Im Geschäftsalltag sind Vollmachten unverzichtbar. Die Geschäftsführung kann nicht jedes Detail selbst entscheiden oder jede Unterlage persönlich unterzeichnen. Außerdem kann es vorkommen, dass der Chef abwesend ist. In solchen Fällen werden Vertreter durch Vollmachten ernannt. Zwei häufig erteilte Vollmachten, die eine wichtige Rolle im Handelsrecht spielen, sind die Prokura und die Handlungsvollmacht. Doch worin unterscheiden sie sich?
Nicht jeder mit einer Handlungsvollmacht ist automatisch ein Prokurist. Ebenso besitzt nicht jeder, dem Prokura erteilt wurde, automatisch eine Handlungsvollmacht.
Das Erteilen von Prokura und Handlungsvollmacht
Ein Unterschied zwischen Prokura und Handlungsvollmacht besteht darin, wer die Vollmacht erteilen darf.
Die Prokura darf gemäß § 48 HGB (Handelsgesetzbuch) nur vom Inhaber oder dem gesetzlichen Vertreter des Handelsgeschäfts erteilt werden. Ein Prokurist kann also nur vom Geschäftsführer oder Vorstand bestimmt werden. Derjenige, der den Prokuristen ernennt, muss ein Kaufmann sein, d.h. jemand, der ein Handelsgewerbe betreibt.
Im Gegensatz dazu erfordert das Erteilen einer Handlungsvollmacht keine ausdrückliche Erklärung. Der Chef kann formal erklären, dass er einem Mitarbeiter eine geschäftliche Vertretungsmacht überträgt. Eine Urkunde oder der Arbeitsvertrag können dies ebenfalls regeln. Eine Handlungsvollmacht kann jedoch auch implizit durch konkludentes Handeln entstehen.
Für die Prokura ist dies anders. Sie muss durch eine ausdrückliche Erklärung erteilt werden. Möchte der Geschäftsinhaber einen Mitarbeiter zum Prokuristen bestellen, muss er ihn dazu ausdrücklich bestimmen.
Der Umfang von Prokura und Handlungsvollmacht
Der größte Unterschied zwischen Handlungsvollmacht und Prokura liegt im Umfang der Befugnisse.
Die Prokura gemäß § 49 HGB ermächtigt den Prokuristen, alle gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäfte und Rechtshandlungen im Rahmen des Betriebs eines Handelsgewerbes durchzuführen. Der Prokurist kann also nicht nur alltägliche und übliche Rechtsgeschäfte erledigen, sondern ist zu allen Handlungen und Tätigkeiten befugt, die in einem Unternehmen anfallen können.
Wichtig ist hierbei, dass die Formulierung “im Betrieb eines Handelsgewerbes” verwendet wird. Das bedeutet, dass die Vollmacht nicht auf für das Handelsgewerbe typische Rechtsgeschäfte beschränkt ist, sondern auf alle Geschäfte und Handlungen, die für irgendein Handelsgewerbe anfallen können.
Die Prokura stößt an ihre Grenzen, wenn es um Rechtshandlungen geht, die außerhalb des eigentlichen Geschäftsbetriebs liegen, wie z.B. Grundlagengeschäfte. Der Prokurist kann beispielsweise den Betrieb nicht einstellen, die Firma verkaufen oder Insolvenz anmelden. Auch der Verkauf oder die Belastung von Grundstücken ist ihm ohne gesonderte Vollmacht nicht gestattet.
Die Handlungsvollmacht hingegen ist klar definiert und begrenzt. Der Inhaber der Handlungsvollmacht darf nur Rechtshandlungen durchführen, die für den Betrieb des Handelsgewerbes typisch und branchenüblich sind. Geschäfte, die nicht typisch und branchenüblich sind, fallen nicht unter die Handlungsvollmacht.
Mögliche Einschränkungen der Befugnisse
Eine Handlungsvollmacht ermöglicht grundsätzlich die Ausführung von Geschäften und Rechtshandlungen, die im Betrieb des Handelsgewerbes üblich sind. Der Vollmachtgeber kann jedoch die Befugnisse sowohl intern als auch gegenüber Dritten einschränken. Eine Arthandlungsvollmacht ermächtigt den Mitarbeiter nur zur Ausführung bestimmter Art von Geschäften. Die Befugnisse können noch weiter eingeschränkt werden, indem eine Spezialhandlungsvollmacht erteilt wird, die nur bestimmte Handlungen oder Geschäfte umfasst.
Im Gegensatz dazu gibt es bei der Prokura weniger Gestaltungsspielraum. Der Umfang der Prokura ist gesetzlich definiert. Der Geschäftsinhaber kann lediglich zwischen Einzelprokura, Gesamtprokura oder Filialprokura wählen und im Innenverhältnis Grenzen setzen. Im Außenverhältnis sind solche Einschränkungen jedoch nicht wirksam. Die vom Prokuristen abgeschlossenen Rechtsgeschäfte bleiben trotzdem gültig.
Der Eintrag im Handelsregister
Die Prokura muss gemäß § 53 HGB ins Handelsregister eingetragen werden. Der Eintrag muss den Namen des Prokuristen und die Art der Prokura enthalten. Solange die Prokura eingetragen ist, kann ein Geschäftspartner darauf vertrauen, dass die Vertretungsmacht gültig und bestehend ist.
Im Gegensatz dazu ist für Handlungsvollmachten kein Eintrag im Handelsregister erforderlich.
Das Übertragen von Prokura und Handlungsvollmacht
Eine Prokura kann nicht übertragen werden. Der Geschäftsinhaber kann zwar jederzeit eine erteilte Prokura widerrufen, aber der Prokurist kann seine Vertretungsmacht nicht an eine andere Person weitergeben.
Eine Handlungsvollmacht hingegen ist übertragbar. Der Bevollmächtigte benötigt die Zustimmung des Geschäftsinhabers, um die Handlungsvollmacht an Dritte weiterzugeben.
Der Hinweis auf die Vollmacht bei der Unterschrift
Sowohl bei Prokura als auch bei Handlungsvollmacht sollte der Mitarbeiter bei der Unterzeichnung von Verträgen einen entsprechenden Hinweis auf die Vertretungsmacht setzen. Übliche Abkürzungen sind “ppa” oder “per Prokura” für Prokura und “i. V.” oder “in Vollmacht” für Handlungsvollmacht.
Der Hinweis auf die Vertretungsmacht ist gesetzlich vorgeschrieben und schafft Rechtssicherheit sowohl für das Unternehmen als auch für den Geschäftspartner.
Die Prokura und die Handlungsvollmacht sind zwei wichtige Vollmachten im Geschäftsalltag. Während die Prokura umfangreiche Befugnisse gewährt und vom Inhaber oder dem gesetzlichen Vertreter des Handelsgeschäfts erteilt werden muss, ist die Handlungsvollmacht klar definiert und auf typische Rechtsgeschäfte beschränkt. Der Umfang der Prokura ist gesetzlich festgelegt, während die Handlungsvollmacht intern und gegenüber Dritten eingeschränkt werden kann. Die Prokura muss im Handelsregister eingetragen werden, während dies für Handlungsvollmachten nicht erforderlich ist. Eine Prokura kann nicht übertragen werden, während die Handlungsvollmacht übertragbar ist. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, einen Hinweis auf die Vollmacht bei der Unterschrift anzugeben, um Rechtssicherheit zu gewährleisten.