Teilzeitstudium: Warum nutzen so wenige Studierende diese Möglichkeit?

Teilzeitstudium: Warum nutzen so wenige Studierende diese Möglichkeit?

Wer kennt das nicht? Man hat einen Job und möchte sich weiterentwickeln, aber gleichzeitig auch studieren. Antonia Hagedorn hat genau das geschafft. Die 27-Jährige entschied sich für ein berufsbegleitendes Teilzeitstudium im Bereich “Taxation” an der privaten FOM-Hochschule. Tagsüber arbeitete sie in einer Kanzlei und abends sowie am Wochenende besuchte sie Vorlesungen an der Universität. Hagedorn sieht die große Anstrengung als lohnenswert an, da sie ihr Ziel vor Augen hat und weiß, dass es nur für gut drei Jahre ist.

Das Teilzeitstudium ist jedoch bei Studierenden eine Seltenheit. Laut dem Statistischen Bundesamt haben nur 7,5 Prozent aller Studierenden in Deutschland im Wintersemester 2018/19 diese Option gewählt. Ein Teil dieser Studierenden besucht kostenpflichtige Angebote privater Hochschulen, während die andere Hälfte staatliche Hochschulen präferiert. Insbesondere die staatliche Fernuniversität Hagen ist bei Teilzeitstudierenden beliebt.

Der Hauptgrund für die geringe Anzahl an Teilzeitstudierenden liegt in den gesetzlichen Regelungen. Wer sich für ein Teilzeitstudium entscheidet, verliert seinen Anspruch auf Bafög. Da die Bafög-Förderung ohnehin immer weiter zurückgeht, müssen immer weniger Studierende auf finanzielle Unterstützung ihrer Eltern hoffen. Daher sind viele Teilzeitstudierende erwerbstätig und haben oft auch Kinder, deren Betreuung eine wichtige Rolle spielt.

Das Teilzeitstudium bringt einige Vergünstigungen mit sich. Man besucht weniger Veranstaltungen, hat längere Fristen für Prüfungen und kann eine maximal doppelt so lange Regelstudienzeit in Anspruch nehmen. Dennoch gestaltet sich das Teilzeitstudium aufgrund bürokratischer Hürden kompliziert. Es muss jedes Semester beantragt werden und wird nur aus bestimmten Gründen genehmigt, wie beispielsweise Erwerbstätigkeit oder Kindererziehung.

Die Versicherungsrechtlichen Aspekte sind ebenfalls komplex. Studierende, die ein Teilzeitstudium mit mehr als der Hälfte des Arbeitsumfangs eines Vollzeitstudiums absolvieren, bleiben als Studierende krankenversichert und müssen keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zahlen. Dieses Privileg entfällt jedoch bei einem Teilzeitstudium mit weniger als der Hälfte des Arbeitsumfangs. In diesem Fall werden Teilzeitstudierende als normale Arbeitnehmer betrachtet und versichert.

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Die Technische Universität Darmstadt bietet eine Vielzahl von Teilzeitstudienmöglichkeiten an. Dennoch machen nur knapp drei Prozent der Studierenden von dieser Option Gebrauch. Dies liegt unter anderem daran, dass es kein gesondertes Lehrangebot gibt, sondern nur ein zeitlich gestrecktes Präsenzstudium. Zudem müssen Teilzeitstudierende für ein berufsbegleitendes Teilzeitstudium Gebühren in verschiedenen Bundesländern entrichten.

Trotz der Herausforderungen empfiehlt Antonia Hagedorn allen, die bereits genau wissen, was sie wollen, ein Teilzeitstudium. Es erfordert eine starke Hingabe und Disziplin, da man sich frühzeitig auf ein bestimmtes Fachgebiet festlegt. Aber es bietet auch Vorteile wie eine enge Betreuung durch Professoren und kleine Gruppen. Nach ihrem Masterabschluss möchte Hagedorn jedoch eine Pause einlegen und wieder ein bisschen Sozialleben und Freiheit genießen.

Das Teilzeitstudium hat noch viel Potenzial und sollte insbesondere in Bezug auf Chancengleichheit und lebenslanges Lernen stärker gefördert werden. Gabriele Pfeiffer von der Technischen Universität Darmstadt sieht Verbesserungsmöglichkeiten, damit noch mehr Studierende von dieser Möglichkeit profitieren können.