Terror, Amok, Massaker – Eine kriminologische Neubewertung des Anschlags in München 2016

Terror, Amok, Massaker – Eine kriminologische Neubewertung des Anschlags in München 2016

Das Attentat in Las Vegas und der Anschlag im Münchener Olympia-Einkaufszentrum werfen beide die Frage auf, wie diese kriminologisch eingeordnet werden können. Die Bewertung bleibt bisher unklar und umstritten.

Das Streben der Kriminologie nach Klassifikation

Warum ist es überhaupt wichtig, diese Straftaten kriminologisch zu klassifizieren? Manche mögen es als nutzlosen Schubladendenken abtun. Doch das wissenschaftliche Nachdenken, die genaue Beschreibung und Einordnung solcher Delikte sind von großer Bedeutung. Nur so können wir Ursachen verstehen und mögliche Präventionen entwickeln. Die Kriminologie ist als interdisziplinäre Spezialwissenschaft in der Lage, die sozialen und individuellen Hintergründe sowie die gesellschaftspolitischen Folgen solcher Taten zu erfassen.

Die Hast der Medien und Politik

Medien und Politiker neigen dazu, sofort nach einem solchen Anschlag Schlussfolgerungen zu ziehen und Motive zu benennen. Dabei werden oft keine gesicherten Informationen berücksichtigt. Schnell werden Schuldige identifiziert und Präventionsmaßnahmen gefordert. Die kriminologische Analyse kommt meist zu spät, wenn die Öffentlichkeit bereits mit anderen Themen beschäftigt ist.

Die Analyse des Münchener Anschlags

Im Fall des Münchener Anschlags haben die Polizei und das bayerische Innenministerium den Täter als nicht politisch-extremistisch motiviert eingestuft, sondern als jemanden, der durch Mobbing Rache nehmen wollte. Allerdings kommen drei wissenschaftliche Gutachter zu einer anderen Einschätzung. Sie argumentieren, dass politische Motive nicht ausgeschlossen werden sollten und dass der Täter seine Tat akribisch vorbereitet habe, um München vor Überfremdung zu schützen.

Die Verschwommenheit der Phänomene

Die Debatte darüber, ob es sich bei solchen Taten um Terrorismus oder Amok handelt, spiegelt die verschwommenen Grenzen dieser Phänomene wider. Früher war Terrorismus eindeutig extremistischer politischer Gewaltaktionismus, während Amoktaten eher auf gestörte Psyche und Rachegefühle zurückgeführt wurden. Doch heute vermischen sich diese Motive immer mehr. Ein neuer Begriff, “Termok”, könnte diese Verschiebung beschreiben. In solchen Fällen vereinen sich persönliche Kränkungen mit politischem Hass, und die Täter versuchen, ihre Tat zu rationalisieren und zu politisieren.

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Das Fazit

Es ist nicht überraschend, dass es unterschiedliche Bewertungen gibt, da diese Straftaten sich nicht eindeutig kategorisieren lassen. Die bisherige Zweiteilung in Terrorismus und Amok entspricht in solchen Fällen nicht mehr der Realität. Die genaue Einordnung und Bewertung solcher Delikte bleibt eine komplexe Herausforderung für die Kriminologie.

Article written in German by Prof. Dr. Henning Ernst Müller and published on 05.10.2017 – Source: Ermittlungen zum Münchner Amoklauf abgeschlossen, LKA 17.03.2017