Revolutionäre Neuerung: E-Motor direkt am Reifen

Revolutionäre Neuerung: E-Motor direkt am Reifen

München, 9. Oktober 2023 – Von Lars Schwichtenberg

Die Zukunft der Elektroautos könnte revolutioniert werden: Ein bayerisches Start-up plant, die gängige Bauweise von E-Autos und E-Motoren grundlegend zu verändern. Dieser innovative Ansatz zielt darauf ab, Platz und Gewicht zu sparen und gleichzeitig die Reichweite zu erhöhen.

Eine außergewöhnliche Bauweise

E-Motoren, die direkt an den Radnaben sitzen oder sogar Teil dieser bilden, sind bereits seit langer Zeit bei Rollern, Scootern und E-Bikes bekannt. Doch für Autos ist dies ein seltener Ansatz. Das Münchner Start-up DeepDrive möchte diese Technologie nun auch in der Automobilbranche etablieren. Durch die Verwendung von Doppelrotoren ist dies möglich. Der entwickelte Nabenmotor in Doppelrotor-Radialfluss-Bauweise benötigt dabei 80 Prozent weniger Eisen, 50 Prozent weniger Magnetmaterial und deutlich weniger seltene Erden. Dadurch wird die Produktion kostengünstiger.

Im Vergleich zu herkömmlichen E-Motoren können durch diese Technologie 30 Prozent der Kosten pro erbrachtes Newtonmeter eingespart werden. Bei diesem Motor wandeln konzentrische Ringe mit einem mittleren Stator Energie in Kraft um. Diese Bauweise ermöglicht es, die sonst notwendigen Eisengehäuse um die Spulen einzusparen. Der Hersteller verspricht höchste Drehmoment- und Leistungswerte mit einem Wirkungsgrad von 97 bis 98 Prozent. Im Vergleich dazu liegt der Wirkungsgrad eines Dieselmotors bei etwa 45 und eines Benziners nur bei 20 Prozent. Elektroautos erreichen immerhin über 60 Prozent. In einem Video erklärt der Mitbegründer von DeepDrive den Antrieb.

Starkes Drehmoment und geringes Gewicht

Die innovative Bauweise macht die Motoren auch deutlich leichter. Der DeepDrive-Motor mit der Bezeichnung RM1250 wiegt inklusive Silizium-Karbid-Inverter nur 32 Kilogramm, hat eine Leistung von 125 kW (171 PS) und ein beeindruckendes Drehmoment von 1.250 Nm. Im Vergleich dazu erreicht der vordere Motor des Porsche Taycan “nur” 440 Nm und wiegt bereits 70 Kilogramm. Der RM1250 hat einen Durchmesser von etwa 48 Zentimetern, während herkömmliche E-Motoren nur etwa halb so groß sind. Dieser Vorteil führt zu einem deutlich höheren Drehmoment bei größerem Durchmesser. Hier bedeutet doppelter Durchmesser ein vierfach höheres Drehmoment.

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Der RM1250 ist auch als Radnabenmotor konzipiert, der theoretisch die komplette Felge eines Autos ersetzen könnte. Dadurch kann auf Getriebe und Antriebswellen verzichtet werden, was sich positiv auf die Reichweite auswirkt. Es wird geschätzt, dass dadurch bis zu 20 Prozent mehr Reichweite im Vergleich zu herkömmlichen E-Antrieben möglich sind. Zudem wird weniger Platz benötigt, wodurch etwa 20 Prozent eingespart werden können.

Praxiserprobung mit Tesla Model 3

Die ersten praktischen Tests sind bereits in Planung. Herkömmliche Elektrofahrzeuge, die als sparsam gelten, wie beispielsweise das Tesla Model 3, sollen als Versuchsfahrzeuge dienen. Der dadurch gewonnene Platz, der für Motoren, Getriebe und Antriebswellen nicht benötigt wird, kann für zusätzliche Batteriezellen genutzt werden, was wiederum die Reichweite erhöht. Dadurch könnten auch günstigere Batterien mit geringerer Energiedichte verwendet werden, die weniger kosten, wie zum Beispiel Lithium-Eisenphosphat-Akkus.

Kleinwagen mit solchen Motoren könnten so mit kostengünstigeren Batterien eine Reichweite von etwa 300 Kilometern erreichen, ohne dass dadurch die Preise steigen. Dies würde jedoch einen technologischen Umbruch für die Hersteller bedeuten, da der zentrale E-Motor mit Einganggetriebe und Achsantrieb bereits als Industriestandard etabliert ist. Die Umstellung auf Nabenmotoren wäre daher für die Hersteller sehr aufwendig.

Unabhängig davon sehen Experten das enorme Potenzial dieser Antriebstechnologie. Allerdings wird auch darauf hingewiesen, dass solche Motoren das Gewicht der ungefederten Massen des Fahrzeugs erhöhen könnten. DeepDrive plant, seinen Antrieb in Serie zu produzieren und dabei auch mit chinesischen Herstellern zusammenzuarbeiten.

Ein Kleinwagen mit 19- oder 20-Zoll-Rädern (ca. 51 cm) wäre zwar etwas groß, aber das Potenzial eines solchen Antriebs liegt klar auf der Hand. Es bleibt spannend, wie sich diese Technologie weiterentwickeln und in der Automobilbranche etablieren wird.

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