Das Erbrecht ist eine wichtige Institution, um die gesellschaftliche Kontinuität zu sichern. Aber welche Argumente gibt es für und gegen die Erbschaftssteuer? In Deutschland gibt es eine große Debatte über die gerechte Besteuerung von Vermögensübertragungen nach dem Tod. Die Gegner argumentieren, dass die Erbschaftssteuer eine Verletzung des Leistungsprinzips darstellt und die Leistung des Verstorbenen nachträglich angreift. Sie behaupten, dass die Umverteilung großer Vermögen die Leistungsbereitschaft derjenigen untergräbt, die das Vermögen aufgebaut haben. Zudem sei die Besteuerung ein Eingriff in die Eigentumsrechte.
Die Befürworter hingegen sehen die Besteuerung von Erbschaften als Maßnahme zur Umverteilung von Vermögen und als eine Art Wiedergutmachung für die sozial Benachteiligten. Sie argumentieren, dass Bereicherung nur auf Kosten der mittleren und unteren Einkommensschichten gelinge und die Besteuerung daher gerechtfertigt sei. Um die Besteuerungsgegner zu beruhigen, wird vorgeschlagen, die Erträge der Erbschaftssteuer gezielt zur Verringerung von Chancenungleichheit, zum Beispiel durch Investitionen in den Bildungsbereich, einzusetzen.
Laut einer aktuellen Studie des Kölner Soziologen Jens Beckert und Lukas R. Arndt sind etwa 70 Prozent der deutschen Bevölkerung der Meinung, dass die Erbschaftssteuer unfair ist. Der Streit um die Erbschaftssteuer berührt also viele Grundüberzeugungen bezüglich sozialer Gerechtigkeit. Es besteht jedoch erheblicher gesellschaftlicher Dissens darüber, welchen Anteil der Staat an der Vermögensübertragung haben sollte.
Insgesamt bleibt die Besteuerung von Erbschaften ein kontroverses Thema, das weiterhin kontrovers diskutiert wird.
Quelle: Jens Beckert, H. Lukas R. Arndt: Verdient – Unverdient. Der öffentliche Diskurs um die Erbschaftssteuer in Deutschland und Österreich, in: Berliner Journal für Soziologie (2017) 27: 271-291.