Serologie: Warum diese Methode nicht immer die Lösung ist

Serologie: Warum diese Methode nicht immer die Lösung ist

Serologische Methoden haben nach wie vor einen wichtigen Platz in der Diagnostik. Allerdings ist es entscheidend zu wissen, wann sie sinnvoll eingesetzt werden können und vor allem auch, wann nicht. Eine Serologie sollte niemals ohne Berücksichtigung der klinischen Symptome des Patienten als Grundlage für eine Therapie dienen. Und auch zur Verlaufskontrolle ist die Serologie oft nicht geeignet, so die renommierte Fachärztin für klinische Mikrobiologie, Univ.-Prof. Dr. Petra Apfalter aus Linz.

Grundbegriffe der Serologie

Die Analogie des Schlüssel-Schloss-Prinzips ist zwar verständlich, allerdings vereinfacht sie die Komplexität der serologischen Reaktionen zu sehr. Ein Antigen (Ag) ist in der Regel ein großes Molekül, das an seiner Oberfläche eine Vielzahl von Epitopen besitzt. Epitope sind umschriebene molekulare Strukturen oder Abschnitte des Antigens, die eine spezifische Immunantwort hervorrufen können.

Ein Antikörper (Ak) kann komplementäre Strukturen für einen Teil (partielle Komplementarität) oder alle Epitope (vollständige Komplementarität) eines Antigens besitzen. Es kann auch vorkommen, dass bestimmte Epitope unterschiedlicher Antigene sehr gut zu einem Antikörper passen – dies nennt man Kreuzreaktivität.

Ein Antigen oder seine Epitope lösen eine spezifische Immunantwort des adaptiven Immunsystems aus und können aus Proteinen, Lipiden oder Kohlenhydraten bestehen. Antikörper binden spezifisch an ein Antigen, wobei es verschiedene Klassen gibt. IgA-Antikörper sind sekretorische Immunglobuline, die an Schleimhäuten gebildet werden. IgM-Antikörper treten vor allem in der Frühphase einer Infektion auf, während IgG-Antikörper eher in der Spätphase vorkommen und auch eine langanhaltende Immunität bewirken können. IgE- und IgD-Antikörper haben in der serologischen Diagnostik eine geringe Bedeutung.

Serologie umfasst jedoch mehr als die Lehre von den Antigen-Antikörper-Reaktionen. Vor allem in der klinischen Mikrobiologie handelt es sich dabei um eine Technik zum indirekten Erregernachweis, die in der Bakteriologie, Virologie, Parasitologie und Mykologie Anwendung findet. Es kann sich dabei um den Nachweis von Antikörpern zur Infektionsdiagnostik oder zur Bestimmung des Immunstatus handeln. Allerdings ist dies nicht bei allen Erregern möglich oder sinnvoll, betont Apfalter. Alternativ kann die Serologie auch zur direkten Erreger- oder Toxinnachweisung aus einer Probe verwendet werden, zum Beispiel durch den Nachweis von Pneumokokken-Antigenen im Urin.

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Vor- und Nachteile der Serologie

Die serologische Diagnostik bietet einige Vorteile, wie die einfache Probenentnahme und -transport sowie die automatisierte Verarbeitung, die eine schnelle Bearbeitung vieler Proben ermöglicht und zu einer raschen Befunderstellung führt. Oft ist eine sichere Diagnose von Erregern möglich, die schwer oder gar nicht kultiviert werden können. Außerdem ermöglicht die Bestimmung von Antikörpern in einigen Fällen auch eine retrospektive Diagnosestellung zu einem Zeitpunkt, zu dem der Patient bereits symptomfrei ist. In bestimmten Fällen kann die serologische Überprüfung der Immunantwort auf Impfungen sinnvoll sein, betont Apfalter.

Allerdings gibt es auch Nachteile. Inadäquate Immunreaktionen oder Kreuzreaktionen können die Diagnose erschweren. Bestimmte Erreger, insbesondere Parasiten und Bakterien, lösen eine komplexe Immunantwort gegen zahlreiche Antigene aus, was die Diagnostik weiter erschwert. Kreuzreaktionen zwischen verschiedenen Herpesviren sind häufig. Die Interpretation serologischer Ergebnisse ist oft schwierig bis unmöglich, insbesondere in der Bakteriologie und vor allem bei einer sehr niedrigen Vortestwahrscheinlichkeit, warnt die Expertin. Zudem werden oft veraltete Tests durchgeführt, die jedoch weiterhin von den Sozialversicherungsträgern erstattet werden.

Grundprinzipien und Anwendungen der Serologie

Serologische Ergebnisse müssen immer in Verbindung mit der klinischen Symptomatik und Anamnese interpretiert werden. Dabei sind definierte und akzeptierte Falldefinitionen zu verwenden, betont Apfalter.

