Das kontroverse Thema des Schächtens sorgt immer wieder für hitzige Debatten. Kritiker behaupten, diese religiöse Schlachtmethode sei grausam. Doch der Tierethiker Michael Rosenberger argumentiert, dass auch konventionelle Schlachtungen ethische Fragen aufwerfen und plädiert für einen behutsameren Umgang mit Tieren.
Konzept des Schächtens
Beim Schächten, einer Praxis, die sowohl in der jüdischen Tradition als auch im Islam verankert ist, wird dem Tier als von Gott geliebtem Geschöpf und individuellem Wesen Respekt entgegengebracht. Die Tiere werden artgerecht aufgezogen, ohne Massentierhaltung. Im Idealfall haben sie die Möglichkeit, vor der Schlachtung in Ruhe zu fressen und zu trinken sowie friedlichen Kontakt zu Menschen aufzunehmen. Unter diesen Gesichtspunkten könnte man sogar argumentieren, dass Schächtungen humane Tötungsmethoden sind.
Wer spürt Schmerz wie?
Eine vorherige Betäubung würde das Leiden der Tiere verringern, jedoch würde das Fleisch dann nicht mehr als koscher gelten. Beim Schächten werden Halsschlagader, Speiseröhre, Luftröhre und Halsvenen mit einem einzigen schnellen Schnitt durchtrennt. Laut Rosenberger verliert das Tier innerhalb von Sekunden das Bewusstsein und verspürt keinen Schmerz. Er vergleicht dies mit der Erfahrung, wenn man sich in den Finger schneidet: Der Schmerz tritt erst nach einigen Sekunden ein, zu diesem Zeitpunkt ist das Tier jedoch bereits bewusstlos.
Amtsarzt: Schächtungen leidvoller
Amtstierarzt Herbert Haupt von der Bezirkshauptmannschaft Hartberg in der Steiermark widerspricht Rosenberger. Er betont die Schmerzempfindlichkeit des Halses aufgrund der vielen sensiblen Nerven. Haupt hat festgestellt, dass der Bewusstseinsverlust bei Schächtungen nicht sofort eintritt. Laut dem Tierschutzgesetz von 2004 müssen geschächtete Tiere unmittelbar nach dem Schnitt betäubt werden (mit Bolzenschuss oder Elektroschock).
Verantwortungsvoller Umgang
Um das Leiden von Tieren insgesamt zu minimieren, plädiert Rosenberger für strengere gesetzliche Vorgaben, Kontrollen und mehr Personal in allen Bereichen der Tierhaltung und Fleischproduktion. Er befürwortet eine regionalere, kleiner angelegte Viehwirtschaft, die sich positiv auf das Klima und die Artenvielfalt auswirken würde. Eine generelle Reduktion des Fleischkonsums wäre aus gesundheitlichen Gründen ebenfalls empfehlenswert.
Insgesamt sollte die Diskussion um das Schächten und die Tierethik mit mehr Verständnis und gegenseitigem Respekt geführt werden.
Dieser Artikel basiert auf einer Übersetzung des Originalartikels von Nina Goldmann, religion.ORF.at.