Porsche 911 Turbo – Luft- oder Wasserkühlung?

Porsche 911 Turbo – air- or water-cooled?

Die Frage nach der Vorliebe zwischen Luft- und Wasserkühlung spaltet regelmäßig die Porsche-Welt. Doch beim Porsche 911 Turbo scheint der Unterschied nicht so groß zu sein. Aus diesem Grund vergleichen wir heute das letzte luftgekühlte Modell, den Porsche 993 Turbo, mit seinem wassergekühlten Nachfolger, dem Porsche 996 Turbo. Unser Partner Michael Schnabl, Gründer von Motorlegenden, bietet uns die Möglichkeit, diese beiden Schönheiten direkt miteinander zu vergleichen.

Black Betty mal vier – ein Quartett schwarzer Porsche 911 Turbo

Schnabl hat insgesamt vier Porsche 911 Turbo aufgestellt. Alle sind schwarz, alle in makellosem Zustand – echte Filetstücke! Ein besseres Ausgangsszenario für einen Vergleich könnte man sich kaum wünschen. Wir widmen uns einem Porsche 930 Turbo 3.3, einem 964 Turbo 3.3, einem 993 Turbo und einem 996 Turbo WLS, also mit werkseitigem Leistungsupgrade. Im direkten Vergleich zu den beiden Letztgenannten wirken der Porsche 930 und der 964 wirklich wie aus einer anderen Ära. Ihr Design ist inzwischen zu einem Klassiker gereift. Sie sind funktional gestaltet, fast schon schlicht. Gleichzeitig haben sie auf eine gewisse Art und Weise eine rustikale Ausstrahlung.

Porsche 911 Turbo
Porsche 993 Turbo vs Porsche 996 Turbo
Porsche 993 Turbo vs Porsche 996 Turbo
Porsche 993 Turbo vs Porsche 996 Turbo

Porsche 993 Turbo und 996 Turbo WLS hingegen sind ein kompletter Gegensatz dazu. Ihr Design lässt nicht den Eindruck entstehen, dass sie bereits fast drei Jahrzehnte alt sind. Die weichen Linien ihrer Hüften, ihre Scheinwerfer und sogar der Spoiler sind zu fließend und organisch. Ich erinnere mich an die Worte von Manu Campa: “Es gibt nie zu viele Linien bei einem Porsche 911. Die Einfachheit des Designs ist faszinierend. Und je simpler ein Design ist, desto zeitloser ist es und desto größer ist der Eindruck, den es hinterlässt”, erzählte mir der spanische Porsche-Maler kürzlich. Und welche eindrucksvolle Wirkung diese Autos haben. Dieses Quartett Porsche 911 Turbo gibt einem zu denken. Alle sind schwarz. Dadurch wird der Größenunterschied zu modernen Autos noch deutlicher betont.

Die Frage heute: Porsche 993 oder 996 Turbo?

Aber zurück zu unserer Ausgangsfrage: Bevorzugen Sie den luftgekühlten oder den wassergekühlten Porsche 911 Turbo? Deshalb konzentrieren wir uns auf die beiden jüngsten Vertreter im Quartett. Dies macht vor allem deshalb Sinn, weil ihre Leistung sehr nahe beieinander liegt. In der luftgekühlten Ecke stehen 408 PS bei 5.750 U/min zur Verfügung, und in der wassergekühlten Ecke bietet der werksseitig optimierte Porsche 996 Turbo 450 PS bei 5.700 U/min. Das Drehmoment geht jedoch wieder an den 996 Turbo mit 620 Nm im Vergleich zu den 540 Nm des 993. Die Leistungssteigerung des 996 WLS hat jedoch wenig Auswirkungen auf Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit. Die Höchstgeschwindigkeit erhöht sich von 305 auf 307 km/h im Vergleich zu den 290 km/h des 993. Von 0 auf 100 km/h benötigt der Porsche 993 Turbo 4,5 Sekunden, der 996 Turbo 4,2 Sekunden. Das Fahrzeuggewicht von 1.500 und 1.540 kg liegt ebenfalls fast auf gleicher Höhe zwischen den beiden Biturbo-Boxern.

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Porsche 993 Turbo
Porsche 993 Turbo
Porsche 993 Turbo
Porsche 993 Turbo

Diese beiden 911er eignen sich auch ideal für den Vergleich aufgrund ihrer Geschichte. Michael Schnabls angebotene Turbos haben vernachlässigbare Laufleistungen. Beide haben weniger als 10.000 Meilen. Fahrdynamisch sind sie beide sublim. Alles ist so straff wie eine Trommel, nichts quietscht, nichts klappert – Zustand eines Autos, das ein Jahr alt ist. Von der Ammersee-Ausstellung haben wir auch nichts anderes erwartet.

