Selbstständig oder freiberuflich: Ein kleiner Unterschied mit großen Auswirkungen

Selbstständig oder freiberuflich: Ein kleiner Unterschied mit großen Auswirkungen

Träumst du auch davon, deine eigener Chef*in zu sein? Den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, kann sehr verlockend sein. Doch stellt sich die Frage: Machst du dich selbstständig oder arbeitest du freiberuflich? Der Unterschied zwischen den beiden kann sich besonders in steuerlicher Hinsicht erheblich auswirken. In den meisten Fällen hast du jedoch gar keine Wahl, da die Entscheidung nicht bei dir liegt. Wer das Sagen hat und welche Kriterien eine Rolle spielen, erfährst du hier.

Freiberuflich versus selbstständig …

Eigentlich stellt sich die Frage gar nicht, denn eigentlich ist jeder Freiberuflerin auch selbstständig. Warum das so ist? Ganz einfach: Sowohl Freiberufler*innen als auch Selbstständige arbeiten nicht in einem Angestelltenverhältnis. Sie sind ihr eigener Chef und müssen sich selbst um ihre soziale Absicherung kümmern. Sie haben die volle Entscheidungsgewalt über ihr Geschäft und wirtschaften auf eigene Rechnung und Gefahr.

Umgekehrt gilt das jedoch nicht. Nicht jeder Selbstständige ist auch eine Freiberuflerin. Tatsächlich zählen Freiberuflerinnen lediglich zu einer kleinen Untergruppe der Selbstständigen. Es gibt nämlich bestimmte Berufsgruppen, die freiberuflich arbeiten dürfen. Ob du zu dieser Gruppe gehörst oder nicht, entscheidet nicht du, sondern das Finanzamt.

Die größere Untergruppe der Selbstständigen besteht aus Gewerbetreibenden. Daher lautet die richtige Frage: “Freiberuflich oder gewerbetreibend?” Die Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen sind durchaus nennenswert.

Finanzamt entscheidet über Freiberuflichkeit

Der Gesetzgeber stellt an freie Berufe bestimmte Anforderungen. Diese müssen entweder schriftstellerischer, künstlerischer, heilender, erziehender oder wissenschaftlicher Natur sein. Zudem verlangt das Gesetz eine spezielle berufliche Qualifikation oder eine besondere künstlerische Fertigkeit als Voraussetzung für die Ausübung eines freien Berufes.

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Letztendlich entscheidet das Finanzamt, ob eine Tätigkeit als freiberuflich eingestuft wird oder nicht. Manchmal ist die Einordnung einfach, manchmal nicht. Es gibt drei Gruppen von freien Berufen.

Katalogberufe

Im Paragraf 18 des Einkommensteuergesetzes sind anerkannte freie Berufe aufgelistet. Hier ist die Zuordnung am einfachsten. Die Katalogberufe lassen sich grob in vier Gruppen einteilen:

  • Heilberufe wie Ärztinnen, Heilpraktikerinnen, Geburtshelferinnen und Physiotherapeutinnen
  • Beratende Berufe in Recht und Wirtschaft wie Anwältinnen, Notarinnen, Wirtschaftsprüferinnen und Steuerberaterinnen
  • Technisch-wissenschaftliche Berufe wie Architektinnen und Ingenieurinnen
  • Kulturelle, Medien- und Sprachberufe wie Journalistinnen, Bildberichterstatterinnen, Dolmetscherinnen, Künstlerinnen oder Lehrer*innen

Tätigkeitsberufe

Diese Berufe finden sich nicht in den Katalogberufen. Allerdings können sie als freiberuflich gelten, wenn sie selbstständig ausgeübt werden und aus den oben genannten Bereichen stammen. Beispiele für solche Tätigkeiten sind wissenschaftliche Tätigkeiten wie Gutachten oder Lehrtätigkeiten, künstlerische Tätigkeiten wie bildende Kunst oder schriftstellerische Tätigkeiten.

