Recycling in Deutschland: Verbrennen oder recyceln wir unseren Müll?

Recycelt, verbrannt und exportiert: Wo landet unser Müll?

Deutschland ist bekannt als Recycling-Weltmeister, aber ist das wirklich so? Tatsächlich wird der Großteil unseres Verpackungsmülls immer noch verbrannt oder exportiert. Seit China jedoch unseren Plastikmüll nicht mehr annimmt, stellt sich die Frage: Verbrennen wir jetzt noch mehr oder setzen wir endlich verstärkt auf Recycling?

Als 1991 der Grüne Punkt eingeführt wurde, waren die Aussichten für die deutsche Verpackungslandschaft vielversprechend: Grüner Punkt drauf, einsammeln, recyceln – fertig! Das Versprechen lautete: Wenn wir unseren Müll trennen, wird jede Verpackung recycelt und die Müllberge schrumpfen.

Laut dem Grünen Punkt war und ist dieses System immer noch ein voller Erfolg. Allein im Jahr 2016 wurden angeblich 1,7 Millionen Tonnen Verpackungen verwertet, was angeblich dem Gewicht von 9.506 Blauwalen entspricht. Zudem soll dadurch so viel CO2 eingespart werden, dass eine Waldfläche von der Größe Berlins die Luft filtern könnte.

Doch diese Zahlen sagen nichts über die tatsächliche Recyclingbilanz aus. In Deutschland wird heute nur gut ein Viertel des Kunststoff-Verpackungsmülls tatsächlich recycelt. Ein weiteres Viertel wird bislang nach China exportiert. Der Rest, also über die Hälfte des Verpackungsmülls, wird verbrannt. Seit dem Start des Grünen Punkts im Jahr 1991 hat sich der deutsche Plastikabfall von 1,6 auf 3,1 Millionen Tonnen etwa verdoppelt.

Zusammengefasst bedeutet das: Wir produzieren immer mehr Plastik- und Verpackungsmüll, aber recyceln nur einen kleinen Teil davon. Dabei schreibt uns das Kreislaufwirtschaftsgesetz eigentlich vor, Abfall zu vermeiden, bestehende Verpackungen wiederzuverwenden, zu recyceln und erst dann zu verbrennen oder zu deponieren.

Die Abfallvermeidung ist jedoch grandios gescheitert. Unser Plastikverbrauch hat sich seit 1991 verdoppelt und steigt weiter an. Das meiste Plastik landet in Verpackungen, gefolgt vom Bausektor, der Fahrzeugindustrie und der Elektronik.

Die Wiederverwendung von Verpackungen, beispielsweise durch Pfandsysteme mit wiederbefüllbaren Behältern, geht zurück. Bei Getränken greifen wir immer weniger zu Glasflaschen und immer mehr zu Plastikflaschen. Selbst wenn wir diese gegen Pfand zurückgeben, werden die meisten nicht neu befüllt, sondern eingeschmolzen – also recycelt.

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Der Grüne Punkt, der auf fast jeder Verpackung prangt, suggeriert, dass diese recycelt werden kann. Das ist jedoch meistens nicht der Fall. Der Grüne Punkt darf nämlich auf jede Verpackung gedruckt werden, die zuvor den Verwertungsweg der Gelben Tonne bzw. des gelben Sacks bezahlt hat. Dass die meisten dieser Verpackungen gar nicht recycelbar sind, wird von der Industrie oft ignoriert.

Es sind vor allem Mischkunststoffe und Verbundstoffe, die nicht recycelt werden können. Viele Folien, zum Beispiel auf Wurstverpackungen, bestehen aus zwei bis drei verschiedenen Kunststoffen. Verpackungen, die festen und weichen Kunststoff enthalten, wie Joghurtbecher mit hartem Rand und Boden und weichen Wänden, sind ebenfalls nicht recycelbar.

Auch Getränkekartons wie Tetrapaks können nicht recycelt werden, da Pappe, Plastik und oft Aluminium fest miteinander verklebt sind. Die meisten Shampoo-Flaschen, Waschmittel- oder Weichspülerflaschen hingegen sind gut recycelbar, da sie oft aus sortenreinem Kunststoff wie PET, PP oder PE bestehen.

Die thermische Verwertung, also die Verbrennung, ist die Lösung für fast alle Verpackungen aus Mischkunststoffen. Laut Abfallpyramide ist dies jedoch die zweitschlechteste Option. 99 Prozent des gesammelten Kunststoffabfalls werden laut dem Unternehmen Remondis verwertet. Doch das bedeutet in Wahrheit, dass über die Hälfte verbrannt wird. Die Deponierung ist in Deutschland zwar rückläufig, aber immer mehr Müll wird verbrannt.

Immerhin kommt nun Bewegung in das fehlgeleitete System. Das neue Verpackungsgesetz schreibt vor, dass der Recyclinganteil des Verpackungsmülls in Deutschland bis 2022 auf 63 Prozent erhöht werden muss. Dazu sollen Maßnahmen wie die Einschränkung des Sortenreichtums bei Verpackungen ergriffen werden.

