Nach zwei Jahren coronabedingtem Verkaufsverbot von Böllern und Raketen müssen wir uns wohl dieses Silvester auf größere Feuerwerks-Exzesse einstellen. Für Hundebesitzer mit ängstlichen Vierbeinern heißt das: Vorbereitungen treffen, um die Panik zu lindern. Wie das funktioniert, erfährst Du hier.
Beruhigungsmittel für Hunde an Silvester
Neben den selbstverständlichen Dingen – Fenster und Türen geschlossen halten, Rollladen runter, leise Musik an – können Medikamente Hunden helfen, um Silvester besser zu überstehen. Dazu zählen zum Beispiel Beruhigungsmittel oder Anxiolytika – also Medikamente, die angstlösend wirken.
Da Tierärzte arzneimittelrechtlich verpflichtet sind, zuerst Medikamente zu verschreiben, die ausdrücklich für bestimmte Leiden zugelassen sind, verordnen viele Veterinäre Sileo – ein Beruhigungsmittel, das extra für Hunde mit Geräuschangst entwickelt wurde.
Finger weg von Acepromazin
Aber auch andere Medikamente können helfen, zum Beispiel Benzodiazepine wie Diazepam oder Alprazolam sowie das Antiepileptikum Pexion. Bei Hunden, die bei Feuerwerk nur leichte Angstsymptome zeigen, können auch Nahrungsergänzungsmittel wie Sedarom, Zylkene oder Adaptil-Tabletten die Panik lindern.
Viele Tierärzte sind sich außerdem einig, dass Acepromazin kein geeignetes Mittel ist, um Hunde an Silvester zu beruhigen. Denn: Das Neuroleptikum und Sedativum, das unter den Handelsnamen Sedalin, Calmivet, Vetranquil und Prequillan verkauft wird, betäubt die Hunde zwar, nimmt ihnen aber nicht die Furcht, schreibt der Tierarzt und Blogger Ralph Rückert.
Dem Hund Eierlikör geben?
Rückert empfiehlt außerdem, neben den herkömmlichen Medikamenten und einer rechtzeitig begonnenen Verhaltenstherapie, ein Hausmittel zumindest nicht kategorisch auszuschließen: Eierlikör – oder jedes andere alkoholische Getränk, das Hunden schmeckt. Aber Vorsicht, Alkohol kann für Hunde äußerst giftig sein und das Verabreichen kann sogar tödlich enden.
„Mein Terrier Nogger, knapp zehn Kilogramm schwer bekam an Silvester um 20 und um 23 Uhr jeweils einen Esslöffel Eierlikör, und es hat ihm immer sowohl sehr gut geschmeckt, als auch nach meinem Dafürhalten beträchtlich geholfen“, erklärt er.
Eine Erfahrung, die dem Tierarzt auch Kunden und Leser bestätigt haben. „2016 musste Nogger als Tierarzthund natürlich Sileo testen. Mein persönlicher Eindruck: Es hat ihm geholfen, aber nicht so nachhaltig und klar erkennbar wie der Eierlikör in den Jahren davor und danach.“
Der Alkohol im Eierlikör wirkt in geringen Mengen auf Hunde genauso wie auf uns Zweibeiner, erklärt Rückert: „Hunde fallen von einer begrenzten Menge Alkohol keineswegs tot um, sondern werden – wie wir Menschen – einfach etwas angesäuselt, was in diesem Fall genau der gewünschte Effekt ist.“
„Man hat ihn besoffen gemacht“
Die Eierlikör-Methode mag zwar wirkungsvoll sein, ob sich jeder Hundebesitzer damit wohl fühlt, steht allerdings auf einem anderen Blatt. „Natürlich hat man den Hund durch den Alkohol in dem Moment beruhigt“, sagt DeineTierwelt-Hundeexpertin Riccarda Kreickmann im Podcast „Pet-Talks: Hund“. „Aber man hat ihn auch besoffen gemacht.“
Und das ist nicht ohne – denn natürlich ist Alkohol in zu großen Mengen gefährlich für Deinen Hund. „Niemand weiß so wirklich, wie viel Alkohol ein Hund braucht, um angeduselt und entspannt zu sein“, so die Hundetrainerin weiter. „Und wann es zu viel ist – sodass der eine Alkoholvergiftung bekommen könnte.“
Rückert gibt deswegen – „ohne Gewähr, Anwendung auf eigene Verantwortung“ – in seinem Blog eine Anleitung, „um einer dann vielleicht doch gefährlichen Pi-mal-Daumen-Dosierung entgegen zu wirken“:
- Gewicht des Hundes bis 25 Kilogramm: Körpergewicht in Kilogramm x 0,4 x 100 / Prozent des Alkohols = Gesamtmenge des zu verabreichenden alkoholischen Getränks in Millilitern
- Gewicht des Hundes von 26 bis 50 Kilogramm: Körpergewicht in Kilogramm x 0,3 x 100 / Prozent des Alkohols = Gesamtmenge des zu verabreichenden alkoholischen Getränks in Millilitern.
- Gewicht des Hundes ab 50 Kilogramm: Körpergewicht in Kilogramm x 0,2 x 100 / Prozent des Alkohols = Gesamtmenge des zu verabreichenden alkoholischen Getränks in Millilitern.
Außerdem empfiehlt der Tierarzt, die errechnete Gesamtmenge an Eierlikör in zwei bis drei Portionen aufzuteilen und sie dem in Abständen von zwei Stunden einzuflößen. Rückert: „So dass die letzte Gabe vor dem Höhepunkt der Knallerei um circa 23.30 Uhr erfolgt.“
Übrigens: Katzen mit Silvester-Angst sollte man weder irgendeine Art Alkohol noch psychoaktive Medikamente verabreichen. Rückert: „Katzen neigen viel mehr als Hunde zu paradoxen Reaktionen auf Psychopharmaka. Sie sollten Gelegenheit zum Rückzug an einen ihnen sicher vorkommenden Ort haben und dort unter möglichst effektiver Abschirmung in Ruhe gelassen werden.“