Kulinarische Traditionen aus China werden im Westen oft belächelt: Fermentierter Tofu, Hühnerfüße und Tausendjährige Eier haben in der letzten Staffel von “Ich bin ein Star, holt mich hier raus” für viele Ekelmomente gesorgt. Doch während der französische Bauer seine Milch mit Schimmelpilz veredelt und daraus den edlen Brie entstehen lässt, werden chinesische Spezialitäten oft missverstanden. Dabei reicht die gastronomische Tradition Chinas viel weiter zurück als die der einfachen europäischen Wirtshäuser des späten Mittelalters.
Die lange Geschichte der Tausendjährigen Eier
Schon im 12. Jahrhundert florierte die Restaurant-Szene in der ostchinesischen Kulturhauptstadt Hangzhou, in der Starköche Gerichte aus weit entfernten Provinzen anboten. Eine dieser Spezialitäten ist das Tausendjährige Ei, dessen Name etwas irreführend ist. Obwohl ihm oft ein Alter von tausend Jahren zugeschrieben wird, beträgt der Fermentationsprozess tatsächlich nur ein bis drei Monate. Der Gruselfaktor des hohen Alters dürfte jedoch dazu beitragen, dass diese Delikatesse ihren besonderen Reiz entfaltet.
Ein genussvolles Geheimnis
Die Tausendjährigen Eier werden roh in eine Mischung aus Holzasche, gebranntem Kalk, schwarzem Tee, Salz und Gewürzen eingelegt. Während des chemischen Prozesses werden alle Keime und Erreger abgetötet und die Konsistenz sowie Farbe von Eigelb und Eiweiß verändern sich. Dadurch bleiben die Eier sehr lange haltbar, manche sagen sogar bis zu drei Jahren ungekühlt.
Variationen und Zubereitung
Es gibt verschiedene Varianten und Zubereitungsmethoden für die Tausendjährigen Eier. Ursprünglich wurden vor allem Enteneier verwendet, aufgrund ihrer dicken Schale und des großen Eigelbs. Da diese Eier in Deutschland jedoch schwer zu bekommen sind, funktioniert die Zubereitung auch mit anderen Eiersorten. Die Herstellung der Tausendjährigen Eier erfordert Erfahrung und Geduld. Yuhang Wu, eine chinesisch-stämmige Köchin, empfiehlt sie als Zutat in bestimmten Kombinationen zu genießen. Man kann damit aber auch eine besondere Vorspeise zaubern.
Ein delikater Geschmack
Der Geschmack der Tausendjährigen Eier ist einzigartig: delikat salzig und umami mit leichten Noten von Schwefel und einer angenehmen Fischigkeit. Dabei ist der Geschmack deutlich milder als der gruselige Ruf vermuten lässt. Das Eigelb variiert von wachsig bis cremig und nimmt eine dunkle, grau-grüne Farbe an. Das Eiweiß hingegen wird geleeartig und nimmt die Farbe von Coca Cola an.
Verwendung und Rezeptideen
Tausendjährige Eier werden in chinesischen Kulturkreisen als beliebter Snack oder Bestandteil des Frühstücks genossen. Sie werden oft kalt in Viertel geschnitten und gemeinsam mit Seidentofu, Sojasoße, schwarzem oder Reisessig, Koriander, Ingwer und Frühlingszwiebeln serviert. Eine weitere Möglichkeit ist die Zubereitung von Reiscongee, einem Brei aus Reis, magerem Schweinefleisch, frischem Ingwer und klein geschnittenem Tausendjährigen Ei.
Experimentierfreude erlaubt
Yuhang Wu empfiehlt, zuerst die klassischen chinesischen Rezepte auszuprobieren, bevor man sich an westliche Kombinationen wagt. Dennoch kann man mit der cremigen Konsistenz und dem besonderen Geschmack der Tausendjährigen Eier auch experimentieren. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Kombination aus Obatzda oder Heringssalat?
Ein Fazit für Neugierige
Für all diejenigen, die neugierig sind und die Tausendjährigen Eier probieren möchten, bietet sich eine klassische chinesische Creme an. Dafür werden geröstete grüne Chilis, gedämpfte Auberginen, Tausendjährige Eier, Knoblauch, Essig, Sojasauce, Austernsauce und Sesamöl zu einer cremigen Konsistenz verarbeitet. Das Wichtigste bei der Zubereitung ist jedoch, alle Erwartungen und Ängste abzulegen und sich auf ein kulinarisches Abenteuer einzulassen.