Die kuhgebundene Kälberaufzucht bietet viele Vorteile, die der natürlichen Aufzucht von Kälbern entsprechen. Anstatt vom Menschen geprägt und gefüttert zu werden, werden die Kälber hierbei von ihrer Mutter aufgezogen. Dies hat vor allem positive Auswirkungen im sozialen und gesundheitlichen Bereich der Kälberaufzucht.
Vorteile der kuhgebundenen Kälberhaltung
Die kuhgebundene Kälberaufzucht hat den großen Vorteil, dass sie dem natürlichen Verhalten der Kälber entspricht. Die Kälber werden nicht vom Menschen beeinflusst, sondern lernen alles von ihrer Mutter. Dies hat positive Auswirkungen auf die soziale Prägung der Kälber und kann sich auch positiv auf ihre Gesundheit auswirken.
Nachteile der kuhgebundenen Kälberhaltung
Im Vergleich zur herkömmlichen Kälberaufzucht gibt es auch einige Nachteile bei der kuhgebundenen Kälberhaltung. Die bestehenden Ställe für die Milchviehhaltung sind nicht für diese Haltungsform ausgelegt, daher entstehen zusätzliche Kosten für die Betriebe, die diese Haltungsform einführen möchten. Separate Stallungen oder Begegnungsflächen müssen geschaffen werden. Ein weiteres Problem besteht in der Trennung von Mutter und Kalb, wenn die Bindung bereits stark gewachsen ist. Dies ist bei der kuhgebundenen Aufzucht noch stärker ausgeprägt als bei der Aufzucht durch eine Amme. Es gibt jedoch Tricks, um diese Trennung ohne allzu viel Stress für die Kälber und die Kühe zu bewältigen. Dennoch bringt dies zusätzliche Kosten, Zeit und zumindest anfangs auch Nerven mit sich.
Potenzial der kuhgebundenen Kälberhaltung
Die kuhgebundene Kälberhaltung hat definitiv Potenzial. Derzeit gibt es in Deutschland wahrscheinlich nicht mehr als 200 Betriebe, überwiegend ökologische Betriebe, die diese Haltungsform praktizieren. Langfristig könnte diese Form jedoch bei bis zu 20 Prozent der ökologischen Betriebe, mit unterschiedlichen Ansätzen und möglicherweise nur teilweise, umgesetzt werden. Eine spezielle Förderung für den Stallbau könnte bei der Umsetzung helfen. Auch die Kundinnen und Kunden, die diese Haltungsform schätzen und bereit sind, mehr für die Produkte zu bezahlen, können einen Beitrag leisten.
Kooperationen mit dem Handel
Hier liegt sicherlich ein Schlüssel zum Erfolg, aber auch die größten Herausforderungen. Um das Problem anzugehen, muss zunächst die Verarbeitung betrachtet werden. Solange sich nicht genügend Betriebe für das System entscheiden, wird es schwierig sein, dies über den normalen Weg der Molkereien zu lösen. Die Erfassungskosten für Öko-Milch sind bereits aufgrund längerer Transportwege deutlich höher als für konventionelle Milch. Wenn dann die Milch von wenigen Betrieben, die in einem großen Erfassungsgebiet verteilt sind, separat abgeholt und verarbeitet werden soll, endet die Diskussion oft bereits. Bisherige Initiativen setzen daher auf eigene Verarbeitung und Vermarktung, was aber zusätzliche Investitionen erfordert und das Endprodukt teurer macht.
Bei Fleisch wäre die Lösung einfacher, da die Bündelung von verstreuten Betrieben nicht das Hauptproblem darstellt. Hier liegt das Problem eher in der fehlenden Nachfrage nach hochwertigem ökologischem Rindfleisch. Der deutsche Markt für ökologisches Rindfleisch wird hauptsächlich von Hackfleisch dominiert. Hochwertige Produkte sind hauptsächlich über Direktvermarktung erhältlich. Hier könnte der Handel, wie er es bereits in einigen kleinen Projekten versucht, stärker in die Offensive gehen. Dies erfordert jedoch viel Kommunikation seitens des Handels und Kundinnen und Kunden, die bereit sind, diesen Weg mitzugehen. Die Chancen dafür sehe ich vor allem auf regionaler Ebene. Aktuell arbeite ich an einem solchen Projekt im Rahmen einer ökologischen Modellregion, wo neben hoher Qualität auch die Solidarität zwischen Bauern, Händlern und Verbrauchern für den Erfolg unerlässlich ist.