Schichtarbeit: Definition und Gesetze gemäß Arbeitsrecht

Schichtarbeit: Definition und Gesetze gemäß Arbeitsrecht

“Ich bin morgens immer müde, aber abends werd’ ich wach” – dieser bekannte deutsche Song bezieht sich vor allem auf das Partyleben, kann aber auch 1:1 auf die Schichtarbeit übertragen werden. Für viele Deutsche heißt es nämlich abwechselnd Früh-, Spät- und Nachtdienste zu übernehmen.

Laut einer Erhebung des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg aus dem März 2017 ergibt sich, dass 14 Prozent der Berliner und 16 Prozent der Brandenburger nachts zwischen 23 und 6 Uhr arbeiten gehen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Umgerechnet sind dies rund 235.500 Berliner und 193.800 Brandenburger.

Noch zwei Jahre zuvor waren es in Berlin rund 8.000 Schichtarbeiter weniger. Aber welche Besonderheiten sind für die Schichtarbeit laut Arbeitsrecht vorgesehen? Welche Arbeitszeitmodelle für Schichtarbeit existieren? Ist der Schichtdienst gesundheitsschädigend? Mehr dazu lesen Sie im folgenden Ratgeber.

Definition von Schichtarbeit

Besonders in der heutigen Arbeitswelt ist es wichtig, wenn Arbeitnehmer flexibel einsetzbar sind. Dabei spielen insbesondere wechselnde Arbeitszeiten eine entscheidende Rolle. Viele Unternehmen setzen daher auf die Arbeitsschicht. Aber was ist Schichtarbeit eigentlich?

Generell ist die Schichtarbeit nicht gesetzlich definiert. Wesentlich ist allerdings, dass eine bestimmte Arbeitsaufgabe eines Arbeitnehmers über einen längeren Zeitraum als die wirkliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers anfällt. Daher wird die Arbeit von mehreren Arbeitnehmern in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge abgeleistet.

Der Begriff der “Schichtarbeit” tritt vor allem in der Privatwirtschaft auf. “Schichtdienst” findet eher im öffentlichen Dienst Anwendung. Besonders auf größeren Schiffen wird nicht von einer Schicht sondern von der Wache gesprochen. Ähnliches gilt für die Nachtschicht im Krankenhaus, die traditionell als Nachtwache bezeichnet wird.

Schichtarbeit: Gesetzliche Regelungen gemäß Arbeitsrecht

Welche Arbeitszeiten bei Schichtarbeit eingehalten werden müssen, regelt § 6 Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Auch für Nachtarbeiter gilt, dass eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden nicht überschritten werden darf. Diese kann zwar auf zehn Stunden verlängert werden, allerdings nur, wenn durchschnittlich innerhalb eines Monats nicht mehr als acht Stunden täglich gearbeitet werden.

Grundsätzlich sollten Arbeitnehmer, die in Schichtarbeit beschäftigt sind, sich vor Beginn der Beschäftigung sowie in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres kann die Untersuchung jedes Jahr durchgeführt werden.

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Sollte nach der Untersuchung festgestellt werden, dass der Arbeitnehmer die nächtliche Tätigkeit nicht mehr ausüben kann, da seine Gesundheit dadurch gefährdet ist, sieht das Arbeitszeitgesetz für die Schichtarbeit vor, dass der Arbeitgeber ihm einen geeigneten Tagesarbeitsplatz zur Verfügung stellen muss.

Schichtarbeit: Welche Modelle gibt es?

Grundsätzlich gibt es verschiedene Modelle, die in der Schichtarbeit Anwendung finden. In der Industrie werden vor allem folgende Systeme genutzt:

  • Zweischichtbetrieb
  • Dreischichtbetrieb
  • Vier- oder Fünfschichtbetrieb

Durch den Zweischichtbetrieb arbeiten Beschäftigte in zwei Schichtdiensten jeweils acht Stunden pro Tag. Somit wird eine Kapazität von 16 Stunden pro Tag erfüllt. Dies ist beispielsweise im Einzelhandel bei Vollzeitkräften üblich.

