Werden andere Länder arm, weil wir reich sind? Diese Frage lässt Raum für Spekulationen und kontroverse Diskussionen. In diesem Artikel werden verschiedene Perspektiven beleuchtet, um ein besseres Verständnis zu erlangen.
Das Erbe des Kolonialismus
Armut ist eng mit der Kolonialgeschichte verwoben. Während des 16. bis 20. Jahrhunderts wurden die Länder des Globalen Südens von Europa versklavt und ausgebeutet. Die Auswirkungen dieses kolonialen Erbes sind bis heute spürbar und prägen Wissenschaft, Kunst, Kultur, gesellschaftliche Normen und Lebensstile dieser Länder.
Eine Frage der Perspektive
Die Antworten auf die Frage, ob andere Länder wegen unseres Reichtums arm sind, hängen stark von der Perspektive der Forschenden ab. Während die marxistisch inspirierte Forschung den Kolonialismus, die Sklaverei und die Ausbeutung der Dritten Welt betont, spielt für den wirtschaftswissenschaftlichen Mainstream die aktuelle Wirtschaftspolitik der armen Länder eine größere Rolle.
Viele Faktoren kommen zusammen
Die Rolle der lokalen Politik bei der Armutsfrage darf nicht vernachlässigt werden. Obwohl der Kolonialismus die politische und wirtschaftliche Lage in Lateinamerika, Afrika und Indien beeinflusst hat, liegt die Verantwortung für das fehlende Wachstum nicht allein bei den ehemaligen Kolonialmächten. Auch einige unabhängige Länder haben keine ausreichenden Anstrengungen unternommen, um mit dem Westen gleichzuziehen.
Ein Blick in die Geschichte des Wohlstands
Der industrielle Fortschritt Englands im 18. Jahrhundert verlieh dem Land einen ökonomischen Vorsprung und Wohlstand. Um diesen Vorsprung aufzuholen, mussten andere Länder britische Technologien übernehmen. Das Problem dabei war, dass die Arbeitskräfte in anderen Ländern billig und die Energie teuer war. Dies erschwerte das Aufholen enorm.
Maßnahmen, um aufzuholen
Um den wirtschaftlichen Rückstand aufzuholen, wurden in westeuropäischen Ländern und den USA vier Maßnahmen ergriffen:
- Erhebung von Zöllen auf Importwaren, um britische Produkte teurer zu machen.
- Abbau von Zöllen zwischen den Regionen und Investitionen in den Verkehr im Inland.
- Gründung von Banken, um Investoren Kredite zur Verfügung zu stellen.
- Einrichtung von Bildungssystemen.
Fehlende Umsetzung des “Grundmodells”
In den Kolonien wurde dieses Modell jedoch nicht umgesetzt. Es wurden keine Schutzzölle eingeführt, um die afrikanische Industrie zu schützen, und die Bildung wurde vernachlässigt. Das Fehlen dieser grundlegenden wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten hat dazu beigetragen, dass afrikanische, asiatische und lateinamerikanische Länder ins Hintertreffen geraten sind.
Die Welt ist kein Nullsummenspiel
Die These, dass arme Länder immer ärmer werden, während reiche Länder immer reicher werden, ist zu einfach gedacht. Die Welt ist kein Nullsummenspiel, in dem ein Gewinner auf Kosten des anderen gewinnt. Es ist wichtig, globale Spielregeln zu schaffen, die fair und gerecht sind und allen Ländern die Möglichkeit geben, sich zu entwickeln.
Die Frage, ob andere Länder arm sind, weil wir reich sind, ist komplex und lässt sich nicht mit einer einfachen Antwort erklären. Eine Kombination aus historischen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Faktoren spielt eine Rolle. Es ist wichtig, diese Faktoren zu verstehen und nach Lösungen zu suchen, um die globale Armut zu bekämpfen und eine gerechtere Welt zu schaffen.