Bei Überschuldung stellt sich die Frage, ob eine Privatinsolvenz die richtige Lösung ist. Allerdings sind die Konsequenzen eines solchen Schrittes oft schwerwiegend. Könnte ein Schuldenvergleich eine Alternative sein?
Privatinsolvenz – Ein drastischer Eingriff
Bei einer Privatinsolvenz werden alle Einkommen über dem Selbstbehalt von den Gläubigern gepfändet. Schuldner müssen mindestens 3 Jahre durchhalten, um wieder schuldenfrei zu werden.
Aktuell gelten folgende Pfändungsfreibeträge (2022):
- Ledige ohne Unterhaltspflicht haben einen Freibetrag von 1.339,99 Euro.
- Schuldner mit Unterhaltsverpflichtungen dürfen bis zu 1.839,99 Euro Nettoeinkommen behalten.
- Bei Unterhaltspflicht für zwei Personen liegt die Grenze bei 2.109,99 Euro.
Außergerichtlicher Schuldenvergleich
Eine mögliche Alternative ist der Schuldenvergleich. Dabei handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen Gläubigern und Schuldnern, bei der beide Seiten Zugeständnisse machen. Überschuldete können den Gläubigern in der Regel einen Vergleich vorschlagen, allerdings steht es den Gläubigern frei, in die Verhandlungen einzusteigen.
In einem individuellen Vertrag werden, wenn sich Schuldner und Gläubiger einigen können, vertragliche Regelungen getroffen, um die Schulden abzuzahlen.
Abzahlungsplan vereinbaren
Die Gläubiger sind in der Regel daran interessiert, zumindest einen Teil ihres Geldes zurückzubekommen. Deshalb werden sich die meisten Gläubiger auf einen Schuldenvergleich einlassen. In einer Zusammenarbeit vereinbaren beide Seiten einen Abzahlungsplan.
Schuldner tilgen einen Teil der Schulden, und der Gläubiger verzichtet auf einen anderen Teil der Forderung. Die Restschuld wird dem Schuldner erlassen, was vertraglich festgelegt wird. Der Schuldner wird somit von seinen Restschulden befreit, ohne einen Insolvenzantrag stellen zu müssen.
Wichtig: Der Vertrag ist bindend, sodass später erlassene Forderungen aus dem Vergleich nicht erneut geltend gemacht werden können.
Vorteile eines Schuldenvergleichs
Ein Schuldenvergleich hat verschiedene Vorteile. Schuldner müssen kein Insolvenzverfahren durchlaufen, das mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Sie müssen auch nicht drei Jahre am Existenzminimum leben, um schuldenfrei zu werden. Die Kreditwürdigkeit bleibt erhalten.
Langfristig ist es positiv, dass ein Schuldenvergleich nicht in der Schufa vermerkt wird. Da es sich nicht um ein öffentliches Verfahren handelt, wird er auch nicht im Schuldenregister aufgeführt. Im Gegensatz dazu müssen beim Insolvenzverfahren alle Vermögenswerte offengelegt und verwertet werden. Bei einem Schuldenvergleich ist das nicht notwendig.
Vorteile auch für Gläubiger
Auch für Gläubiger ist der Schuldenvergleich vorteilhaft. Sie müssen keine zusätzliche Zeit und finanziellen Mittel aufbringen, um die Schulden einzutreiben.
Durch einen Vergleich erhalten sie zumindest einen Teil ihrer Forderungen zurück, während Gläubiger im Insolvenzverfahren oft hohe Verfahrenskosten haben und leer ausgehen.
Den Gläubiger überzeugen
Es ist wichtig, Gläubiger davon zu überzeugen, dass ein Vergleich vorteilhaft ist. Im Insolvenzverfahren können Gläubiger oft nicht alle Forderungen einziehen und gehen meistens leer aus.
Es macht Sinn, den Gläubigern einen höheren Betrag anzubieten, als sie im Insolvenzverfahren erhalten würden. Der Abzahlungsplan sollte jedoch realistisch sein, damit der Schuldner ihn über Jahre hinweg einhalten kann.
Achtung: Den Abzahlungsplan einhalten
Wenn der Schuldner den Vertrag nicht einhalten kann und die vereinbarten Zahlungen ausbleiben, kann der Gläubiger den Vertrag einseitig kündigen.
Zwangsvollstreckung und unfreiwillige Insolvenz sind dann die Folge. Dies sollte vermieden werden! Eine realistische Einschätzung ist daher wichtig, damit der Schuldenvergleich nicht scheitert.
Immer Hilfe suchen!
Bei Verhandlungen ist es immer sinnvoll, eine dritte Partei hinzuzuziehen. Schuldnerberatungsstellen oder versierte Anwälte, die sich mit Insolvenzrecht und Schuldenregulierung auskennen, können helfen.
Fachleute können bei den Verhandlungen unterstützen und helfen, realistische Tilgungsziele zu vereinbaren. Anwälte können auch bei der Ausgestaltung des Vertrages helfen und als “vertrauenswürdige dritte Partei” das Vertrauen der Gläubiger gewinnen, damit diese sich auf einen Vergleich einlassen.
Schuldnerberatungsstellen führen täglich Verhandlungen und wissen daher genau, worauf es ankommt. Sie wissen auch, wie man Gläubiger überzeugt und welche Ziele realistisch sind.