Kurz vor Weihnachten 2008 zog Familie Rudolf aus Hamburg voller Vorfreude in ihr eigenes Heim. Doch kurz darauf folgte der Schock: Der Bauträger ging pleite und die Baustelle verwandelte sich in ein Trümmerfeld. Statt einer Terrasse und einem Gemeinschaftsgarten fand die Familie nur brachliegende Erde vor. Statt der bestellten hölzernen Hausverkleidung gab es provisorische Haustüren und blanken Putz. Und Parkplätze waren weit und breit keine zu sehen. “Es war ein Albtraum, wir hatten uns das Weihnachtsfest sicherlich anders vorgestellt”, erinnert sich Sophia Rudolf heute.
Leider ist die Geschichte der Rudolfs kein Einzelfall. Im letzten Jahr meldeten über 500 Bauunternehmen in Deutschland Insolvenz an. Die Gründe liegen oft in schlechter Wirtschaftsplanung, da viele Unternehmen nur knapp kalkulieren. Der Gewinn wird meist erst erzielt, wenn das letzte Haus oder die letzte Wohnung verkauft ist.
Schlechte Vorbereitung
Der Grund dafür, dass immer noch viele Bauherren solche riskanten Abenteuer eingehen, liegt in mangelnder Prüfung und Vorbereitung. Beim Kauf eines Hauses informieren sich die Deutschen oft ausführlicher als beim Kauf einer Stereoanlage, sagt der auf Baurecht spezialisierte Rechtsanwalt Michael Scheffelt. Das größte Risiko beim Hausbau ist die Insolvenz des Bauträgers. Wenn das Unternehmen mitten im Bau bankrott geht, wird es um ein Vielfaches teurer. Die Kosten für den Notar sind verloren und die Firmen, die mit dem Weiterbau beauftragt werden, nutzen die Situation oft aus, warnt Scheffelt.
Um einen seriösen Bauträger zu erkennen, sollten angehende Bauherren sich von der Arbeit des Unternehmens überzeugen. Thomas Penningh, Architekt und Präsident des Vereins Privater Bauherren, empfiehlt, bereits fertiggestellte Bauten persönlich zu besichtigen. Ein seriöser Bauträger wird auch keine Probleme haben, zufriedene Kunden zu nennen. Gespräche mit diesen ehemaligen Kunden können Aufschluss darüber geben, ob damals alles reibungslos verlaufen ist.
Wenn das nicht ausreicht, können Interessenten auch wirtschaftliche Informationen über das Unternehmen einholen. Mitglieder bestimmter Vereine wie dem VPB, dem Bauherren-Schutzbund oder der Eigentümerschutz-Gemeinschaft Haus & Grund erhalten solche Bonitätsinformationen von der Schufa zu reduzierten Gebühren. Ansonsten können beispielsweise bei Creditreform Gebühren zwischen 20 und 40 Euro anfallen.
Recherchen zur Geschichte des Unternehmens können ebenfalls nützliche Informationen liefern. Handelt es sich um ein etabliertes Unternehmen mit langjähriger Erfahrung im Baubereich? In solchen Fällen kann man eher darauf vertrauen, den richtigen Partner für das Bauvorhaben gefunden zu haben. Unternehmen, die ursprünglich aus dem kaufmännischen Bereich stammen, sind dagegen mit Vorsicht zu genießen, warnt Penningh. Auch sogenannte Projekt-GmbHs, die speziell für den Bau gegründet wurden und nur ein minimales Eigenkapital von 25.000 Euro besitzen, sollte man kritisch betrachten.
Schwammige Bauverträge
Ein weiteres Problem beim Hausbau sind schwammige Bauverträge. Was der Kunde nicht fordert, wird oft auch nicht geboten. Ein guter Bauträger unterscheidet sich von einem schlechten vor allem durch Verhandlungsbereitschaft, Transparenz und angebotene Sicherheiten, meint Penningh.
Transparenz ist jedoch oft Mangelware. Denn egal, was der Bauträger dem Kunden an schönen Bildchen und Prospekten zeigt, am Ende zählt der Vertragstext. Doch fast die Hälfte aller Verträge ist nicht ausreichend ausformuliert, warnt der Bauherren-Schutzbund. Die Bau- und Leistungsbeschreibungen sind oft unvollständig und unkonkret. Bei Leistungsumfang, Baukonstruktion, Baustoffen und technischer Ausstattung gibt es häufig große Lücken. Diese Lücken müssen bei der Vertragsgestaltung gestopft werden, sonst besteht die Gefahr, dass man sein Traumhaus am Ende nicht mehr wiedererkennt.
Professionelle Hilfe lohnt sich
Juristische Laien werden solche Fallstricke oft nicht sofort erkennen. Deshalb ist es ratsam, einen Experten zurate zu ziehen, der den Vertrag gründlich prüft. Spezialisierte Anwälte und Sachverständige übernehmen diese Aufgabe für etwa 600 Euro. Das ist gut investiertes Geld im Vergleich zu dem Ärger, der Zeitverschwendung und den hohen Zusatzkosten, die eine solche Prüfung einsparen kann.