Die 3-Schicht-Arbeit ermöglicht einen Betrieb über die gesamte Woche verteilt. Die Arbeitnehmer sind meistens in Früh-, Spät- und Nachtschicht eingeteilt und decken somit 24 Stunden am Tag die anfallenden Arbeiten im Unternehmen ab. Gleiches gilt auch für den Vier- oder Fünfschichtbetrieb.

Die vollkontinuierliche Schichtarbeit ermöglicht ein Arbeiten an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr. Dabei gibt es eine Früh-, eine Spät- und eine Nachtschicht. Folgendermaßen kann das Schichtmodell aussehen:

Besonders in Produktionsunternehmen findet das teilkontinuierliche Schichtmodell mit freiem Wochenende Anwendung. Dabei sind 15 Schichten auf Montag bis Freitag verteilt. Sofern keine Überstunden anfallen, bleibt das Wochenende frei.

Keine freien Wochenenden gibt es bei der teilkontinuierlichen Schichtarbeit ohne Nachtschicht. Dieses eignet sich vor allem für sechs bis sieben Arbeitstage pro Woche. Vor allem Verleihstationen von Mietwagen sowie Geschäfte an Flughäfen oder Bahnhöfen greifen auf dieses Modell zurück. Dabei gibt es keine Nacht- dafür aber eine zusätzliche Tagschicht.

Zur Arbeitsübergabe werden oftmals überlappende Zeiten zur Arbeitsübergabe eingeplant. Welche Regelungen zur Schichtarbeit gemäß Arbeitsrecht für den Schichtwechsel gelten, wird in der Regel im Arbeits- oder Tarifvertrag festgehalten.

Üblich bei der Schichtarbeit ist in der Regel die sogenannte Wechselschicht. Die Mitarbeiter wechseln turnusmäßig die Schichten, sodass alle Arbeitnehmer gleichermaßen belastet werden und eine bestimmte Gruppe nicht durchgängig Nachtschichten ableisten muss. So soll vor allem die Freizeit ausgeglichen werden.

Arbeiten am Wochenende und an Feiertagen: Gibt es einen Zuschlag?

Im Arbeitsrecht spielt die Arbeitszeit bei Schichtarbeit eine entscheidende Rolle. Arbeitnehmer, die in einer bestimmten Schicht ihre Arbeit verrichten, müssen oftmals nachts oder am Wochenende und an Feiertagen arbeiten, wenn andere Beschäftigte frei haben.

§ 10 ArbZG sieht dafür allerdings Ausnahmen vor. Darunter fallen u. a. auch die Schichtarbeiter. Im entsprechenden Tarifvertrag kann auf für Nachtarbeiter ein Zuschlag festgelegt werden. Folgende prozentuale Zuschläge sind steuerfrei:

  • Nachtarbeit: 20 bis 6 Uhr (25 %)
  • Sonntagsarbeit: 0 bis 24 Uhr (50%)
  • Feiertagsarbeit (125 %)
  • besondere Feiertagsarbeit: Heiligabend ab 14 Uhr, Weihnachtsfeiertage und Maifeiertag (150 %)
  • Nachtarbeit: 0 bis 4 Uhr (40 %)
  • Sonntagsarbeit (vorheriger Tag ein Sonntag): 0 bis 4 Uhr (50 %)
  • Feiertagsarbeit (vorheriger Tag ein Feiertag): 0 bis 4 Uhr (125 %)
  • Feiertagsarbeit (vorheriger Tag ein besonderer Feiertag): 0 bis 4 Uhr (150 %)
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Pausen bei Schichtarbeit: Gibt es Besonderheiten?