China hat seit diesem Jahr einen Importstopp für unseren Müll verhängt. Deutschland hat bisher jährlich etwa 750.000 Tonnen Plastikmüll nach China und Hongkong exportiert. Doch das ist nun vorbei, da China extrem strenge Grenzwerte für Verunreinigungen eingeführt hat.

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Momentan wird der Müll vermehrt nach Osteuropa, Kambodscha und Vietnam exportiert, wo er hauptsächlich auf Deponien landet. Die Kapazitäten sind jedoch bei Weitem nicht ausreichend. Vor allem wird jedoch noch mehr Müll verbrannt.

Eine Lösung liegt möglicherweise in einem recyclingfähigen Design. Bereits beim Verpackungsdesign muss das Recycling mitgedacht werden. Nur so entsteht eine möglichst sortenreine Verpackung, die gut getrennt und recycelt werden kann. Ein Recycling-Label auf allen Produkten könnte den Verbrauchern helfen, die Recyclingfähigkeit der Produkte besser zu bewerten.

Auch höhere Absatzmärkte für recycelte Materialien sind wichtig. Bisher deckt die Industrie nur 14 Prozent ihres Rohstoffbedarfs aus wiederverwerteten Stoffen. Die meisten davon sind Altmetall, nur ein geringer Teil ist Plastik. Es ist also dringend notwendig, mehr recycelte Materialien zu verwenden.

Bei Lebensmitteln ist der Einsatz von Recyclingplastik aus hygienischen Gründen problematisch. Dennoch bedarf es wirtschaftlicher Anreize, damit mehr Altplastik aus Wurstverpackungen, Joghurts oder Limonaden in Spülmittelflaschen oder Waschmittelbeuteln weiterverwendet wird. Unternehmen könnten durch steuerliche Begünstigungen dazu ermutigt werden, vermehrt Recycling-Rohstoffe einzusetzen.

Die Deutsche Umwelthilfe fordert von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) ein Pfand auf Getränkeverpackungen und Plastikflaschen. Dadurch könnten Recycling-Pfandflaschen durch echte Pfand-Mehrweg-Flaschen ersetzt werden.

Die EU hat bereits Maßnahmen ergriffen, um Abfall zu vermeiden, zum Beispiel das Verbot von Einweg-Plastikgeschirr und Trinkhalmen. Auch wenn dies nur einen geringen Teil unseres Plastikmülls betrifft, könnte es ein erster Schritt sein. Vielleicht kann Ministerin Schulze der EU zeigen, dass ein Mehrweg-Pfandsystem für alle Getränkeverpackungen realisierbar ist.

Was kannst du tun? Vermeide am besten Plastik, wo es nur geht. Kaufe möglichst unverpackte Lebensmittel, Obst und Gemüse lose oder in Stoffbeuteln. Wähle Passierte Tomaten im Glas statt im Tetrapak. In Unverpackt-Läden und einigen Bio-Läden kannst du auch andere Produkte lose in eigene Behälter abfüllen.

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Verwende Tüten immer wieder und nutze leere Eis-Packungen wie Tupperware. Kaufe Mehrweg-Verpackungen, zum Beispiel Getränke in Pfand-Flaschen, die wiederverwendet werden können. Entscheide dich für Joghurt im Pfandglas statt im Plastikbecher.

Wähle Waschmittel und Reinigungsmittel in Recyclingflaschen, zum Beispiel von Frosch und Ecover. Achte darauf, dass auf der Verpackung „100 % Recyclingmaterial“ steht. Wenn du nicht um neues Plastik herumkommst, kaufe gut recycelbares Plastik, wie sortenreines PET, PP oder PE. Verzichte auf Verbundstoffe wie Tetrapaks oder Mischplastik-Verpackungen.

Es gibt auch Menschen, die zeigen, wie man komplett müllfrei leben kann. Informiere dich über Zero Waste und entdecke Tipps für den Alltag, um weniger Müll zu produzieren.

Weitere Tipps für weniger Müll findest du auf Utopia.de. Schau dir auch unsere Empfehlungen für plastikfreie Brotdosen, die besten Trinkflaschen für unterwegs und wiederverwendbare Becher für Müsli to-go an.

Recycling ist nur die drittbeste Lösung. Die Deutsche Umwelthilfe fordert ein Pfand auf Getränkeverpackungen und Plastikflaschen, um Recycling-Pfandflaschen durch echte Mehrweg-Flaschen zu ersetzen. Die EU hat bereits Maßnahmen ergriffen, um Einweg-Plastik zu verbieten. Auch individuelles Handeln ist wichtig. Vermeide Plastik so gut es geht und setze auf Mehrweg-Verpackungen und Recycling-Materialien.

Insgesamt gibt es also noch viel zu tun, um unseren Müll effektiv zu reduzieren und den Recyclinganteil zu erhöhen. Jeder kann seinen Teil dazu beitragen und nachhaltigere Entscheidungen treffen.