Die Gin-Tradition von Charles Tanqueray begann 1830 in der Vine Street in Bloomsbury. Als Sohn eines Pastors brach er mit den Traditionen und schuf eine Kreation, die zweifellos als erster in die Gin-Hall-of-Fame aufgenommen worden wäre, wenn es so etwas gäbe. Seit seiner Erfindung kontinuierlich destilliert, wurde die Marke von mehreren großen Unternehmen übernommen und hat trotz aller Veränderungen nichts von ihrem Glanz verloren. Für viele Menschen ist Tanqueray London Dry Gin der Inbegriff des klassischen London Dry Gins – die Flasche mit dem charakteristischen grünen Glas steht symbolisch für Gin.
Mit solch langanhaltendem Erfolg (es zählt immer noch zu den sechs meistverkauften Gins weltweit) kommen jedoch auch einige der Gefahren, die mit dem Image des “Standardgins” einhergehen. In den letzten Jahren hat Tanqueray seinen Flagship-Gin als eine Art Hybrid aus einem “Prestige-Marken-Gin” (in Konkurrenz zum hochwertigen Tanqueray No. 10 Gin) und einem “Gin für den Partyabend mit Freunden” vermarktet.
Heute wird die Marke in der riesigen Cameronbridge Distillery in Schottland destilliert und gehört zu Diageo. In Europa hat er einen Alkoholgehalt von 43,1%; in den USA ist er mit 47,3% etwas kräftiger (und geschmacklich meiner Meinung nach besonders gut zum Mixen geeignet). Im Gegensatz zu anderen Gins werden die Botanicals sofort destilliert, ohne vorherige Mazeration. Zudem wird keine konzentrierte Botanical-Destillation verwendet und nach der Destillation mit neutralem Alkohol verdünnt. Die botanische Stärke des Destillats ist die botanische Stärke des Gins.
Geschmacksprofil
Der Wacholder ist das dominierende Element in der Nase. Der Wacholderduft von Tanqueray London Dry ist vielleicht das charakteristischste Merkmal des Gins – kein anderer Gin hat diesen einzigartigen Wacholderduft. Dazu gesellen sich eine faszinierende Andeutung von Zitruszesten (interessant, da Zitrusfrüchte keine Botanicals sind), kandierte Engelwurz und Lakritze.
Auf der Zunge beginnt der Gin mit Wacholder und endet mit reichen Anklängen von Gewürzen, darunter Engelwurz, Zimt und Koriandersamen. Der Abgang auf der Zunge erinnert mich an die Angelikawurzel/Koriander-Note des Bombay Sapphire Gins.
Der Abgang ist lang und leicht warm, vor allem gewürzlastig.
Cocktails
Wenn du in irgendeiner Bar auf der Welt einen guten Gin Tonic bestellen möchtest, kannst du praktisch immer darauf zählen, dass Tanqueray London Dry Gin im Regal steht. Wie oft habe ich schon in einer heruntergekommenen Bar, einem Club oder bei einem Konzert nach dem Tanqueray gerufen, der dort bestimmt zu finden war. Er ist wirklich der Gin-Liebhaber-Held, wenn man ihn am dringendsten braucht.
Allerdings finde ich, dass Tanqueray, insbesondere beim Mixen von Cocktails, manchmal etwas zu herb und dominierend sein kann. Zum Beispiel finde ich, dass Tanqueray im Aviation Cocktail weit unterlegen ist im Vergleich zum Tanqueray No. 10.
Ein weiteres Beispiel, wo meiner Meinung nach der Gin übertroffen wurde, ist der Martini. Er ist etwas zu schwerfällig und die etwas dumpfen Ethanol-Noten im Abgang machen den Cocktail zwar akzeptabel, aber letztlich nicht überwältigend. Hier empfehle ich stattdessen Tanqueray No. 10.
Tanqueray London Dry Gin eignet sich gut für gemischte Drinks, aber meiner Meinung nach wirkt er in den meisten modernen Cocktails etwas veraltet.
Fazit
Tanqueray London Dry Gin ist ein zeitloser Klassiker, über den die meisten Trinker bereits eine Meinung gebildet haben. Liebhaber von Gin und klassischem London Dry Gin werden das trockenere, wacholderbetonte Profil zu schätzen wissen, das sich von vielen anderen Gins abhebt, bei denen Wacholder mit Zitrusfrüchten und anderen Gewürzbotanicals harmonisiert wird. Fans von moderneren Stilen werden jedoch wahrscheinlich anderswo fündig werden. Tanqueray ist zweifellos ein wichtiger historischer Maßstab in der Welt des Gins und einen Blick wert, aber auf einem überfüllten Markt gibt es möglicherweise ausgewogenere Angebote, ganz gleich, welche Vorlieben man hat.