Rette Leben! Die Wahrheit über die Seenotrettung auf dem Mittelmeer

Rette Leben! Die Wahrheit über die Seenotrettung auf dem Mittelmeer

Seenotrettung ist eine völkerrechtliche Verpflichtung, der weder staatliche noch private Organisationen in ausreichendem Maße nachkommen. Das Mittelmeer ist bekanntermaßen ein gefährlicher Ort für Flüchtlinge, wo regelmäßig tödliche Bootsunglücke stattfinden. Aus diesem Grund haben Nichtregierungsorganisationen (NGOs) die wichtige Aufgabe übernommen, Menschen in Seenot zu retten. Vorwürfe, dass zivile Seenotrettungsorganisationen mit Schleppern zusammenarbeiten, haben sich als gegenstandslos erwiesen.

“Menschen aus Seenot zu retten ist keine Frage für Debatten oder die Politik, es ist eine Verpflichtung seit Menschengedenken”, betont der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge Filippo Grandi. Die Pflicht zur Hilfeleistung für Personen in Lebensgefahr auf hoher See ist Teil des Völkerrechts. Verschiedene internationale Konventionen, insbesondere das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, verpflichten Kapitäne zur Seenotrettung.

Das Mittelmeer ist eine der gefährlichsten Fluchtrouten der Welt. Seit 2014 sind dort über 24.000 Menschen ums Leben gekommen oder werden vermisst. Dennoch wagen immer noch viele Menschen die riskante Fahrt, in der Hoffnung auf Schutz und Perspektive. Obwohl die Anzahl der Schutzsuchenden, die das Mittelmeer überqueren, seit den Rekordjahren 2015 und 2016 stark gesunken ist, steigt sie wieder an. Bis September 2023 kamen über 133.000 Menschen an den italienischen Küsten an, über 26.000 in Spanien und über 28.000 in Griechenland. Gleichzeitig ist die Zahl der Toten und Vermissten in diesem Jahr bereits auf über 2.500 gestiegen. Viele Schutzsuchende werden von der libyschen Küstenwache auf See gerettet oder gestoppt und nach Libyen zurückgebracht. Dort werden sie oft unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert, wo ihnen Folter, Misshandlung und Tod drohen.

Trotzdem gibt es derzeit keine staatliche Militäroperation oder Frontex-Mission mit einem Mandat zur Seenotrettung. Handelsschiffe sind aufgrund ihrer Größe und Ausstattung nicht zur Rettung von Schiffbrüchigen geeignet und werden oft angewiesen, nicht zu retten, da der damit verbundene Zeitverlust extrem kostspielig sein kann. Daher spielen NGOs eine wichtige Rolle bei der Seenotrettung im Mittelmeer. Der UNHCR spricht sich entschieden gegen die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung aus und betont, dass NGO-Schiffe nicht dafür bestraft werden dürfen, dass sie Leben auf See retten.

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Die Anschuldigungen, dass Seenotrettungsorganisationen mit Schleppern zusammenarbeiten, wurden durch 18 unabhängige Ermittlungen widerlegt. Auch die Theorie eines sogenannten “Pull-Effekts”, bei dem Seenotrettungs-NGOs angeblich mehr Menschen zur Flucht ermutigen, hat sich als nicht haltbar erwiesen. Die Seenotrettung hat also keine Auswirkungen auf die Anzahl der Überquerungsversuche im Mittelmeer. Während zivile Rettungsschiffe Menschen vor dem Ertrinken bewahren, geht es Schleppern darum, aus der Not der Schutzsuchenden Profit zu schlagen. Dies ist ein wichtiger Unterschied. Schlepperei ist ein grausames Geschäftsmodell und ein Symptom eines dysfunktionalen Systems, das eine internationale Lösung erfordert. Die Seenotrettung, ob zivil oder staatlich, ist eine humanitäre Antwort auf die unmenschlichen Bedingungen, denen Flüchtlinge auf ihrem Weg über das Mittelmeer und in Transitländern wie Libyen ausgesetzt sind.

Die UNO-Flüchtlingshilfe setzt sich als nationaler Partner des UNHCR für internationale Solidarität ein und hat bereits verschiedene Seenotrettungs-NGOs finanziell unterstützt, denn die Rettung von Menschen vor dem Ertrinken muss höchste Priorität haben. Der UNHCR arbeitet auch an langfristigen Lösungen für Flüchtlinge, indem er sich für die Freilassung und Neuansiedlung von Schutzsuchenden einsetzt, die in libyschen Lagern festgehalten werden. Bereits 2018 wurde ein Plan für einen verlässlichen, planbaren Mechanismus zur Ausschiffung der Geretteten vorgelegt.

Die Seenotrettung auf dem Mittelmeer ist keine Frage der Politik, sondern eine humanitäre Verpflichtung. Es ist an der Zeit, die Arbeit der NGOs zu unterstützen und Leben zu retten.