. Inzwischen wurde dies zwar verbessert, die Waggons aus dem Set mit der grünen 141 und aktuelle Einzelwagen sind aber in Ordnung.

Was das Ozeanblau/Elfenbein betrifft, wirken Pikos Farben oft etwas grünlicher im direkten Vergleich zu Waggons von Roco, Märklin und Fleischmann. Die Farben der anderen Hersteller passen gut zusammen.

Pikos Silberlinge passen gut zu den zuletzt produzierten DB-Waggons von Rivarossi, da beide exakt denselben minimal grünlichen Farbton haben. Ein bemerkenswerter Zufall.

Der Halbspeisewagen ist oben heller Elfenbein lackiert und seine Fensterrahmen sind nicht messingfarben, sondern silberfarben. Ein 1. Klasse Wagen desselben Farbschemas war fast beige lackiert. Das ist auf Dauer ärgerlich.

Den Pop-Waggons fehlen die grauen Zierstreifen über den Fenstern. Damit ist die ganze Serie ruiniert (mit Ausnahme der 1. Klasse, deren gelbe Streifen vorhanden sind). Es ist wirklich ärgerlich, dass so etwas Gravierendes schiefgeht. Pikos Verhalten in dieser Angelegenheit ist ebenfalls irritierend: Man hätte eine konzertierte Aktion zur Nachbesserung starten können und die Streifen einfach aufdrucken können. Auf zwei E-Mails gab es keine Antwort.

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Die Innenräume sind zwar nur einteilig, aber mit vielen schönen Details gestaltet. Der hochwertige Eindruck wird jedoch durch den Einsatz greller Farben wie rosa und grün zunichte gemacht. Eine Zumutung. Man hätte die Abteilwände ebenfalls als separate Teile konstruieren können (ähnlich wie bei Tillig-TT), dann würden die Abteile besser den Vorbildern entsprechen.

Die Kupplungshalterungen von Pikos Schnellzugwagen sind sehr ungenau. Das Spiel innerhalb der Halterung ermöglicht Bewegungen in alle Richtungen, auch nach oben und unten. Die Kupplungsschächte sind etwas zu großzügig bemessen, sodass Rocos Uni-Kuppler zu locker sitzen. Beim Schiebebetrieb können sich die Kupplungshalter im Wagenboden verkanten. Außerdem sitzen die Norm-Schächte zu weit außen an den Trägern. Selbst mit Fleischmanns Kurzkupplungen sind die Waggons zu weit voneinander entfernt. Die Schächte müssten also mechanisch gekürzt, Einlagen für die Unikupplungen angefertigt und die Führung für den sicheren Schiebebetrieb stabilisiert werden. Oder kurz gesagt: Hier wurde leider schlampig konstruiert.

Die Achsspitzen meiner Schnellzugwagen haben sich bereits nach zwei Stunden Fahrt in das Plastik der Drehgestelle gefressen. Meine Lösung besteht aus Messinglagern und neuen Achsen von Thomschke.

Die Radlaufflächen meiner Piko-Waggons waren ebenfalls so rau, dass sie nicht nur unnötig laut rollten, sondern auch jeden Schmutz aufsammelten. Während Roco- oder Fleischmann-Waggons nach längerem Betrieb höchstens kleine dunkle Flecken auf den Rädern hätten, waren Pikos Räder recht schnell mit dunklem Schmutz verschmiert. Erst die neuen Waggons zum IC’79 erhielten neue, glatte Räder. Das hätte man von Anfang an besser machen können.

Pikos original Achsschleifer haben nach kurzer Betriebszeit die silberne Beschichtung der Achsen abgeraspelt. Der kupferfarbene Kern kam zum Vorschein. Eine gute Alternative sind Esu-Radschleifer für eine Stromaufnahme über alle Räder. Pikos neue Radschleifer für Achtpunktaufnahme, wie sie bei den S-Bahn Steuerwagen verwendet werden, verursachen bei meinem Fahrzeug seltsame fiepende Geräusche.

Zwar bietet Piko viele sinnvolle LED-Lichtleisten für die eigenen Personenwagen an, aber es fehlen Platinen mit roten Schlusslichtern für D-Zug-Wagen und Silberlinge.

Silberlinge:

  • Alle mir bekannten Silberlinge von Piko sind leicht nach oben gebogen, ähnlich einer Banane.
  • Die Stirnlampen der Steuerwagen des Karlsruher Kopfes leuchten nicht rechteckig, sondern punktförmig. Das sieht völlig anders aus als beim Vorbild. Eine Nachbesserung erfordert Fräsen und 3D-Druck. Auf der Platine gibt es keine Schnittstelle für einen Funktionsdecoder, diese muss selbst nachgerüstet werden.

Die InterCity-Waggons nach Vorbild des IC’79 weisen einige subtile Fehler auf:

  • Der Speisewagen ist statt elfenbeinfarben in beige lackiert. Das erste Muster lag nicht flach auf den Drehgestellen, sondern wackelte entlang der Längsachse. Ein wohlwollender Hinweis an Piko vor der Auslieferung führte zu einigem Ärger mit den Mitarbeitern. Das sollte nicht nochmal passieren. Die Serienwaggons sind in Ordnung.
  • Der Großraumwagen 1. Klasse hat auch auf der Gangseite weiß lackierte Fenster, was unsinnig ist.
  • Der Abteilwagen 1. Klasse bricht schnell, wenn man ihn nicht vorsichtig anfasst.
  • Die Inneneinrichtungen aller IC-Waggons sind in einem eigenartigen Curry-Gelb durchgefärbt. Für einen realistischeren Eindruck muss man hier aufwändig mit Pinsel und Farbe nacharbeiten.
  • Das Ozeanblau des ersten ausgelieferten Großraumwagens Bpmz wirkte zu leuchtend.

Zu den neuen S-Bahn-Wagen Rhein-Ruhr habe ich bereits einen eigenen Artikel verfasst, der sich auch mit der unsinnigen neuen Spezial-Schnittstelle befasst. Eine Plux22 hätte vollkommen gereicht.