Rechenmaschine oder Computer? Die aufregende Geschichte des HP 9100A

Rechenmaschine oder Computer? Die aufregende Geschichte des HP 9100A

Die Informatik der wilden sechziger Jahre war geprägt von Innovationen und Durchbrüchen. Die IBM präsentierte das System 360, Minicomputer und integrierte Schaltungen kamen auf den Markt, die Computermaus wurde geboren und die Urform des Internets nahm Gestalt an. Gleichzeitig endete eine Ära, die vor dreieinhalb Jahrhunderten mit der Erfindung der mechanischen Rechenmaschine durch Wilhelm Schickard begann. Die Elektronik trat ihren Siegeszug an.

In diese aufregende Zeit fiel die Einführung des HP 9100A durch die kalifornische Hewlett-Packard Company. Das Gerät, das vor 50 Jahren vorgestellt wurde, kombinierte die Leistungsfähigkeit eines Computers mit einem elektronischen Tischrechner. Mit einer Größe von 41 mal 48 Zentimetern beherrschte es eine Vielzahl mathematischer Operationen, war programmierbar und zeigte die Ergebnisse auf einem Bildschirm an. Ein Drucker konnte ebenfalls angeschlossen werden. Die Werbeanzeigen bezeichneten den HP 9100A stolz als “personal computer”.

Die Geburt der elektronischen Rechenmaschine

Die erste elektronische Rechenmaschine für die vier Grundrechenarten war die englische Anita aus dem Jahr 1961. Sie verwendete kleine Kaltkathodenröhren, die nicht geheizt wurden. In den folgenden Jahren wurden in Italien, Japan und den USA Rechenmaschinen mit Transistoren entwickelt. 1965 brachte die IT-Firma Wang an der amerikanischen Ostküste das Modell 300 auf den Markt, das eine zentrale Transistor-Einheit zur Multiplikation und Division mit Logarithmen enthielt.

Der Beginn einer Erfolgsgeschichte

Die Hewlett-Packard Company, kurz HP, hatte ihren Sitz seit der Gründung im Jahr 1939 in Palo Alto, nahe San Francisco. Neben elektronischen Messgeräten und Ausrüstungen entwickelte das Unternehmen auch einen Minicomputer. Im Jahr 1965 trafen in der Firma zwei wegweisende Ereignisse aufeinander. Der Physiker Malcolm Macmillan präsentierte den Prototypen eines elektronischen Rechners für mathematische Funktionen, basierend auf einem digitalen Algorithmus, den der Ingenieur Jack Volder entdeckt hatte.

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Kurz darauf brachte der Elektronikspezialist Thomas Osborne einen Rechnerentwurf nach Palo Alto. Das Terminal aus grünlackiertem Balsaholz bediente einen Schaltkreis, der Gleitkomma-Operationen realisierte. Bei dieser Technik, die bereits in den 1930er-Jahren von Konrad Zuse bekannt war, wurden Zahlen logarithmisch dargestellt. Die HP-Entscheidungsträger erkannten das Potential dieser Entwürfe und übernahmen sie. Macmillan und Osborne erhielten Beraterverträge.

Gemeinsam mit den beiden Erfindern begannen die HP-Entwickler ihre Arbeit. Am 11. März 1968 wurde das Ergebnis, das Modell 9100A, von Forschungschef Bernard Oliver in New York vorgestellt. Das Gerät war 41 Zentimeter breit, 48 Zentimeter tief und 21 Zentimeter hoch, wog 18 Kilogramm und bot 63 Tasten in vier Gruppen. Auf einem kleinen Bildschirm wurden die Inhalte von drei Registern übereinander angezeigt. Die Transistoren und die Bildröhre befanden sich im Aluminiumgehäuse.

Technische Details und Erfolg

Der HP 9100A verfügte über gedruckte Schaltungen und Fädelspeicher, die 32 Kilobit mathematischer Daten speichern konnten. Ein zusätzlicher Kernspeicher fasste weitere 2.208 Bit. Im Jahr 1969 wurde das Modell 9100B eingeführt, das mit 3.840 Bit Kapazität noch leistungsfähiger war. Neben den angezeigten Registern hatte der Rechner 16 zusätzliche Speicherplätze. Formeln konnten ohne Klammern eingegeben und Programme auf Magnetkärtchen gespeichert werden. Diese Idee hatte sich HP vom Kleincomputer Olivetti Programma 101 abgeschaut.

Obwohl Hewlett-Packard in der offiziellen Pressemitteilung im März das Wort “Computer” vermied und stattdessen von einem “elektronischen Tischrechner” sprach, änderte sich die Sprache in den Werbeanzeigen im Herbst 1968. Der HP 9100A wurde nun als “personal computer”, “computing marvel” und “electronic genie” bezeichnet. 1970 verschenkte Hewlett-Packard ein Exemplar an den Science-Fiction-Autor Arthur C. Clarke, der es “HAL junior” nannte. Der Rechner war zudem mehrfach in den Kulissen des amerikanischen Zukunftsfilms Earth 2 aus dem Jahr 1971 zu sehen.

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Damit gelang Hewlett-Packard ein fulminanter Einstieg in die wissenschaftliche Rechentechnik. Ein weiterer Meilenstein wurde 1972 mit dem Taschenrechner HP-35 gesetzt. Doch wir dürfen nicht vergessen, dass bereits 1950 in Stuttgart die erste mechanische Rechenmaschine für Sinus, Cosinus und andere komplexere Funktionen entwickelt wurde. Sie wurde von dem Geodäten Karl Ramsayer erbaut. Es ist also wahr, dass in der Welt der Technik alles schon mal dagewesen ist.