Grundsätzlich gelten für Pausen in der Schichtarbeit die gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie für andere Arbeiten. Eine 30-minütige Pause ist dementsprechend nach spätestens sechs Arbeitsstunden vorgeschrieben. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Pause nicht zu weit am Anfang oder am Ende der Schicht liegt.

Um eine Mahlzeit einzunehmen, sollte die Pause allerdings lang genug sein, damit der Beschäftigte nicht hastig essen muss. Besonders für das Einnehmen der Mahlzeiten gibt es tarifliche Regelungen, da diese im Schichtsystem vom Biorhythmus meistens abweichen. Arbeitet der Schichtarbeiter mehr als neun Stunden am Tag, muss die Pause insgesamt 45 Minuten betragen.

Vor- und Nachteile der Schichtarbeit aus Arbeitgebersicht

Grundsätzlich ergeben sich bei der Schichtarbeit Vor- und Nachteile für Arbeitgeber. Als Vorteil kann vor allem gesehen werden, dass durch die Schichtarbeit die Zeiten im Betrieb ausgedehnt werden können. Arbeitgeber haben so die Möglichkeit, die Mitarbeiter arbeitseffizient einzusetzen.

Im Callcenter beispielsweise bietet sich dadurch eine bessere Erreichbarkeit. So kann beispielsweise ein Rund-um-die-Uhr-Service angeboten werden. In einem Produktionsunternehmen ergeben sich durch die Schichtarbeit geringere Stückkosten, da die Maschinen intensiv ausgenutzt werden können. Außerdem bieten die Schichten eine hohe Flexibilität bei einer schwankenden Auftragslage.

Ein teilkontinuierlicher oder vollkontinuierlicher Schichtbetrieb bedeutet für den Arbeitgeber allerdings auch höhere Kosten aufgrund der finanziellen Zuschläge bei Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit. Durch die hohe gesundheitliche Belastung der Beschäftigten treten vermehrt Krankheitstage auf.

Außerdem ergibt sich meistens eine geringere Attraktivität der Arbeit als bei reiner Tagesarbeit. Die Arbeitsvorbereitung sorgt zudem für einen steigenden Koordinationsaufwand. Wichtig ist dabei, dass nur größere Gruppen Krankheit und Urlaub von Mitarbeitern ausgleichen können. Bei kleineren Gruppen ist ein guter Schichtplan fast nicht möglich.

Dennoch ist es für viele Branchen und Unternehmen notwendig, die Schichtarbeit im Unternehmen einzuführen, um der wirtschaftlichen Nachfrage gerecht zu werden. Meistens müssen dazu die Nachteile in Kauf genommen werden.

Vor- und Nachteile der Schichtarbeit aus Arbeitnehmersicht

Aber nicht nur auf Arbeitgebersicht sondern auch für Beschäftigte ergeben sich bei der Schichtarbeit Vor- und Nachteile. Arbeitnehmer haben vor allem den Vorteil, dass Sie frei haben, während andere Beschäftigte arbeiten müssen. Besonders freie Tage unter der Woche sorgen dafür, dass Behördengänge oder Einkäufe entspannt erledigt werden können.

Allerdings ergeben sich nicht nur Vorteile bei der Schichtarbeit. Die Gesundheit ist u. a. gefährdet, da der Lebensrhythmus durch die Schichten durcheinander kommt. Durch dauerhafte und regelmäßige Schichtarbeit ist das Krankheitsrisiko gesteigert. Die Folgen von der Schichtarbeit sind dann beispielsweise Übergewicht, Diabetes, Magen-Darm-Beschwerden sowie Herz-Kreislauferkrankungen.

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Zudem kann die Schichtarbeit zu Schlafstörungen führen. Besonders Nachtarbeiter haben es schwer, tagsüber nach der Schicht in einen erholsamen Schlaf zu fallen. Auch die Teilnahme am Familienleben sowie Freizeitaktivitäten und Treffen mit Freunden lassen sich oftmals nicht mit den Schichten vereinbaren. Viele Arbeitnehmer wollen daher keine Schichtarbeit mehr ausüben.