Wenn die Leistungsdaten noch sehr ähnlich sind, könnte die Äußerlichkeit kaum unterschiedlicher sein. Der viel kritisierte Porsche 996 Turbo musste immer schon das vermeintliche Manko der untypischen Scheinwerfer tragen. Sein schicker, ausfahrbarer Heckspoiler erinnert in der Seitenansicht etwas an den Entenbürzel des Carrera RS 2.7, wirkt aber aus einigen Blickwinkeln nicht so ansprechend integriert wie bei seinem Vorgänger. Interessant ist auch, dass der 996 im Gegensatz zum 993 auf ein durchgehendes Leuchtband am Heck verzichten muss. Das war der Carrera 4S in der ersten wassergekühlten 911-Generation vorbehalten.

Im Gegensatz dazu hatte es der 993 Turbo immer ein wenig leichter. Seine klassische Form mit runden Scheinwerfern, gepaart mit seinem Nimbus als letztem luftgekühltem Turbo, bricht auch noch heute weltweit die Herzen von Autofans im Dutzend. Die Kombination aus der traditionell steilen Windschutzscheibe und dem fabelhaft schönen Schwung des Heckspoilers ist einfach eine Augenweide. Obwohl der 996 mit seinen Lufteinlässen im hinteren Kotflügel zum Trendsetter für alle kommenden Turbos wurde, haben die sanften Linien des 993 bereits eine große Sexyness.

Porsche 993 Turbo
Porsche 993 Turbo front

Der erste Eindruck täuscht nicht: Der 996 ist größer und gestreckter als sein kompakter gestylter Vorgänger.

Porsche 993 oder 996 Turbo – Eine echte Glaubensfrage

Auch im Inneren finden wir ein ähnliches Bild. Das Innenraumkonzept des 993, basierend auf der Kreation von Ferdinand Alexander Porsche aus den 1960er Jahren, wurde hier zum allerletzten Mal verwendet. Es fühlt sich klassisch und hochwertig zugleich an, dank der manufakturartigen Verarbeitung. Gebaut für die Ewigkeit. Immer noch mit aufrechten Pedalen, wie es sich für einen vermeintlich “echten” Porsche gehört. Der 996 Turbo hingegen kann sein Stigma des kostensparenden Interieurs nicht ganz abschütteln. Aber er ist deutlich besser gealtert, als viele ihm zugetraut hätten. Die Anordnung, mit der zur Schaltung hin abfallenden Mittelkonsole, inklusive des Infotainment-Bildschirms und der automatischen Klimaanlage, sieht immer noch erstaunlich frisch aus, besonders in Verbindung mit der erweiterten Lederausstattung und den silbernen Akzenten.

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Porsche 993 Turbo interior
Porsche 996 Turbo interior
Porsche 993 Turbo interior
Porsche 996 Turbo Interieur
Porsche 996 Turbo Innenraum

Natürlich ist neben der Form der Scheinwerfer das größte Streitthema für viele das, was sich unter der Motorhaube befindet. Zwei obenliegende Nockenwellen und Vierventiltechnik wurden für den Porsche 996 Turbo notwendig. Der Ruf nach mehr Leistung und besseren Emissionswerten war zu groß. Und genau dieser Bedarf machte den extremen Paradigmenwechsel bei Porsche notwendig. Luftgekühlte Motoren boten einfach nicht mehr genug Entwicklungsmöglichkeiten. Auch wenn viele Fans der Marke Porsche diesen logischen Schritt bis heute nicht wirklich verziehen haben, sprechen wir hier von einem Auto, das für den Beginn des neuen Jahrtausends stand. Manche mögen es als Blasphemie betrachten, aber in Bezug auf seine Bedeutung für die Unternehmensgeschichte muss der Porsche 996 in einem Atemzug mit dem 911 F-Modell genannt werden.

Der Porsche 996 Turbo ist das einzige “Turbo-Schnäppchen”

Gerade wegen dieser Bedeutung ist der Preisunterschied zwischen den beiden Fahrzeugen umso überraschender. Eins vorneweg: Wir sprechen über einen Unterschied von 100.000 bis 150.000 Euro! Natürlich hat die weiterhin starke Nachfrage nach luftgekühlten 911ern die Preise des 993 deutlich steigen lassen. Mit nur 5.978 gebauten Porsche 993 Turbo Coupés im Vergleich zu den über 22.000 gebauten Porsche 996 Turbo Coupés ist eine große Preislücke nicht überraschend. Trotzdem darf die Frage erlaubt sein, ob der erste wassergekühlte 911 Turbo nicht vielleicht unterboten wird. Michael Schnabl hat dazu auch eine klare Meinung:

Die gesamte Porsche-996-Serie, insbesondere der seltene 911 Turbo mit dem werksseitigen Leistungsupgrade (WLS), ist meiner Meinung nach unterbewertet und auf dem besten Weg, zu einem begehrten Klassiker zu werden. Heute schon ist er ein ausgesprochen interessanter moderner Klassiker. Schließlich basieren die Turbomotoren auf dem Porsche 911 GT1 und gehen somit auf eine Entwicklung des Motorengenies Hans Mezger zurück. Es waren die leistungsstärksten und langlebigsten Motoren, die Porsche bis dahin in Serie gebaut hatte.

