Die Scheidung einreichen oder sich scheiden lassen – Begriffe, die uns allen geläufig sind. Aber wer noch nie ein solches Verfahren durchlaufen hat, hat oft keine Vorstellung davon, was dabei genau auf einen zukommt. Die Unsicherheit, die damit einhergeht, kann zusätzlich zum ohnehin stressigen Ende einer Ehe eine Belastung darstellen.
Wir möchten daher die Voraussetzungen einer Scheidung erläutern, die ersten Schritte erklären und Ihnen einen Überblick über den Ablauf eines Scheidungsverfahrens geben.
1. Ab wann kann man die Scheidung einreichen?
Laut Gesetz kann eine Ehe geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Aber was bedeutet das genau? Das Gesetz definiert das Scheitern der Ehe anhand des sogenannten “Zerrüttungsprinzips”. Das heißt, eine Ehe gilt als gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehepartner nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass sie wiederhergestellt wird. Dabei ist es egal, aus welchem Grund es zu dieser Situation gekommen ist oder wer dafür verantwortlich ist. In der Theorie klingt das klar und eindeutig, aber in der Praxis gestaltet sich diese Feststellung oft schwierig.
Um das Scheitern der Ehe nachzuweisen, wird das Trennungsjahr als Maßstab herangezogen. Das Trennungsjahr beginnt, sobald einer der Ehepartner aus der gemeinsamen Wohnung auszieht. Wenn beide weiterhin in der Wohnung leben, ist eine Trennung der Lebensbereiche erforderlich – im Volksmund auch als “Trennung von Tisch und Bett” bekannt. Es darf also keine gemeinsame Lebensführung mehr stattfinden.
Nachdem das Trennungsjahr erfüllt wurde und beide Seiten auch Einigkeit über die Scheidung erzielt haben, nimmt der Richter das Scheitern der Ehe an.
Es gibt jedoch oft Uneinigkeit zwischen den Ehepartnern in Scheidungsangelegenheiten. Wenn also nur einer der Beteiligten die Scheidung wünscht und der andere dem Antrag nicht zustimmt, muss dem Richter zusätzlich zum Trennungsjahr das Scheitern der Ehe glaubhaft gemacht werden.
Diese Pflicht entfällt, wenn die Ehepartner bereits seit drei Jahren voneinander getrennt leben. In diesem Fall wird das Scheitern der Ehe automatisch und unwiderlegbar vermutet, unabhängig davon, ob einer der Partner noch an der Ehe festhalten möchte oder nicht.
Eine Scheidung ohne Trennungsfrist, auch bekannt als “Blitzscheidung”, ist nur in sehr seltenen Ausnahmefällen möglich. Hier müssen ernsthafte Gründe vorliegen, die in der Person des anderen Ehepartners liegen und ein Festhalten an der Ehe als unzumutbar erscheinen lassen.
2. Wo kann man die Scheidung einreichen?
Grundsätzlich ist das Familiengericht für Ehescheidungen zuständig. Welches Familiengericht örtlich zuständig ist, hängt vom letzten gemeinsamen Wohnort bei kinderlosen Ehepartnern ab. Wenn die Beteiligten mittlerweile an verschiedenen Orten leben, hängt die Zuständigkeit vom Wohnort des Antragsgegners ab, also der Person, die den Antrag nicht stellt.
Wenn es Kinder gibt, ist der Wohnort der Kinder entscheidend dafür, an welches Gericht man sich wenden muss. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die meist schutzbedürftigen Minderjährigen nicht dem zusätzlichen Stress ausgesetzt werden, möglicherweise zu einem anderen Gericht fahren zu müssen.
Es ist auch wichtig zu beachten, dass man sich in einem Scheidungsverfahren rechtlich vertreten lassen muss.
3. Welche Voraussetzungen sind für eine Scheidung erforderlich?
Das Scheidungsverfahren beginnt mit dem Scheidungsantrag, den der Familienanwalt beim zuständigen Gericht stellt. Das Gericht wird jedoch erst aktiv, wenn die erforderlichen Gerichtskosten bezahlt wurden, daher muss der Antragsteller diese zunächst vorschießen.
Welche Unterlagen für die Scheidung erforderlich sind, teilt Ihnen Ihr Anwalt im Einzelfall mit. In der Regel gehören dazu das Familienstammbuch und Einkommensnachweise.
4. Wer kann die Scheidung einreichen?
Grundsätzlich kann jeder der beiden Ehepartner die Scheidung beantragen. Derjenige, der den Antrag stellt, muss jedoch zunächst die Gerichtsgebühren bezahlen. Am Ende des Verfahrens muss der Antragsgegner dem Antragsteller die Hälfte dieser Kosten erstatten, sodass keiner der Beteiligten bevorzugt oder benachteiligt wird.
5. Was passiert, nachdem die Scheidung eingereicht wurde?
Nachdem die Scheidung beantragt und der Gerichtskostenvorschuss gezahlt wurde, wird dem Antragsgegner der Scheidungsantrag durch das Gericht zugestellt. Das Gericht sendet den Beteiligten auch Fragebögen zum Versorgungsausgleich zu, der gleichzeitig mit der Scheidung geregelt wird. Dabei werden die während der Ehe erworbenen Rentenansprüche ausgeglichen und dem jeweils anderen gutgeschrieben.
Normalerweise führt das Gericht den Versorgungsausgleich automatisch durch. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn die Ehe weniger als drei Jahre gedauert hat. In diesem Fall wird der Versorgungsausgleich nur auf besonderen Antrag hin durchgeführt. Der Versorgungsausgleich kann auch durch einen notariellen Vertrag im Voraus ausgeschlossen werden. In besonderen Härtefällen kann von einer Durchführung des Versorgungsausgleichs abgesehen werden. Sobald dem Gericht die erforderlichen Daten vorliegen, beginnt es auf dieser Grundlage mit der Berechnung der Renten, was unter Umständen einige Monate dauern kann.
Darüber hinaus können auch weitere sogenannte Scheidungsfolgesachen in das Verfahren eingebracht werden. Dazu gehören der Ehegattenunterhalt, der Kindesunterhalt und das Sorgerecht bei Kindern, der Zugewinnausgleich, die eheliche Wohnung und der Hausrat. Ob über diese Punkte entschieden wird, hängt davon ab, ob die Beteiligten dies wünschen und ob Einvernehmen herrscht.
Im nächsten Schritt wird ein gerichtlicher Scheidungstermin angesetzt, zu dem beide Beteiligten persönlich erscheinen müssen, um vom Richter noch einmal angehört zu werden. Dieser Termin dauert in der Regel nur wenige Minuten im Gegensatz zum vorangegangenen Verfahren. Der Termin endet mit dem Scheidungsbeschluss, der die Scheidung der Ehe feststellt.
Das war unser Überblick über den Ablauf einer Scheidung und die wichtigsten Fakten rund um das Thema. Wenn du noch mehr Fragen hast, schau dir unser Video an, in dem wir die häufigsten Fragen beantworten.