Wem von Freunden und Familie ein Hang zum Perfektionismus nachgesagt wird, bekommt mit Planet Coaster ein ernsthaftes Problem. Denn in kaum einem anderen Spiel kann man sich so in Details verlieren wie im neuen Freizeitpark-Manager von Frontier Developments. Planet Coaster ist neben einer Wirtschaftssimulation vor allem eines: ein leistungsstarker Editor von immensem Umfang. Ein, zwei, vielleicht sogar noch mehr Abende – das sind keine außergewöhnlichen Zeitfenster in Planet Coaster, wenn es um Planung, Rohbau, Dekoration und Optimierung der persönlichen Wunsch-Achterbahn geht.
Ein Fest für Hobby-Werkler
Zufriedene Gäste sind das A und O, lassen sie doch mehr Geld in unserem Park. Den Hauptanteil daran, dass das Gestalten des individuellen Parks so viel Spaß macht, trägt das modulare Bausystem. Wie bei Lego-Steinchen setzen wir in Planet Coaster aus beliebigen Einzelobjekten eigene Objekte zusammen. Ein mehrstöckiges Kaufhaus mit Imbissständen ist ebenso realisierbar wie ein in Felsen gehauener Drache oder eine Raumstation mit Nebelanlage und integrierten Fahrgeschäften. Dem Bauspaß werden allenfalls durch die verfügbaren Themenwelten Grenzen gesetzt. Mittelalter, Piraten, Western, Fernost und Science-Fiction bieten unterm Strich jedoch einen ausreichend großen Fundus an Objekten.
Allerdings sollten Hobby-Architekten reichlich Geduld mitbringen, insbesondere jene, die großen Wert auf eine symmetrische Anordnung legen. Trotz zuschaltbaren Rastern, automatischer Andockfunktion und anderen Hilfestellungen ist das punktgenaue Platzieren von Dächern, Mauern, Säulen, Zäunen und auch Gehwegen mitunter eine fummelige Angelegenheit.
Dass wir viele Objekte im dreidimensionalen Raum beinah völlig frei drehen und ausrichten können, macht die Bedienung nicht gerade einfach. Wer nicht die Muße hat, Tastenkürzel zu erlernen, dürfte an Bauprojekten schnell die Lust verlieren. Doch genau diese Komplexität und Vielfalt dürften einige Simulationsfans höchstwahrscheinlich gesucht haben. Planet Coaster bietet unterm Strich einen wahnsinnig faszinierenden Park-Editor, dessen Möglichkeiten so weitreichend sind, wie die Kreativität des Nutzers.
Grenzenloser Nachschub
Doch auch für Gelegenheitsspieler mit überschaubarem Zeitpensum bietet Planet Coaster jede Menge Spielspaß. Denn die Bastelarbeiten mit dem Editor macht Entwickler Frontier nicht zur Pflichtaufgabe. Einmal an den vorgefertigten Attraktionen satt gesehen, erschließt sich einem mit dem angekoppelten Steam Workshop eine Quelle für neue Inhalte, die nahezu grenzenlosen Nachschub garantiert. In Form von Avataren auf einer Weltkugel repräsentiert, können wir vom Hauptmenü aus die Blaupausen für Achterbahnen, Geschäfte und Dekorationen unserer Community-Nachbarn abrufen, herunterladen und bewerten – und zwar komplett gratis! Zu unseren aktuellen Favoriten zählen etwa Moes Taverne aus der Erfolgsserie Die Simpsons und Han Solos Millenium Falke. Im Sortiment finden sich selbst komplette Parks, die wir als Inspiration nutzen oder auf Wunsch auch selbst spielen und um eigene Attraktionen erweitern können. Der Kritik würdig ist hier allenfalls der Umstand, dass bereits über 10.000 Bausteine für Planet Coaster existieren, was die Suche nach Wunschobjekten trotz Filterfunktion langwierig macht.
