Zweifellos wünschen sich die meisten Hundehalter, dass ihr Hund das Wort “Nein” versteht und akzeptiert. Doch warum scheint es für viele Hunde so schwer zu sein, den Sinn dahinter zu begreifen?
Häufig wird behauptet, dass der Hund dominant ist, weil er “Nein” nicht akzeptiert. Diese Annahme führt oft zu einem Teufelskreis aus Gewalt und Entfremdung zwischen Mensch und Tier.
Heute möchte ich dir ein Geheimnis verraten: Wie du deinen Hund dazu bringst, “Nein” zu verstehen und anzunehmen.
Was bedeutet überhaupt “Nein”?
Bevor wir weitermachen, bitte ich dich zu überlegen, zu welchem Verhalten deines Hundes du bereits “Nein” gesagt hast. Mache dir kurz Notizen und denke darüber nach, wie viele verschiedene Verhaltensweisen du mit “Nein” markiert hast.
Vielleicht bemerkst du, dass es unterschiedliche Verhaltensweisen sind, die dein Hund zeigen kann. Dein Hund muss also immer interpretieren, was genau du von ihm verlangst. Versteht er jedes Wort? Nein, das tut er nicht.
Hunde müssen Worte wie Vokabeln lernen.
Hunde sind gute Beobachter
Das Gefühl, dass unser Hund jedes Wort versteht, entsteht aus ihrer großartigen Beobachtungsgabe. Hunde beobachten uns den ganzen Tag über, außer wenn sie schlafen. Dadurch können sie gut erkennen, was wir von ihnen wollen. Zusätzlich haben wir bestimmte Routinen im Tagesablauf. Das hilft unseren Hunden zu erkennen, was als Nächstes passiert. Deshalb scheint es so, als ob Fiffi genau weiß, was wir meinen, wenn wir in ganzen Sätzen mit ihm sprechen. Aber eigentlich versteht er nicht die Worte, sondern die Situation.
Warum versteht mein Hund trotzdem nicht?
Warum versteht dein Hund das Nein nicht? Du bist doch deutlich genug. Du schaust sogar ein wenig böse und gehst drohend auf deinen Hund zu. Vielleicht hast du ihn sogar schon bestraft, als er das Nein nicht verstanden hat.
Trotzdem wiederholt dein Hund den Fehler immer wieder.
Die Antwort ist simpel, aber oft schwer zu verstehen. Wir haben selbst gelernt, dass Nein bedeutet, etwas sein zu lassen. Alles andere ist erlaubt.
“Denke nicht an einen rosa Elefanten!”
Und, hast du gerade an einen rosa Elefanten gedacht? Ähnlich geht es deinem Hund. Mit einem Nein gibst du ihm keine Informationen darüber, was er stattdessen tun soll.
Wenn ich dich bitte, an ein blaues Einhorn zu denken, würdest du keinen rosa Elefanten sehen, sondern ein blaues Einhorn.
Das Geheimnis
Das ganze Geheimnis hinter dem Nein ist folgendes: Gib deinem Hund ausreichend Informationen darüber, was er tun soll. Werde zu einem Ja-Sager.
Wenn dein Hund genau weiß, was dich freut und wenn es für ihn auch lohnenswert ist, dieses Verhalten zu zeigen, wird er es tun. Unerwünschtes Verhalten hört auf, wenn es sich nicht mehr lohnt.
Aber wie setzt du das in der Praxis um?
So geht Ja-Sagen in der Praxis
Ich gebe zu, es erfordert ein Umdenken. Anfangs mag es schwer sein zu verstehen, dass es sinnvoller ist, sich auf das positive Verhalten zu konzentrieren und es zu belohnen. Es wäre doch viel einfacher, wenn der Hund ein Nein akzeptieren würde.
Ich kann dir versichern, dass es dir Spaß machen wird. Denn ständiges Schimpfen und Bestrafen bereitet dir auch keine Freude. Zudem festigt ein solcher Umgang mit deinem Hund nicht eure Beziehung.
Falls du immer noch glaubst, dein Hund sei dominant, lies meinen Artikel über Dominanz und Hierarchien.