Das Elferspot-Redaktionsteam stimmt da mit ein. Wir würden sogar noch einen Schritt weitergehen und den 996 Turbo als echtes “Turbo-Schnäppchen” bezeichnen. Warum? Kein Turbo bietet mehr Leistung für das Geld. Mit etwas Glück sind High-Mileage-Modelle im Spätsommer 2022 für weniger als 60.000 Euro erhältlich. Das ist für einen Supersportwagen mit guten Alltagseigenschaften, über 300 km/h Höchstgeschwindigkeit und einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in etwas über vier Sekunden nahezu einmalig. Dafür gibt es heutzutage kaum noch einen vernünftig ausgestatteten Dieselersatz. Darüber hinaus ist Porsches erster wassergekühlter Turbomotor auch ziemlich zuverlässig.

Welcher Porsche 911 Turbo ist der richtige für mich? 996 oder 993?

An dieser Stelle könnte man etwas holzschnittartig sagen: “Nehmen Sie das bessere Auto, also den 996”. Denn es gibt keine Disziplin, in der er schlechter ist als sein Vorgänger. Er macht alles besser und kostet nur halb so viel. Aber das Leben ist selten so einfach. Zunächst einmal geht es um die Anforderungen. Wenn Sie wirklich viele Kilometer fahren möchten, sind Sie mit dem 996 besser bedient. In Bezug auf Fahrkomfort, Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Kosten. In diesem Fall steht der 21. Jahrhundert Turbo eindeutig vernünftiger da. Aus rein visueller Sicht hat jedoch der 993 klar die Nase vorn. Eine Abstimmung im Redaktionsteam fiel einstimmig zu seinen Gunsten aus.

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Wirtschaftlich betrachtet könnte der teurere 911 Turbo die bessere Wahl sein. Schließlich spielt auch die historische Bedeutung der Fahrzeuge eine Rolle. Möchte ich das letzte Exemplar seiner Art oder den Gründer einer Revolution? Während der 993 das Ende der klassischen Porsche-Geschichte markiert, steht der 996 symbolisch für die aktuelle Unternehmenspolitik und war der erste seiner Art. Er ist jedoch nicht so charmant wie der 993 und es gibt ihn drei Mal so oft.

In Bezug auf den Wert liegt der letzte luftgekühlte Turbo klar vorn. Seit einigen Jahren generiert der 993 Turbo erhebliche Gewinne. Während der durchschnittliche Angebotspreis bei Elferspot von 2017 bis 2019 noch bei rund 157.000 Euro lag – je nach WLS – haben wir seit 2020 einen Durchschnitt von 198.000 Euro erreicht. Im Vergleich dazu stieg der Preis des 996 von etwa 59.000 Euro auf durchschnittlich 70.000 Euro. Es ist schwer zu beurteilen, wie sich die Preise in Zukunft entwickeln werden. Es scheint jedoch nicht so zu sein, dass der 996 innerhalb weniger Jahre einen sechsstelligen Durchschnittspreis erreichen wird.

Der Porsche 993 Turbo ist der elegante Klassiker mit einer beispiellosen Souveränität dank Allradantrieb und Biturbo. Er hat das luftgekühlte Zeitalter gekrönt und lässt niemanden kalt. Die Preise sind angesichts der Stückzahl und des Kultstatus gerechtfertigt. Ich gehe von Stabilität oder sogar weiterem Wertzuwachs aus. Besonders makellose Sammlerstücke mit niedriger fünfstelliger Kilometerleistung sind selten und wertvoll.

In diesem Vergleich ist der 996 Turbo natürlich das neuere und somit technologisch bessere Auto. Besonders bei jüngeren Käufern wird er immer beliebter und holt wertmäßig schnell auf. Die Entscheidung zwischen den beiden spiegelt auch den jahrzehntelangen Konflikt zwischen den Generationen wider. Alt gegen neu, Revolutionär gegen Establishment. Ich sehe die wirklich guten Exemplare bald im Durchschnitt bei über 100.000 Euro. Aber bis dahin wird es noch einige Zeit lang akzeptable Fahrzeuge für 70.000 bis 80.000 Euro geben.

Obwohl bei Elferspot nach wie vor Einigkeit besteht, dass Porsches nicht zum Stillstehen gemacht sind, sollte das Thema Werterhalt und Wertentwicklung nicht außer Acht gelassen werden. Besonders bei solch besonderen Fahrzeugen mit großer historischer Bedeutung für die Marke. “In Bezug auf das Fahrverhalten überzeugen beide, aber jeder auf seine eigene Art”, bringt es Michael Schnabl von Motorlegenden treffend auf den Punkt.

© Lorenzo Kikisch