Ähnliche Berufe

Immer wieder entstehen neue Berufe, die früher nicht bekannt waren. Das Gesetz erlaubt auch “ähnliche Berufe”. Das Finanzamt legt bei der Beurteilung drei Kriterien zugrunde:

  • Freie Berufe befinden sich hauptsächlich im Dienstleistungssektor. Handelsgeschäfte oder Massenproduktion schließen eine freiberufliche Tätigkeit aus.
  • Ein freier Beruf erfordert bestimmte Qualifikationen, entweder einen Hochschulabschluss oder eine kreative Fähigkeit.
  • Persönliche Arbeitseinsätze spielen eine entscheidende Rolle. Die ausführende Person muss die fachliche Verantwortung für alle Aufträge tragen.

Alle Berufe, die nicht als Katalogberufe gelistet sind und diese drei Kriterien nicht erfüllen, gelten demnach als gewerbliche Berufe.

Vorteile für Freischaffende

Wer vom Finanzamt als Freiberuflerin eingestuft wird, hat gegenüber gewerbetreibenden Selbstständigen einige Vorteile. Freiberuflerinnen …

  • müssen keinen Gewerbeschein beantragen, sondern lediglich ihre Tätigkeit beim Finanzamt anmelden.
  • zahlen keine Gewerbesteuer.
  • müssen zwar nicht, können aber Mitglied in der Industrie- und Handelskammer (IHK) oder Handwerkskammer werden.
  • unterliegen weder der Gewerbeaufsicht noch dem Handelsrecht.
  • müssen keine Buchführung durchführen oder Bilanzen erstellen, sondern lediglich eine Einnahme-Überschuss-Rechnung beim Finanzamt einreichen.
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Trenne hauptberufliche und nebenberufliche Tätigkeiten

Vielleicht betreibst du eine Mischung aus freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit? Oder du übst eine der beiden Tätigkeiten nur nebenberuflich aus? Das ist grundsätzlich kein Problem, solange du die beiden Tätigkeiten organisatorisch klar voneinander trennst. Andernfalls besteht die Gefahr, dass das Finanzamt dich insgesamt als Gewerbetreibenden einstuft und du deine Sonderstellung als Freiberuflerin auch für den freiberuflichen Anteil verlierst.

Kläre solche Fragestellungen am besten frühzeitig direkt mit dem Finanzamt. Denn wenn dir das Finanzamt nachträglich die Freiberuflichkeit aberkennt, musst du die Gewerbesteuer der vergangenen Jahre rückwirkend nachzahlen.

Krankenversicherung für Selbstständige

Alle Selbstständigen sind generell krankenversicherungspflichtig. Dabei haben sie die Wahlfreiheit, ob sie sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern oder in eine private Krankenkasse wechseln möchten.

Eine Besonderheit gilt für freischaffende Künstlerinnen oder Publizistinnen. Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet, sich bei der Künstlersozialkasse (KSK) zu versichern. Dadurch sind sie Mitglied der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Die Höhe der monatlichen Zahlungen richtet sich nach dem zu erwartenden monatlichen Einkommen.

Unterschiede bei den Steuern für Selbstständige

Freiberuflerinnen haben den Vorteil, dass sie keine Gewerbesteuer zahlen müssen. Gewerbetreibende hingegen müssen 3,5 Prozent des Gewerbeertrags an das Finanzamt abführen. Sowohl Freiberuflerinnen als auch Gewerbetreibende sind umsatzsteuerpflichtig, aber es gibt Unterschiede:

  • Gewerbetreibende gelten als Kleinunternehmer*innen, wenn ihr Umsatz im Vorjahr maximal 22.000 Euro betragen hat und im aktuellen Geschäftsjahr voraussichtlich höchstens 50.000 Euro betragen wird. Kleinunternehmen müssen keine Umsatzsteuer zahlen, können dies jedoch freiwillig tun.
  • Manche Freiberufler*innen wie ärztliche Fachkräfte oder Personen in Bildungs- und Kulturberufen sind von der Umsatzsteuerpflicht ausgenommen.
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Unabhängig davon müssen beide Gruppen von Selbstständigen Einkommensteuern zahlen, sobald ihre Einnahmen den Grundfreibetrag von 10.908 Euro übersteigen.

Quelle: Finanzfluss