Pulsatilla, bekannt als die Küchenschelle, ist ein häufig verwendetes Mittel in der Tierheilpraxis. Es spielt eine wichtige Rolle bei akuten und chronischen Fällen und ist aus der täglichen Praxis nicht wegzudenken.
Wie erkennt man Pulsatilla?
Typisch für Pulsatilla sind abwechselnde und widersprüchliche Zustände, die das gesamte Mittelbild prägen. Zum Beispiel tritt Durstlosigkeit in Situationen auf, in denen Durst zu erwarten wäre, zum Beispiel bei Fieber. Pulsatilla kann auch extrem kälteempfindlich sein und friert sogar in einem warmen Zimmer, verträgt aber keine Hitze. Alles verbessert sich an der frischen Luft, aber zu viel Wind wird nicht vertragen. Pulsatilla hat einen guten Appetit, ist aber dennoch wählerisch. Wie man sieht, ist Pulsatilla ziemlich kompliziert!
Der Gemütszustand von Pulsatilla-Tieren ist in der Regel freundlich, anhänglich und liebevoll – manchmal sogar aufdringlich. Pulsatilla kann nicht alleine sein und hängt immer an seinem Besitzer oder der Herde. Sie erfordert dringend Aufmerksamkeit und verlangt hartnäckig danach, auch mit viel Gejammer. Pulsatilla-Tiere können auch eifersüchtig reagieren, aber niemals aggressiv. Stattdessen wollen sie im Mittelpunkt stehen und werden depressiv, wenn sie nicht genügend Aufmerksamkeit bekommen. Pulsatilla verfolgt oft seine Bezugsperson auf Schritt und Tritt, da es einfach nur in der Nähe seiner geliebten Person sein will.
Trotzdem kann Pulsatilla auch ein “Jedermannstier” sein, der nicht stark an seine Bezugsperson gebunden ist. Die Hauptsache ist, dass es ausgiebig gepflegt wird. Wenn es sich vernachlässigt fühlt, zeigt es dies durch viel Gejammer und Weinen. Pulsatilla-Tiere sind oft sehr sensibel.
Häufige körperliche Symptome von Pulsatilla
Pulsatilla hat ein breites Spektrum an körperlichen Symptomen, die in der Regel mit den typischen Gemütssymptomen einhergehen.
- Hormonsystem und Sexualorgane:
- Vaginitis bei jungen Hündinnen mit weiß-gelblichem, cremigem Ausfluss
- Scheinträchtigkeit mit starkem Nestbautrieb und Unruhe
- gutartige Mammatumore
- Zyklusstörungen und verzögerte Geschlechtsreife
- Wehenschwäche
- Pyometra (meist geschlossen)
- Prostatitis, Orchitis und Vorhautkatarrh beim Rüden
- Präputialschwellung nach der Kastration beim Hengst
- Ohren:
- Akute Gehörgangsentzündung mit gelblichem oder gelblich-grünem Eiter
- Augen:
- Konjunktivitis mit gelblicher, milder Absonderung
- Verklebte Lider morgens durch reichliche Absonderung
- Tränenfluss im Wind
- Bewegungsapparat:
- Häufiges Mittel für wechselnde Lahmheiten
- Besserung durch Kälteanwendungen
- Fohlenlähme, Bursitis, Arthrose und Arthritis
- Fühlige Hufe beim Pferd, Huflederhautreizung und -entzündung
- Verdauungsapparat:
- Trockenes Maul mit wenig Durst
- Verdauungsstörungen durch verschiedene Faktoren
- Durchfall in verschiedenen Formen und Ursachen
- Häufiges Mittel für Kolik beim Pferd
Ein Fall aus der Praxis
Vor kurzem kam ein Tierhalter mit seiner jungen Labradorhündin (5 Monate) in meine Praxis. Die Hündin war sehr nett im Umgang, freundlich und zeigte eine starke Anhänglichkeit zu ihrem Besitzer. Bei der Untersuchung wirkte sie körperlich kompakt und hübsch. Der Grund des Besuchs war eine Vaginitis, die vor der ersten Läufigkeit auftrat. Der Ausfluss war gelblich, dick und nicht wundmachend.
Dieses Fallbeispiel zeigt ein absolut typisches Pulsatilla-Bild! Die Beschwerden waren akut, aber es zeigte sich auch das konstitutionelle Pulsatillabild. Nach einer einmaligen Gabe von Pulsatilla C200 war die Entzündung nach 3 Tagen abgeklungen.
Pulsatilla ist eines der wenigen Mittel, das uns als Einzelmittel zur Verfügung steht.
Die Bedeutung des Konstitutionstyps
Die Grundkonstitution eines Tieres wird genetisch geprägt, aber verschiedene Lebensereignisse können dazu führen, dass ein ganz anderes homöopathisches Mittelbild zum Vorschein kommt. Der Begriff “Konstitutionstyp” führt oft zu Schubladendenken, daher ist es besser von “chronischen” und “akuten” Mittelbildern zu sprechen.
Jedes homöopathische Mittelbild hat spezifische geistige und körperliche Symptome. Es kann vorkommen, dass ein Tier trotz des gleichen liebevollen Wesens und des “typischen” Erscheinungsbildes im Laufe seines Lebens und bei chronischen Krankheiten ein ganz anderes Heilmittel benötigt. Daher ist es wichtig, immer die Gesamtheit der Symptome zu betrachten, um das passende Mittel zu finden.
Das Pflanzenportrait von Pulsatilla
Pulsatilla pratensis, auch bekannt als Küchenschelle oder Kuhschelle, gehört zur Familie der Hahnenfußgewächse. Sie wächst fast immer in kleinen Gruppen und passt sich verschiedenen Bodenbedingungen an, sowohl kalkhaltig als auch kalkarm. Die Blütenfarbe variiert von Hellrosa bis Violett.
Homöopathische Mittel aus dem Pflanzenreich gelten als verletzlich und emotional, aber auch anpassungsfähig und wandelbar. Sie passen sich oft ihrer Umgebung an und lieben es, anderen zu gefallen. Pflanzliche Mittel eignen sich weniger zur Behandlung schwerwiegender Pathologien als mineralische Mittel.
Quelle: “Praxisleitfaden Tierhomöopathie” von Christiane Krüger