Schule in der Kaiserzeit: Ein Blick in die Vergangenheit

Schule in der Kaiserzeit

Die Schule vor hundert Jahren war einem enormen Wandel unterzogen, der sich auch in den Inseraten der Zeit widerspiegelte. Mit dem Bevölkerungswachstum im 19. Jahrhundert kam es zu einem Boom im Schulsystem, und die Wirtschaft erkannte das Potenzial dieses neuen Marktes. Die lokale Handwerksindustrie, die bisher den Bedarf an Schulbänken und anderen Materialien deckte, wurde abgelöst von einer wachsenden Lehrmittelindustrie, die ihre Produkte dank neuer Transportmöglichkeiten wie der Eisenbahn nun weitreichend liefern konnte. Die Fortschritte im Bereich der Unterrichtsmaterialien und Lehrmethoden beflügelten diese Entwicklung zusätzlich. Um ihre Produkte bekannt zu machen, nutzte die Industrie vor allem Zeitungsinserate, die uns heute interessante Einblicke in das Schulleben von damals ermöglichen.

Veränderungen im Klassenzimmer

Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden die gemauerten Kachelöfen in den Schulstuben zunehmend durch Eisenöfen ersetzt. In ländlichen Gegenden mit reichlichem Waldbestand blieb jedoch auch noch lange Zeit das Heizen mit Holz üblich. Eine Verfügung aus dem Jahr 1912 verdeutlicht die Gefahren, die mit der Aufbewahrung von Holz im Schulgebäude verbunden waren. Die Schulbehörden baten die Bürgermeister daher darum, diese Praxis zu überprüfen und zu beenden.

Neue Lehrmittel und Lehrerbedarf

Zu jedem Schulofen gehörte ein Ofenschirm, der vor der Strahlungswärme schützte. Die Inserate jener Zeit zeigten auch andere Produkte, die speziell für Lehrer bestimmt waren. Ein Beispiel ist eine Anzeige für Tabak und Pfeifen. Die lange Pfeife mit dem Porzellankopf war ein Statussymbol für Volksschullehrer und ähnlich wie bei Reservisten symbolisierte der Besitz einer solchen Pfeife den erfolgreichen Abschluss der Lehrerprüfung und den Aufstieg zum Lehrer. Obwohl das Rauchen während des Unterrichts bereits 1839 verboten worden war, war der Genuss von Tabak außerhalb der Unterrichtszeit unter den Lehrern weit verbreitet.

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Hygiene im Klassenzimmer

Ein weiteres interessantes Inserat war das Angebot eines Spucknapfes durch die Trierische Lehrmittelanstalt. Dieses Gerät war Teil der Schulzimmerausstattung und fand Erwähnung in der Schul- und Lehrordnung von 1917 für die Volksschulen in Bayern und der Pfalz. Spucknäpfe aus Keramik oder emailliertem Blech wurden mit Sand oder Wasser gefüllt und dienten der hygienischen Entsorgung von überschüssigem Speichel, sowohl für Lehrer als auch für Schüler. Zuvor wurde einfach auf den Boden gespuckt, da man glaubte, dass das Verschlucken von Speichel ungesund sei. Es wurde sogar berichtet, dass manche Lehrer eine bemerkenswerte Fähigkeit im Spucken entwickelt hatten und aus einigen Metern Entfernung den Spucknapf sicher treffen konnten.

Schule in der Kaiserzeit
Inserat Schulofen
Inserat Pfeife/Tabak
Inserat Spucknapf

Die Zeitungsinserate von damals geben uns also nicht nur Einblicke in die Veränderungen im Schulsystem, sondern auch in den Alltag der Lehrer und Schüler. Sie spiegeln den Fortschritt auf dem Gebiet der Unterrichtsmethoden und Lehrmittel wider und zeigen, wie neue Produkte den Schulalltag positiv beeinflussten. Die Schule in der Kaiserzeit war geprägt von Innovation und Wandel, und die Inserate bieten uns heute faszinierende Zeugnisse dieser Zeit.