2020 ist ein besonderes Jahr: Viele Schweizerinnen und Schweizer verbringen ihre Ferien im eigenen Land. Und immer mehr von ihnen setzen dabei auf ein Wohnmobil – das eigene oder auch gerne ein gemietetes. Ein solch gut ausgestattetes Gefährt ermöglicht viele Freiheiten und erfordert nicht zwangsweise einen Campingplatz. Stattdessen reicht oft ein einfacher Stellplatz, zum Beispiel auf einem idyllischen Bauernhof.
Was ist ein Stellplatz?
Ein Stellplatz ist nicht zu verwechseln mit einer Parzelle auf einem Campingplatz. Tatsächlich handelt es sich dabei um nicht viel mehr als einen Parkplatz. Im Gegensatz zu einem offiziellen Stellplatz benötigt ein Stellplatz auf einem Bauernhof in der Regel keine baulichen Maßnahmen. Der Landwirt als Grundstückseigentümer kann frei entscheiden, wer bei ihm parken darf und wer nicht. Dabei gibt es keinerlei kantonale Unterschiede. Allerdings muss das Wohnmobil immer in der Nähe des Hofs stehen, nicht weiter als 30 bis 40 Meter vom Ökonomiegebäude entfernt.
Bauernhöfe als Campingplätze?
Wenn ein Bauernhof einen Campingplatz betreiben möchte, gelten andere Regeln. Der Campingplatz muss zum Beispiel gut ins Landschaftsbild passen und kann nicht einfach wahllos angelegt werden. Wer einen Campingplatz eröffnen möchte, sollte daher frühzeitig mit der Wohngemeinde und den kantonalen Behörden Kontakt aufnehmen. Das Übernachten auf einem Bauernhof unterliegt in der Regel dem Raumplanungsgesetz (RPG), welches von jedem Kanton unterschiedlich interpretiert wird.
Ein Campingplatz muss zonenkonform sein, d.h. Landwirtschaftszonen müssen in Freizeitzonen umgezont werden, wenn sie langfristig als Campingzone genutzt werden sollen. Wiesen können nur vorübergehend als Zeltplätze genutzt werden, wenn sie weiterhin landwirtschaftlich genutzt und nicht bebaut werden. Für Bauern, die in den Agrotourismus einsteigen möchten, empfiehlt es sich, das Modul “Willkommen auf dem Bauernhof” der kantonalen landwirtschaftlichen Beratungen oder eine persönliche Beratung von Agrotourismus Schweiz in Anspruch zu nehmen. Auch der Schweizer Bauernverband (SBV) bietet mit Agriexpert Unterstützung bei raumplanerischen und rechtlichen Fragen für Landwirte, die Campingplätze einrichten möchten.
Stellplatzmangel und das Potential für Bauernhöfe
Schon vor der Corona-Pandemie gab es einen Mangel an Stellplätzen. Deshalb wurde vor drei Monaten der Verein Wohnmobilland Schweiz ins Leben gerufen, der mittlerweile über 300 Mitglieder zählt. Laut Sandra Helfenstein vom Schweizer Bauernverband (SBV) gibt es noch viel Potenzial für Schweizer Bauernbetriebe im Bereich der Stellplätze. Auf der Plattform www.vomhof.ch gibt es seit Neuestem eine eigene Kategorie für Stellplätze und Campingplätze auf Schweizer Bauernhöfen. Aktuell findet man dort 28 Stellplätze und 19 Campingplätze. Die Nachfrage steigt stetig an. Daher plant der SBV eine langfristige Zusammenarbeit mit Schweiz Tourismus aufzubauen. Außerdem gibt es auf www.myfarm.ch viele Angebote für Stell- und Campingplätze in einem landwirtschaftlichen Umfeld. Allerdings sind viele Höfe für die gesamte Saison 2020 bereits ausgebucht. Die Anfragen auf der Website haben im Vergleich zum Vorjahr um 370% zugenommen.
Die Vorteile von Stellplätzen auf Bauernhöfen
Es ist erstaunlich, dass es trotz der hohen Nachfrage nach Stellplätzen auf Bauernhöfen immer noch eine Knappheit auf der Angebotsseite gibt. Dabei benötigt es wenig, um einen Stellplatz zur Verfügung stellen zu können. Die meisten Wohnmobilreisenden sind autark unterwegs, aber sie freuen sich dennoch über Stromversorgung und eine Möglichkeit, ihren Abfall nicht mitführen zu müssen. Der Verein Wohnmobilland Schweiz empfiehlt den Anbietern, ihren Gästen einen kleinsten offiziellen Gemeinde-Abfallsack zur Verfügung zu stellen und dies bei den Übernachtungsgebühren einzukalkulieren. Auch ein Wasserschlauch zur Verfügung zu stellen, um Frischwasser anzubieten, wird positiv bewertet. Bezüglich des Abwassers (Grauwasser) empfiehlt es sich, die Kanalisation zu nutzen, sofern keine chemischen Zusätze enthalten sind.
Warum Bauernhöfe von Stellplätzen profitieren
Wenn ein Landwirtschaftsbetrieb mehrere Stellplätze anbieten möchte, empfiehlt es sich, einige Regeln festzulegen. Zum Beispiel könnten Gäste gebeten werden, bis spätestens 10 oder 11 Uhr am Folgetag abzureisen, sofern keine weitere Übernachtung geplant ist. Ein Stellplatz ist kein Dauerlösung sondern etwas Saisonales. Gerade auf Betrieben mit aktiver Landwirtschaft ist es wichtig, Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen, um Unfälle mit Landmaschinen oder Tieren zu vermeiden. Aber sobald diese Regeln festgelegt sind, steht dem Übernachten auf dem Bauernhof nichts mehr im Wege. Für Hofläden sind solche Gäste ein Segen, da sie direkt frische und gesunde Produkte einkaufen können. So profitiert die Bauernfamilie gleich doppelt von den Gästen. Der Boom der Hofläden und des Agrotourismus, der durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurde, wird sich voraussichtlich auf einem höheren Niveau stabilisieren, selbst im nächsten Jahr.
