Die Silvesternacht hat eine besondere Bedeutung für viele Menschen. Es ist die Nacht, in der man das alte Jahr verabschiedet und Glück und Wohlstand für das neue Jahr heraufbeschwört. Doch woher kommen all die kleinen Rituale und Bräuche? In diesem Artikel wollen wir einen Blick auf einige traditionelle Silvesterbräuche werfen und ihre Bedeutung entdecken.
Gut gerutscht ist halb gewonnen
Bereits zwischen Weihnachten und Silvester beginnen die guten Wünsche für das neue Jahr. Es ist üblich, allen Freunden, Bekannten und Verwandten einen “guten Rutsch” zu wünschen. Dieser Gruß hat jedoch nichts mit dem Rutschen auf Glatteis zu tun, sondern stammt aus dem Jiddischen und bedeutet eigentlich “guter Anfang”. Ähnliches drückt der lateinische Wunsch “Prosit Neujahr” aus, der ein erfolgreiches und nützliches neues Jahr wünscht.
Ruhetag in der Waschküche
An Silvester ist es ratsam, keine Wäsche zu waschen. Denn in der Silvesternacht sind angeblich die wilden Jagd unterwegs – eine Heerschar von gequälten Seelen, die von Wotan angeführt in der Nacht umherbrausen. Es wird gesagt, dass sie sich in der Wäsche verfangen könnten und dann unangenehme Konsequenzen drohen. Daher sollten die Laken bis ins neue Jahr schmutzig bleiben. Wer dennoch etwas tun möchte, kann vor Mitternacht den Müll rausbringen, die Asche aus dem Kamin kehren oder ein neues Hemd anziehen, um symbolisch Altes zurückzulassen und einen frischen Start zu wagen.
Molybdomantie – Bleigießen und andere Orakel
Die Rauhnächte, zu denen auch die Silvesternacht gehört, gelten als mystische Zeit. Es ist eine Zeit, in der viele Menschen gerne Orakel befragen, um einen Blick in die Zukunft zu werfen. In einigen Regionen ist das Bleigießen eine beliebte Tradition. Man schmilzt Blei und gießt es dann in kaltes Wasser. Die entstandenen Figuren sollen Hinweise auf das kommende Jahr geben. Allerdings ist diese Methode nicht besonders zuverlässig und es ist oft schwer, sich auf eine eindeutige Interpretation der Figuren zu einigen.
Andere Länder verwenden zur Zukunftsvorhersage Äpfel oder Zwiebeln. In Tschechien zum Beispiel werden Äpfel entlang des Äquators halbiert und die Anordnung der Kerne begutachtet. Ein Kreuz soll ein böses Omen sein, während ein Stern Glück für das neue Jahr verspricht. Auch Zwiebeln werden zu diesem Zweck verwendet. Sie werden in zwölf Schalen zerlegt und mit den Monatsnamen beschriftet. Die Menge der angesammelten Feuchtigkeit soll Rückschlüsse auf das künftige Wetter geben.
Der Silvesterschmaus
Auch das Essen spielt an Silvester eine Rolle. Es gibt einige Aberglauben und Traditionen rund um die Wahl des Silvestermenüs. So soll man zum Beispiel auf Fischgerichte mit Gräten verzichten, da es angeblich Unglück bringen könnte. Ursprünglich geht dieser Glaube auf Papst Silvester zurück, der Berichten zufolge eine besondere Aura hatte und in dessen Gegenwart so mancher Ungläubige an einer Fischgräte erstickt sein soll.
Eine beliebte Alternative ist der Silvesterkarpfen, der als Vorbote für zukünftigen Reichtum gilt. Die schillernden, runden Schuppen erinnern an glänzende Münzen. Manche Menschen bewahren deshalb eine Schuppe des Silvesterkarpfens als Glücksbringer im Geldbeutel auf. Eine Linsensuppe wird ebenfalls gerne gegessen, da Linsen ebenfalls mit Wohlstand und Reichtum assoziiert werden.
Rote Unterwäsche und andere Liebesbräuche
Auch für die Liebe gibt es an Silvester besondere Bräuche. Im viktorianischen England öffneten wohlhabende Haushalte ihre Türen für Besucher und empfingen sie mit einem Drink und einem Snack. Für unverheiratete Frauen gab es dabei die Möglichkeit, einen Blick auf ihren zukünftigen Ehepartner zu erhaschen. Ähnlich wie beim Speed-Dating besuchten manche Bewerber über 30 Häuser auf der Suche nach der großen Liebe.
Eine weitere Tradition ist das Tragen roter Unterwäsche. Schon die alten Römer wussten, dass rote Unterwäsche Glück bringt. In Italien ist dieser Brauch bis heute weit verbreitet. Es wird jedoch betont, dass die Unterwäsche geschenkt und neu sein muss, damit die Magie funktioniert. In Brasilien glaubt man sogar, dass sich dem Träger von roter Unterwäsche im neuen Jahr die große Liebe offenbaren wird.
Feuerwerk und Böllerschüsse
Um die bösen Geister der Rauhnächte zu vertreiben, wird in vielen Ländern mit Feuerwerk und Böllern gefeiert. In den Niederlanden gibt es sogar ein traditionelles Carbid-Schießen. Dabei wird Calciumcarbid mit Wasser gemischt, um das hochbrennbare Gas Acetylen zu erzeugen, das dann entzündet wird. Diese Tradition ist jedoch sehr gefährlich und mittlerweile streng reglementiert.
Eine Alternative dazu ist das Läuten der Kirchenglocken. Im 19. Jahrhundert ließ man alle Kirchenglocken läuten, um das alte Jahr auszuläuten und das neue Jahr einzuläuten. Heutzutage wird dies jedoch kaum noch gehört, da das Feuerwerk die Glocken übertönt. Dennoch gibt es einige Orte, an denen dieses Jahr besondere Glockenläute-Aktionen geplant sind.
Der Neujahrstag und seine Bedeutung
Der Neujahrstag hat ebenfalls seine besondere Bedeutung. Aus christlich-jüdischer Sicht ist der 1. Januar der Oktavtag von Weihnachten und somit der Tag, an dem Jesus beschnitten wurde. Dieses Fest wurde jedoch aus den Statuten der Kirche gestrichen. Eine weitere interessante Tatsache ist, dass die heilige Vorhaut Jesu im Laufe der Geschichte als Reliquie verehrt wurde, aber heute nicht mehr existiert.
Fazit
Silvester ist eine magische Nacht, in der viele verschiedene Bräuche und Rituale praktiziert werden. Ob Bleigießen, das Tragen roter Unterwäsche oder das Feuerwerkspektakel – jeder hat seine eigenen Vorlieben. Letztendlich geht es jedoch darum, das alte Jahr zu verabschieden und optimistisch in das neue Jahr zu starten. Möge das Jahr 2021 für uns alle ein glückliches neues Jahr sein!