Rainhard Mey, geboren am 21. Dezember 1942, ist ein deutscher Songwriter, der 1965 sein Debüt als Rainer May bei Polydor feierte. Entdeckt wurde er von Polydor-Produzent Jimmy Bowien, der ihn dazu brachte, eine deutsche Version des Songs “Catch the Wind” von Donavan aufzunehmen.
Vielseitiger Erfolg
“Reinhard Mey könnte ein Glücksfall in der Geschichte der deutschen Underground-Musik sein – könnte. Aber offenbar ist er es nicht oder (was wahrscheinlicher ist) man lässt es nicht zu.” So kritisierte die Zeitschrift “Sing In” 1972 den Musiker, der vom Magazin “elan” als “einer unserer besten Songwriter” gepriesen wurde. Mey war ein frühreifes Ausnahmetalent. Das Cover seines Albums “Ankomme Freitag, den 13.” aus dem Jahr 1968 verdeutlichte sein Hauptanliegen: “Eine kritische Sicht auf seine Zeit”, “auch wenn er die Themen mit Humor behandelt”, wie in seinem erfolgreichen Titel “Diplomatenjagd”. Dieser gehört zu Meys satirischen Beobachtungen der Gesellschaft und den Widrigkeiten des Alltags, wie auch seine Single “Die heiße Schlacht am kalten Büffet”. Die Kritiker warfen dem 1942 in Berlin geborenen Musiker frühzeitig vor, sich in Richtung “Chansonbearbeitung zu entwickeln, die in Deutschland am besten mit dem Namen Udo Jürgens assoziiert wird”. Sein singender Bruder Hannes Wader wurde damals mit den Worten zitiert: “Er verkauft sich unter Wert”. Thomas Rothschild warf ihm in seinem Buch “Liedermacher” sogar eine “Hexenjagd in Chansonform” mit seinem Song “Annabelle” vor, einer musikalischen Karikatur der Studentenbewegung, der Mitte der siebziger Jahre veröffentlicht wurde.
Bereits in den frühen sechziger Jahren sang Reinhard Mey gemeinsam mit Schobert Schulz und einem Bassisten in Berlin Folklore auf Englisch, Französisch und Spanisch im Trio Les Trois Affamés (Die Drei Hungrigen). 1964 kam er zum ersten Mal nach Waldeck. Damals gestand er, dass er nur fünf eigene Songs in seinem Repertoire hatte. Der erste war “Ich wollte wie Orpheus singen”, der erst 1967 als Titelsong seines ersten Albums veröffentlicht wurde. 1965 brachte der Sänger und Gitarrist seine erste Single heraus, eine deutsche Version von “Catch The Wind”, mit der der schottische Barde Donovan Erfolg hatte. Im folgenden Jahr erschienen zwei EPs. Auf der ersten – “Fred Kasulzke protestazki” – befindet sich der Titel “Bauer, ich bitt’ euch”, dessen Text den Eindruck erwecken könnte, dass Bertolt Brechts These “Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral” Inspiration war. Der Titel “Mädchen in den Schänken” wurde fälschlicherweise zuerst als “Die Ballade der guten Lehre” auf der Singer-Songwriter-Kompilation “Makaber macht lustig” veröffentlicht. Auf einer späteren Buchclub-LP wurde dieser Fehler korrigiert.
Meys schneller und großer Erfolg bescherte ihm einen Plattenvertrag bei Intercord, wo man, wie “Sing In” schrieb, seinen “einfachen Gitarrensound mit Chor und süßen Arrangements” mischte. Der Musiker wurde jedoch in einem Punkt begünstigt: “Seine bis heute gut geschriebenen Lieder können durch die gemeinen Arrangements nicht getötet werden”. Bis heute – fast drei Dutzend Alben später – sitzt Reinhard Mey mit seinen Liedern immer noch zwischen zwei Stühlen, wie das Munzinger Pop-Archiv International sagt: “Als Popsänger sah er sich überhaupt nicht als Sänger, sondern als Verfasser nachdenklicher, ernster Texte, als Songwriter. Aber in ihrer Umgebung wirken seine Lieder oft ungewöhnlich angepasst, ja: banalisierend. Auf der anderen Seite schien Mey die Bedürfnisse jener Hörer anzusprechen, für die der ideale Singer-Songwriter zu bürgerlich, zu weit von ihrem Leben entfernt war, die aber mehr Reflexion erwarteten als der durchschnittliche Hit bieten konnte. Diese oft schweigende Mehrheit ermöglichte es dem Berliner Sänger, einen außergewöhnlichen Erfolg zu erzielen, der jahrzehntelang anhielt.” Mey hat die Freundschaft und Anerkennung früherer Weggefährten wie Hannes Wader oder Konstantin Wecker jedenfalls nicht verloren. Im Jahr 2002 stand er zusammen mit den beiden auf Hannes Waders 60. Geburtstag auf der Bühne und kurz darauf erneut bei der großen Friedensdemonstration in Berlin vor dem Irak-Krieg. www.reinhard-mey.de
Dieser Artikel ist ein Auszug aus “Verschiedene – Songwriter in Deutschland, Vol.1: Für wen wir singen” (3-CD) / various-songwriter-in-Germany-vol.1-for-who-we-sing-3-cd.html