Es ist auch ratsam, einen Sachverständigen die Baubeschreibung überprüfen zu lassen. Anbieter sind oft vage und lassen sich viel Freiraum bei der Wahl der Materialien und der Bauweise. Architekten und Ingenieure haben den geschulten Blick, um solche unkonkreten Angaben zu erkennen.
Unseriöse Bauträger versuchen oft, für sie vorteilhafte Klauseln in den Vertrag aufzunehmen. Beispielsweise behalten sie sich das Recht vor, Material- und Konstruktionsänderungen vorzunehmen. Solche Klauseln sind für den Kunden nachteilig, auch wenn angeblich der Bauwert nicht beeinträchtigt wird, wie der VPB erläutert. Es ist auch kritisch, wenn die Baufirma das alleinige Hausrecht auf der Baustelle für sich beansprucht. In solchen Fällen wird es für den Bauherrn schwierig zu überprüfen, ob die Arbeiten tatsächlich wie vereinbart ausgeführt werden.
Kosten von mehreren Tausend Euro
Ein weiteres gängiges Vorgehen von Bauträgern ist das Verschweigen zusätzlicher Kosten, wie zum Beispiel für notwendige Anschlüsse oder die Entsorgung von Erdaushub. Ist der Vertrag erst einmal unterschrieben, bleibt dem Bauherrn oft nichts anderes übrig, als diese Zusatzarbeiten nachträglich zu beauftragen. Dadurch können Kosten von mehreren Tausend Euro entstehen.
Rechtsanwalt Scheffler empfiehlt daher, den Vertrag so detailliert wie möglich zu gestalten. Folgende Bereiche sollten abgedeckt sein:
- Baubeschreibung
- Grundriss- und Schnittzeichnung
- Vertragsstrafenregelung
- Zahlungsvereinbarungen
- Leistungsgarantien
- Gewährleistungsfristen
Ein Blick auf das Gutachten des Grundstücks ist ebenfalls ratsam. Verweigert der Bauträger dies, können sich möglicherweise Risiken im Boden verbergen.
Unlautere Abschlagszahlungen
Achtung ist geboten, wenn das Unternehmen hohe Abschlagszahlungen verlangt. Die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) gibt hier klare Vorgaben: Nach Beginn der Erdarbeiten dürfen beispielsweise 30 Prozent der Bausumme erhoben werden, weitere 28 Prozent nach Fertigstellung des Rohbaus. Eine Firma, die nach dem Rohbau bereits 75 Prozent Abschlagszahlung verlangt, ist unseriös, so Penningh. Ein solches Vorgehen kann als Betrug angesehen werden. Extremfälle, bei denen bereits Abschlagszahlungen fällig werden, ohne dass der Bautrupp auch nur einen Finger auf der Baustelle krumm gemacht hat, sollten unbedingt vermieden werden. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten Bauherren bis zur Hausübergabe insgesamt nur 95 Prozent der Gesamtsumme zahlen.
Es empfiehlt sich auch, auf Sicherheiten zu bestehen, die der Bauträger mit seiner Bank vereinbart. Eine Fertigstellungsbürgschaft garantiert dem Kunden Geld, falls der Bauträger während der Bauphase pleite geht. In der Regel sind fünf Prozent der Bausumme vorgesehen, aber 30 bis 40 Prozent sind angemessen, so Penningh. Diese Bürgschaft ist ein Hinweis auf die Bonität des Bauträgers. Die Kosten für eine solche Bürgschaft werden in der Regel auf den Kaufpreis aufgeschlagen.
Eine Gewährleistungsbürgschaft über fünf Prozent der Bausumme sollte ebenfalls vereinbart werden. Falls der Bauträger während der fünfjährigen Gewährleistungsfrist Insolvenz anmelden muss, ist noch Geld vorhanden, um eventuell notwendige Reparaturen durchzuführen.
Schleppende Arbeiten als Warnsignal
Wie hätten die Rudolfs die drohende Insolvenz ihres Bauträgers erkennen können? Zum Beispiel an den verlangsamten Baufortschritten auf der Baustelle. Auch schlampige Arbeit oder das Einstellen von Subunternehmen sind erste sichtbare Anzeichen einer sich abzeichnenden Pleite. Daher raten Experten immer wieder dazu, einen Bausachverständigen hinzuzuziehen. Diese Profis begleiten den Hausbau von Anfang bis Ende für etwa 1800 Euro und können während der Bauphase den Kunden warnen. Sie entdecken auch schneller mögliche Baumängel und können dem Kunden bei Verhandlungen mit dem Bauträger helfen, um Zusatzleistungen zu erhalten, die er allein wahrscheinlich nicht bekommen würde.
Nach drei Jahren hat bei den Rudolfs endlich Normalität Einzug gehalten. Garten, Hausverkleidung und Parkplätze sind endlich fertig, doch die Familie musste lange um ihr Geld kämpfen. “Wenn wir noch einmal bauen würden, würden wir sicherlich vieles anders und besser machen”, sagt Sophia Rudolf.