Schloss Neuschwanstein: Ein Symbol des deutschen Idealismus

Schloss Neuschwanstein: Ein Symbol des deutschen Idealismus

Schloss Neuschwanstein, erbaut von König Ludwig II. von Bayern seit 1869, ist ein Denkmal für die Kultur und das Königtum des Mittelalters, das er verehrte und nachempfinden wollte. Es wurde in mittelalterlichen Formen, aber mit damals modernster Technik, errichtet und ist das bekannteste Bauwerk des Historismus und der Inbegriff des deutschen Idealismus.

Prägung und Vorbilder

Ludwigs Vater, Maximilian II., hatte das nahegelegene Schloss Hohenschwangau, den Sitz der Herren von Schwangau im Mittelalter, ab dem Jahr 1832 im neugotischen Stil ausstatten lassen. Hier entwickelte Ludwig, der 1845 geboren wurde, seine Begeisterung für das Mittelalter. Er lernte Sagen und Geschichte durch Wandbilder und eifrige Lektüre kennen.

Die Begegnung mit den Musikdramen Richard Wagners seit 1861 prägte ihn maßgeblich. Diese Dramen vermischten mittelalterliche Sagen mit beeindruckender Musik. Ludwig erlebte zunächst “Lohengrin” und “Tannhäuser”. Später folgten “Tristan und Isolde”, der “Ring des Nibelungen” und Wagners Umsetzung der Sage vom Gralskönig Parzival (“Parsifal”), mit dem sich Ludwig II. in seinen letzten Jahren identifizierte und den auch Wagner mit ihm in Verbindung brachte.

Ein weiteres prägendes Vorbild war die berühmte deutsche Burg Wartburg, die 1867 gerade neu ausgestattet und renoviert worden war. Das Bauen in historischen Formen bedeutete im 19. Jahrhundert, die alten Stile zu “vollenden”, und zwar auch mithilfe moderner Technik und der Geschichtswissenschaften. Ludwig II. glaubte als ausgeprägter Idealist an eine solche Vollendung wie kein anderer in seiner Zeit.

Baugeschichte

Ludwig II. wurde 1864 zum König gekrönt. Bereits zwei Jahre später musste er erleben, wie Preußen sein Land eroberte und unter seine Kontrolle brachte. Als nicht mehr souveräner Monarch konnte er sich nicht mit der Existenz eines konstitutionellen Königsreichs abfinden. Also schuf er sich eine Gegenwelt, in der er wie ein König des Mittelalters oder des barocken Absolutismus leben konnte. Dies bildet den Kern seiner Schlösser.

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Auf einem Höhenrücken, in grandioser Lage hoch über der Pöllatschlucht vor den Bergen, ließ Ludwig II. seine “Neue Burg” über den Überresten einer kleinen mittelalterlichen Burg errichten, die er seit seiner Kindheit kannte (früher bekannt als “Vorderhohenschwangau”). Nachdem Ludwig II. 1867 die Wartburg besuchte, ließ er seinen Architekten Zeichnungen der Ornamente anfertigen. Die Idealentwürfe wurden von einem Theatermaler der Münchener Hofoper geschaffen, der Motive der Wartburg sowie aus Bühnenbildern von “Lohengrin” und “Tannhäuser” einbezog. 1868 schrieb Ludwig II. an Richard Wagner und erwähnte, dass seine “Neue Burg” “Reminiszenzen” an dessen Werke aufweisen würde.

Der Bau begann im September 1869, der Torbau wurde 1873 fertiggestellt. Ludwig II. lebte in seiner “Neuen Burg” und sah sie nie ohne Gerüste. Im Jahr 1884 wurden seine Wohnräume im Palas beziehbar. Der südliche Bauteil, die “Kemenate”, wurde erst 1891 vereinfacht fertiggestellt, der Bergfried mit Kapelle wurde nie errichtet.

Räume und Ideale

Die Haupträume von Neuschwanstein sind größtenteils mit szenischen Wandbildern der germanischen und nordischen Sagen ausgestattet, die auch von Richard Wagner interpretiert wurden. Das Programm wurde vom Kunst- und Literaturhistoriker Hyazinth Holland entworfen.

Von Anfang an wollte Ludwig II. den “Sängersaal” der Wartburg, viel größer und prächtiger als dort, als Denkmal für die ritterliche Kultur des Mittelalters in seiner “Neuen Burg” einrichten. Daraus wurde eine Kombination aus den Motiven zweier Wartburgsäle, dem “Sängersaal” und dem “Festsaal”, die jedoch nicht für Aufführungen oder Feste vorgesehen waren.

Der andere bedeutende Raum, der Thronsaal, wurde erst ab 1881 hinzugefügt. Mit ihm wollte Ludwig II. in seinen späteren Jahren die sagenhafte Gralshalle, wie sie von mittelalterlichen Dichtern beschrieben wurde, um das christliche Königtum zu verherrlichen, verwirklichen. Die Raumform ist auch auf seine Dynastie bezogen. Das Raumprogramm, das das umfangreichste und komplizierteste des gesamten 19. Jahrhunderts war, wurde vom vielseitig interessierten und belesenen Ludwig II. selbst entworfen. Der Raum musste aus statischen Gründen als leichte Eisenkonstruktion ausgeführt werden und wurde dann mit Gips verkleidet.

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Jeder der nachfolgenden Wohnräume ist einer Sage gewidmet. Ab 1880 wurde ein “Kabinett” zu einer kleinen künstlichen Grotte umgestaltet, als Erinnerung an die “Venusgrotte” in “Tannhäuser”, mit farbiger elektrischer Beleuchtung und einem echten Wasserfall.

“Neuschwanstein”

Trotz hoher Verschuldung wollte Ludwig II. immer weiterbauen. Als die Banken mit Beschlagnahmungen drohten, wurde er entmündigt und in Schloss Berg interniert. Dort fand er am 13. Juni 1886 im Starnberger See den Tod. Seine “Neue Burg”, die von der “Wartburg” zur “Gralsburg” wurde und von keinem Außenstehenden betreten werden durfte, wurde ab dem 1. August 1886 zur Besichtigung freigegeben. Erst nach seinem Tod erhielt sie den Namen “Neuschwanstein” und ist seitdem eines der bekanntesten, meistbesuchten und meistfotografierten Bauwerke der Welt.