Schichtarbeit: Tipps zum Schlafen am Tag und Arbeiten bei Nacht

Der Schichtdienst sorgt bei den meisten Arbeitnehmern für Schlafstörungen. Tagsüber zu schlafen und nachts zu arbeiten, bringt den Biorhythmus durcheinander und führt früher oder später zu Erkrankungen. Daher landen Beschäftigte im Schichtdienst häufig im Krankenhaus.

Durch die Helligkeit, die Lautstärke und die Wärme im Sommer ist der Schlaf meistens nicht erholsam. Daher gibt es tagsüber auch weniger Tiefschlaf- und Traumphasen. Wichtig ist deswegen, dass Beschäftigte im Nachtdienst das Telefon und die Türklingel ausschalten. Im Schlafzimmer sollten Betroffene gut lüften und es anschließend abdunkeln.

Schlafstörende Medikamente und Alkohol sollten Schichtarbeiter vermeiden. In den letzten vier Stunden vor dem Schlafengehen sollten Betroffene auch auf koffeinhaltige Getränke verzichten. Feste Rituale wie ein heißes Bad oder das Schauen einer speziellen Serie können dem Körper signalisieren, dass es Zeit fürs Bett ist.

FAQ: Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Schichtarbeit

Gibt es für Schichtarbeit eine Altersgrenze?

Besonders im Alter kann die Schichtarbeit für Arbeitnehmer eine große Belastung darstellen. Arbeitnehmern über 50 Jahren wird daher empfohlen, jährlich eine arbeitsmedizinische Untersuchung durchführen zu lassen. Die Untersuchungen kann der Betriebsarzt durchführen.

Grundsätzlich gibt es allerdings keine Altersgrenze für die Schichtarbeit. Sind Sie über 50 Jahre alt und gesundheitlich spricht nichts dagegen, dass Sie im Schichtsystem arbeiten, können Sie dies mit der Einwilligung des Arbeitgebers tun.

Wie ernähren Sie sich bei Schichtarbeit?

Bei der Ernährung im Schichtdienst spielt die Gesundheit der Beschäftigten eine wichtige Rolle. Schichtarbeiter haben einen anderen Tagesrhythmus und müssen daher auch zu anderen Zeiten essen. In der Wachphase sollten drei bis fünf kleinere Mahlzeiten eingenommen werden.

In der Frühschicht bietet sich am Vormittag eine Zwischenmahlzeit an. Mittags sollten Beschäftigte eine warme Hauptmahlzeit zu sich nehmen. Besonders die Nachtschicht stellt eine große Herausforderung für den Biorhythmus dar. Sie dauert meistens von 20 oder 22 Uhr bis in die Morgenstunden.

Vor Arbeitsbeginn sollten Arbeitnehmer in Schichtarbeit eine leichte Mahlzeit einnehmen. Gegen Mitternacht können sie dann eine Hauptmahlzeit einnehmen. Eine weitere Mahlzeit sollte gegen 4 Uhr morgens folgen. Wichtig ist dabei, dass die Mahlzeiten leicht verdaulich und fettarm sind.

Wegen der Zeitumstellung ist der Körper nämlich belastet, wodurch Magen-Darm-Erkrankungen auftreten können. Wegen der Umstellung verlieren Beschäftigte zudem schnell den Überblick und nehmen zu vielen Kalorien zu sich. Dies kann zu Übergewicht oder Diabetes führen.

Was gilt laut Arbeitsrecht für Mütter im Schichtdienst?

In Schichten zu arbeiten ist besonders für Familien eine große Herausforderung. Aber auch hier sieht das Arbeitsrecht für die Schichtarbeit auch an Feiertagen eine entsprechende Lösung. Lebt im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren, welches nicht von einer anderen Person betreut werden kann, muss der Arbeitgeber dies ebenfalls berücksichtigen und einen Tagesarbeitsplatz anbieten.