Die Beobachtung einer Serokonversion ist von Bedeutung, was nur möglich ist, wenn mehrere Proben im zeitlichen Verlauf untersucht werden. Es gilt immer noch die Regel, dass ein mindestens vierfacher Anstieg der IgG- oder Gesamt-Antikörper im akuten und Rekonvaleszenzserum als beweisend gilt. Auch die zeitliche Abfolge spielt eine Rolle: Zuerst müssen IgM- und dann IgG-Antikörper auftreten.

Die Bestimmung des Immunitätsstatus ist bei ausgewählten Erregern sinnvoll, wie zum Beispiel bei Diphtherie-, Tetanus- oder Virushepatitis-Erregern. Eine solche Bestimmung ist bei SARS-CoV-2 allerdings nicht möglich, da das Schutzkorrelat fehlt und wir nicht wissen, welcher Antikörpertiter einen Schutz – und wenn ja, vor welcher Infektion – bedeutet, warnt Apfalter.

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Bei bestimmten Patientengruppen, wie immunsupprimierten Patienten, werden Titerbestimmungen häufig durchgeführt, um festzustellen, inwieweit sie überhaupt in der Lage sind, Antikörper zu bilden. Es ist wichtig zu beachten, dass Titerbestimmungen lediglich Informationen über die Bildung von Antikörpern liefern, nicht jedoch über die zelluläre Immunität, betont Apfalter.

Serologie wird in der Infektionsdiagnostik häufig eingesetzt, wird jedoch leider oft falsch interpretiert. In vielen Fällen werden serologische Methoden mittlerweile durch molekularbiologische Tests ersetzt. Allerdings werden diese Tests häufig nicht erstattet, was zu problematischen Situationen führt, so Apfalter. Die Serologie hat noch am meisten Anwendungsmöglichkeiten in der Virologie, während sie bei Pilzen, Protozoen und Bakterien durchaus problematisch sein kann.

Es ist wichtig, dass Patienten, die über Müdigkeit und Leistungsschwäche klagen, nicht wahllos auf alle möglichen Erreger mittels Serologie getestet werden. Die dabei gewonnenen Befunde sind oft nicht vernünftig interpretierbar. In diesem Zusammenhang sollten Grundbegriffe wie Sensitivität, Spezifität, positiver und negativer prädiktiver Wert, Prävalenz und Inzidenz sowie die Vortestwahrscheinlichkeit in Erinnerung gerufen werden. Serologische Untersuchungen sollten nur im Kontext präziser Falldefinitionen durchgeführt werden, betont die Expertin.

ASLO, Chlamydien, Borrelien und Yersinien

ASLO steht für “Anti-Streptolysin O”. Streptolysin O ist ein Virulenzfaktor von Streptokokken der Gruppe A (GAS), der in der Lage ist, körpereigene Zellen wie Makrophagen, neutrophile Granulozyten oder Thrombozyten zu zerstören. Bei der Bestimmung des ASLO-Titers ist zu beachten, dass etwa 80% der Menschen hohe Titer haben, da sie bereits in der Kindheit GAS-Infektionen wie Anginen durchgemacht haben. Die Titer variieren je nach Alter, Jahreszeit und geografischer Region. Die Titerhöhe sagt nichts über eine mögliche Aktivität von GAS aus. Bei hohem Serumcholesterin können falsch hohe Werte auftreten. Umgekehrt haben asymptomatische GAS-Träger niedrige Titer. Die Bestimmung des ASLO-Titers kann bei Patienten, bei denen ein rheumatisches Fieber oder eine Glomerulonephritis vermutet wird, als diagnostisches Puzzlestück dienen, das mindestens zweimal bestimmt werden sollte. Zur Diagnose von Chlamydieninfektionen ist die Antikörperdiagnostik obsolet. Die Diagnose beruht heute auf PCR oder ähnlichen Methoden.

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Die Borreliose ist wahrscheinlich die Infektion in Österreich mit den meisten Fehldiagnosen. Die Borreliose ist im Allgemeinen eine selbstlimitierende Erkrankung (zumindest teilweise erst nach Jahren). Die Diagnose erfordert einen angemessen starken klinischen Verdacht. Im Stadium des Erythema migrans haben nur 30% der Betroffenen eine IgM-Antwort. Nach vier bis acht Wochen haben alle Personen, die mit Borrelien in Kontakt gekommen sind, eine positive IgG-Antwort, die oft lang andauert und manchmal lebenslang persistiert. Wenn jemand länger als zwei Monate krank ist und nur positive IgM-, aber keine IgG-Antikörper hat, kann eine Borreliose ausgeschlossen werden. Aufgrund der langen Persistenz ist eine Kontrolle mittels Serologie nach der Behandlung einer Borreliose nicht sinnvoll.

Yersinien kommen in 18 verschiedenen Spezies vor. Während der Pesterreger heute keine Bedeutung mehr hat, spielt Yersinia enterocolitica immer noch eine gewisse Rolle. Jedoch bieten Stuhlkulturen und PCR bessere diagnostische Möglichkeiten als die Serologie, betont Apfalter abschließend.

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