Berechenbares Parkmanagement
So schnell das Gestalten des eigenen Vergnügungsparks einen für etliche Stunden an den Bildschirm fesselt, der Reiz an Themenpark-Managern liegt auch am Simulationspart. Und auch hier macht Entwickler Frontier oberflächlich betrachtet sogar einen guten Job! Um zahlende Kundschaft anzulocken, optimieren wir Preise für Dienstleistungen und Waren. Burger können wir etwa mit Extras wie Käse belegen, um die Attraktivität der Speisen zu steigern und mehr Moneten zu verlangen. Weil sich Besucher irgendwann am Standardrepertoire satt gesehen haben, müssen wir Forschungsarbeit betreiben und nach neuen Attraktionen fahnden. Kostspielig, aber effektiv sind Werbekampagnen in Zeitung, Fernsehern oder im Internet. Der Anzeigentyp hat Einfluss darauf, welche Zielgruppen wir erreichen. Internetwerbung spricht etwa mehr Jugendliche an als Erwachsene. Haben wir mehr schwindelerregende als familiäre Fahrgeschäfte, ist das bevorzugter Kundenkreis. Mit der Ansprache der richtigen Zielgruppe müssen wir uns in der Praxis jedoch allenfalls rudimentär auseinandersetzen. Gäste strömen auch ohne gebuchte Anzeigen in den Park und sorgen unabhängig von Alter und Typ für klingelnde Kassen solange wir keine Mondpreise abrufen.
Die Benutzeroberflächen sind schlicht präsentiert, liefern aber alle relevanten Details. Abrufbare Diagramme und Statistiken sowie regelmäßige Benachrichtungen geben Auskunft über Bedürfnisse sowie Zufriedenheit von Gästen und verraten uns so zum Beispiel, wo gegebenenfalls Handlungsbedarf besteht. Ist der Eintrittspreis für das Karussell zu hoch, ist der Park zu dreckig oder sind die Warteschlangen am Riesenrad zu lang? Planet Coaster teilt es uns mit. Über einen passenden Ankerlink springen wir dann direkt zum Problem und nehmen notwendige Korrekturen vor. Trotzdem hätten wir noch den einen oder anderen Interface-Wunsch, etwa zusätzliche Icons in der oberen Bildschirmhälfte, um mit einem Mausklick zum Forschungsreiter und der Personalübersicht springen zu können.
Enttäuschende Manager-Karriere
Als Architekt und Manager gleichermaßen fordert uns Planet Coaster im Karrieremodus. Unsere Hauptaufgabe in den Szenarien besteht in der Regel darin, vorgefertigte Vergnügungsparks wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Pro Mission winken jeweils drei Sterne, die wir durch das Erfüllen von Nebenzielen erfüllen. So müssen wir etwa einen laufenden Kredit in voller Höhe abbezahlen, eine Achterbahn mit festgelegten Parametern bauen oder eine bestimmte Zahl an Gästen in unseren Park locken. Innovativ ist das Ganze nicht, doch bemüht sich Frontier hier immerhin um ein wenig Abwechslung.
In einem Wüstenszenario sorgt etwa ein gigantischer Monolith dafür, dass sämtliche Attraktionen viel schneller den Geist aufgeben und wir das Terrain nicht umgraben können. Mindern können wir dieses Problem, indem wir mehr Mechaniker einstellen. Cleverer ist es jedoch, individuelle Dienstpläne für unsere Fachkräfte zu erstellen, damit jeder Mitarbeiter maximal drei Attraktionen beackert. In einem anderem Szenario können wir derweil von Spielbeginn an zunächst überhaupt keine neuen Fahrgeschäfte bauen, sondern müssen erst mit dem vorhandenen Inventar auskommen. Derlei außergewöhnliche Umstände sind in den Karrieremissionen jedoch rar gesät. Die meiste Zeit arbeiten wir in den – zugegeben klasse gestalteten – Parks immer wieder eine Checkliste der oben zitierten Jobs ab.