Verständnis
Es ist entscheidend zu verstehen, dass dein Hund dich nicht ärgern möchte. Mein Training beruht auf diesem Verständnis. Ich möchte erreichen, dass du und dein Hund ein Team seid. Dein Hund sollte auf Signale reagieren und “gehorchen”, allerdings auf eine andere Art von Gehorsam, den ich in Anführungszeichen setze. Ich lehne den Begriff “Kadavergehorsam” ab.
Statt dessen biete ich Verständnis für den Hund an. Aber natürlich vergesse ich dabei nicht die Bedürfnisse der Menschen. Schließlich bin ich auch ein Mensch und habe bereits viele Ängste und andere Gefühle mit meinen Hunden erlebt. Ich weiß, wie belastend das Verhalten eines Hundes sein kann, wenn man nicht weiß, wie man damit umgehen soll.
Doch was kannst du konkret tun, um das “Nein” in ein “Ja” umzuwandeln?
Beispiel: Hochspringen
Angenommen, dein Hund springt andere Menschen an, weil er sie begrüßen möchte. Warum tut er das? Nicht um dich zu ärgern, sondern weil es aus Hundesicht höflich ist. Er muss einen bestimmten Kontakt herstellen, um zu zeigen, dass er freundlich und unterwürfig ist. Wie kann er das erreichen? Indem er springt. Deinen Hund dafür zu bestrafen, macht jedoch keinen Sinn.
Wenn du stattdessen alles andere belohnen würdest und deinem Hund zeigen würdest, wie eine Begrüßung bei Menschen auszusehen hat, würde er schnell lernen. Er könnte verstehen, dass es gut ist, alle vier Pfoten auf dem Boden zu behalten und sich dem Menschen in dieser Weise zu nähern. Hierbei hilft das Markersignal, das den exakten Moment markiert, in dem die Pfoten tatsächlich den Boden berühren. Eine Belohnung könnte darin bestehen, dass der Hund ein Leckerchen vom Boden aufsammelt.
Beispiel: Hundebegegnungen
Hundebegegnungen können für viele eine Herausforderung darstellen. Wenn dein Hund an der Leine bellt und versucht, den anderen Hund zu vertreiben oder gar anzugreifen, fühlst du dich wahrscheinlich hilflos.
Auch hier wird oft versucht, durch Bestrafung Erfolg zu erzielen. Meistens funktioniert das jedoch nicht, da der Hund noch wütender wird und aggressiver reagiert. Der Mensch verhält sich in diesem Moment aggressiv gegenüber dem Hund, obwohl der Hund durch sein Verhalten eigentlich kommuniziert, dass er sich ohnehin schon unwohl fühlt.
Indem du deinen Hund nicht mehr bestrafst, sondern Rücksicht auf ihn nimmst und freundlich bist, ist schon viel geholfen. Nun kannst du gutes Verhalten belohnen und neues gutes Verhalten aufbauen.
Positives Hundetraining – nicht nur mit Leckerchen
Diese Art des Trainings bedeutet nicht, den Hund mit Leckerchen von Ablenkungen fernzuhalten. Stattdessen gibt es viele andere Möglichkeiten der Belohnung. Du wirst überrascht sein, welche Möglichkeiten sich bieten, wenn du dich darauf einlässt.
“Jetzt macht mir das Gassigehen endlich wieder Spaß!”, sagte erst letztens eine Kundin zu mir. Und genau so ist es. Du kannst das Training mit deinem Hund genießen. Du kannst deine Liebe zeigen und musst deinen Hund nicht ständig “im Griff haben”, dominieren oder bestrafen.
Stattdessen freust du dich über gute Ideen deines Hundes und stärkst euer Selbstbewusstsein. Sowohl du als auch dein Hund werdet fröhlicher, da ihr euch entfalten dürft.
Beginne jetzt mit dem ersten Schritt. Wenn du nichts änderst, ändert sich auch nichts. Du kannst nur dich selbst ändern. Erwarte nicht, dass andere Menschen plötzlich perfekt reagieren oder verständnisvoll mit dir und deinem Hund umgehen. Aber du kannst dich und deinen Hund darauf vorbereiten, dass ihr unvorhersehbaren Situationen gelassen entgegentreten könnt.
In jedem Fall hilft positive Verstärkung.