Nach einer Rückenoperation ist es wichtig, die Heilung und Narbenbildung ungestört voranzutreiben. In den ersten Tagen nach dem Eingriff stehen die Wundheilung, Schmerzlinderung, Verdauungsregulierung und vorsichtige Mobilisierung im Vordergrund.
Wundheilung und Wundmanagement
Eine Wirbelsäulenoperation kann aufgrund des blutreichen Venengeflechts im Spinalkanal sehr blutig sein. Aus diesem Grund wird oft ein kleiner Schlauch (Redon) in die Wunde gelegt, um das Blut abfließen zu lassen. Der Schlauch wird nach 1-2 Tagen entfernt, was unangenehm sein kann, aber erträglich ist. In den ersten Tagen wird oft empfohlen, flach auf dem Rücken zu liegen, um die Blutung zu komprimieren. Der Verband wird in dieser Zeit weiterhin Blut aufnehmen, aber das ist normal.
ACHTUNG: Wunden, die viel Flüssigkeit absondern (sezernieren), sind anfällig für Infektionen, da Keime und Bakterien von außen in den Rückenmarkkanal eindringen können.
Die Wunde am Rücken oder Hals sollte von Fachleuten bis zur Fäden- oder Klammerentfernung versorgt werden. Duschen ist 10-14 Tage lang nur mit einem wasserfesten Pflaster erlaubt. Nach dem Duschen sollte ein luftdurchlässiges Pflaster angebracht werden, da sich unter den meisten Duschpflastern Sekret ansammeln kann, das ein Nährboden für Bakterien ist. Die Gefahr einer Infektion der Wunde, und möglicherweise auch des Spinalkanals, durch eindringende Bakterien darf nicht unterschätzt werden.
Eine unkomplizierte Narbe ist nach 10-14 Tagen sicher geschlossen und die Fäden können entfernt werden. Die Narbe kann danach noch etwas geschwollen sein, was meist auf den darunterliegenden Bluterguss zurückzuführen ist. Daher sollten Sie sich tagsüber weiterhin 3- bis 4-mal hinlegen und den Rücken schonen.
ACHTUNG: Wenn sich die Haut um die Wunde zunehmend rötet und vermehrt Flüssigkeit (oder sogar Eiter) austritt, müssen Sie sofort einen Arzt aufsuchen. Eine Infektion in diesem Bereich ist eine ernsthafte Komplikation.
Nervenregeneration
Nach der Operation können Gefühlsstörungen oder sogar Lähmungen, die vorher vorhanden waren, noch vorhanden sein, aber möglicherweise in abgeschwächter Form. Dies liegt daran, dass sich der Nerv langsam erholt. Ein Nerv besteht aus vielen einzelnen Nervenfasern und einer Nervenhülle, die die Fasern und Bündel umhüllt, ähnlich einem Telefonkabel. Ein starker Druck oder eine Verletzung können die Nervenfasern teilweise (Stadium 1) oder vollständig (Stadium 2) unterbrechen. In beiden Fällen wachsen die Nervenfasern glücklicherweise innerhalb der Hülle wieder nach, ähnlich den Wurzeln eines Baumes, und zwar mit einer Geschwindigkeit von etwa 5-8 Millimetern pro Woche. Anhand dieser Geschwindigkeit können Sie abschätzen, wann das Gefühl im großen Zeh zurückkehrt, wenn ein Nerv in der Lendenwirbelsäule operativ befreit wurde – erst nach vielen Monaten. Die Nervenregeneration kann bis zu 2 Jahre dauern.
Wenn auch die Hülle des Nervs komplett zerrissen ist (Stadium 3), kann die Regeneration komplett verhindert sein. Auch ein zu langes Abwarten über mehrere Wochen kann die Nervenregeneration in den Stadien 1 und 2 hemmen.
Nervenaktivierung mit elektrischem Strom
Bei einer Elektro-Myo-Stimulation (EMS) werden schwache Stromimpulse von Elektroden, die auf der Haut liegen, verwendet, um den Muskel zu kontrahieren. Dies wird bei Lähmungen oder Teillähmungen eines Muskels eingesetzt, um den Muskel trotz fehlender Nervenversorgung zu trainieren. Obwohl sich der Nerv nach einigen Wochen oft erholt und seine Funktion wiedererlangt, wird der untätige Muskel dünn (atrophiert) und die Verbindungen zwischen Nerv und Muskel (Synapsen) verschwinden. Wenn der Nerv nach einigen Monaten wieder funktionsfähig ist, trifft er auf einen stark abgebauten Muskel, der in Fettzellen umgewandelt wurde. Ein vollständig geheilter Nerv kann dann die Muskelfunktion nicht wiederherstellen, da sich Fettzellen nicht in Muskeln zurückverwandeln. Daher sollte so früh wie möglich mit der täglichen Elektro-Myo-Stimulation (EMS) begonnen werden.
Knochenheilung
Bei Knochenbrüchen der Wirbelkörper dauert es mindestens 8-12 Wochen, bis der Knochen verheilt ist. Bei komplizierten Brüchen mit vielen Bruchstücken oder bei Bewegung und Instabilität im Bruchbereich oder bei schlechter Durchblutung kann dies länger dauern. Auch nach einer Verschraubung und dem Einbringen von Knochenspänen zur Stabilisierung eines Wirbelsegments sollte mit einer längeren Einheilungszeit gerechnet werden.
Wenn bei osteoporotischen Knochenbrüchen Knochenzement in den Wirbelkörper eingebracht wird, kann dieses Segment eigentlich schon nach 15 Minuten belastet werden. Der Knochenzement ist dann fest. Jedoch entscheidet auch hier der Arzt, wann und wie stark Sie das operierte Wirbelsegment belasten dürfen.
Heilung nach Operation einer Spinalkanalstenose
Normalerweise kann die Wirbelsäule nach der Operation einer Spinalkanalstenose bald wieder belastet werden. Dies hängt jedoch davon ab, wie viel Gewebe vom Knochen, den Bändern oder anderen Strukturen entfernt wurde.
Weitere Heilungsvorgänge an der Wirbelsäule
Die Heilung nach Verödung der kleinen Wirbelgelenke schreitet bereits nach wenigen Tagen voran. Wenn die Gelenkschleimhäute der kleinen Wirbelgelenke mit Thermosonden, Radiofrequenz oder anderen endoskopischen Verfahren behandelt oder kleine Knochenvorsprünge an den Dorn- oder Querfortsätzen entfernt werden, sind nach der Wundheilung keine besonderen Maßnahmen erforderlich.
Für weitere Informationen zur Heilung und zum richtigen Verhalten nach einer Rückenoperation sowie Tipps zur Alltagsbewältigung empfehle ich das Buch “Schmerzfrei & aktiv nach der Rücken-OP” von Dr. med. Christoph Schönle.
Informationen zum Buch:
- Titel: Schmerzfrei & aktiv nach der Rücken-OP
- ISBN: 9783432115412
- Autor: Dr. med. Christoph Schönle
- Seitenzahl: 160
- Preis: 19,99 €