Vielversprechende Einfälle wie der Fokus in einem Szenario auf einen ökologisch nachhaltigen Park werden nicht konsequent genug weiterverfolgt – massenhaft Bäume und Deko-Objekte pflanzen führt hier mittelfristig zum Erfolg. Großartige Einschränkungen beim Bau von Fahrgeschäften sind dagegen Fehlanzeige. Auch das Terrain können wir im vermeintlichen Öko-Park bequem umgraben. Ob das Naturschützern gefallen würde? Hinzu kommt der geringe Anspruch der gespielten Herausforderungen. Die Gefahr einer Pleite besteht praktisch nie. Und falls doch ein finanzieller Engpass droht, helfen schnelle Kredite bei akzeptablem Zinssatz weiter. Schade um das hier verschenkte Potenzial, aber zumindest haben die Entwickler noch an die Funktion gedacht, die Karriereparks in die Sandbox zu importieren.
Beinahe auf den Tag genau vier Jahre nach dem fulminanten PC-Debut von Planet Coaster haben die Entwickler von Frontier Development die Freizeitparksimulation jetzt auch als Console-Edition veröffentlicht. Mit verschiedenen Themenwelten wie Mittelalter, Piraten, Märchenwelt und einigem mehr, lassen sich fantasievolle Parks und Attraktionen gestalten.
Neben dem Hauptspiel sind auch die über die Jahre per kostenlosem Update durchgeführten Neuerungen und Verbesserungen enthalten. Darunter das Verbrechen-System, Feuerwerk-Shows und mehr. Gleiches gilt aber leider nicht für die kostenpflichtigen DLCs. Für die Konsolenversion wurden bisher lediglich drei Packs umgesetzt, die als Vorbesteller-Bonus, als Teil der Ultimate Edition oder separat erhältlich sind. Hier hätte man für die Neuveröffentlichung eines vier Jahre alten Titels durch aus ein Komplettpaket mit allen bislang erschienen Inhalten erwarten können. Vor allem, da die Anbindung an den Frontier Workshop, in dem Spieler ihre Kreationen an Gebäuden, Fahrgeschäften und ganzen Parks teilen können, für die Konsolenfassungen getrennt von der PC-Version stattfindet. Man hat als Spieler der Console Edition also keinen Zugriff auf die über vier Jahre gewachsene Bibliothek von Fan-Kreationen.
Die Controller-Steuerung ist gut umgesetzt, jedoch aufgrund der Komplexität des Editors etwas überladen. Glücklicherweise bietet Planet Coaster auch auf den Konsolen eine vollumfängliche Maus/Tastatur-Unterstützung. Optisch macht das Spiel auf beiden Konsolengenerationen eine stimmige Figur wie auch in der PC-Version, jedoch gibt es keine deutlichen visuellen Verbesserungen in der Next-Gen-Fassung. Die Ladezeiten sind allerdings etwas kürzer. Insgesamt bleibt Planet Coaster ein hervorragender Park-Editor, in dem sich Achterbahn-Fans stundenlang austoben können.
Fazit
Insgesamt ist Planet Coaster eine beeindruckende Simulation mit einem unglaublich vielseitigen Park-Editor. Hobby-Werkler werden sich in den unendlichen Möglichkeiten verlieren und Stunden damit verbringen, ihren perfekten Freizeitpark zu gestalten. Das Parkmanagement ist solide umgesetzt, könnte jedoch etwas mehr Anspruch bieten. Die Karrieremissionen wiederholen sich oft und könnten innovativer sein. Die Console Edition bietet zwar Spaß für Konsolenspieler, aber der Zugriff auf die umfangreiche Bibliothek von Fan-Kreationen fehlt. Dennoch ist Planet Coaster ein absolutes Muss für alle Freizeitpark-Enthusiasten.