Turbo-Abi adé? – Die Kehrtwende der Länder zum G9

Turbo-Abi adé? – Die Kehrtwende der Länder zum G9

Alles wieder zurück! So lautet der Ruf aus einigen Kultusministerien. In Niedersachsen hat der Streit um das gestohlene Jahr nun ein Ende gefunden. Ab dem Jahr 2015 dürfen die Schüler ihr Abitur wieder nach 13 Schuljahren statt nach 12 Schuljahren absolvieren. Die Entscheidung des niedersächsischen Kultusministeriums hat deutschlandweit Wellen geschlagen. Der Druck auf die anderen Länder wächst. Bedeutet das bald das Ende des Turbo-Abis in ganz Deutschland? Wir haben alle Informationen für dich zusammengefasst.

Die Kritik am G8

Von Anfang an stand die Einführung des achtjährigen Gymnasiums, auch bekannt als G8, stark in der Kritik. Besonders Eltern beklagten, dass ihre Kinder überfordert seien. Auch Hochschulen und die Wirtschaft äußerten Bedenken und gaben an, dass die jungen Schulabsolventen den gestiegenen Anforderungen noch nicht gewachsen seien. Nun, neun Jahre nach der Verkürzung der Schulzeit, machen viele Bundesländer eine Kehrtwende: G9, das neunjährige Gymnasium, wird Stück für Stück wiederbelebt.

Niedersachsen begrüßt G9

Nach dem Dialogforum “Gymnasien gemeinsam stärken” in Hannover verkündete die niedersächsische Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD), dass in Niedersachsen ab sofort ein modernes Abitur nach 13 Jahren eingeführt werden soll, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Dafür sollen neue Lehrpläne entwickelt und mehr Möglichkeiten für Berufs- und Studienorientierung geschaffen werden. Für besonders leistungsstarke Schüler besteht jedoch weiterhin die Option, das Abitur nach 12 Schuljahren abzulegen.

Der Druck auf die Länder wächst

Bereits im Jahr 2013 hatte Hessen den Gymnasien die Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 eingeräumt. In Baden-Württemberg wurden 44 Modellschulen eingeführt, die nun wieder das Abitur nach 13 Jahren anbieten. Die Entscheidung in Niedersachsen hat nun die Diskussion weiter angeheizt. Der Widerstand gegen das Turbo-Abi wird wieder lauter: In Bayern gibt es ein Volksbegehren für die Wahlfreiheit zwischen G8 und G9. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) versucht, seine Partei für das neunjährige Gymnasium zu gewinnen. In Hamburg kämpft eine Bürgerinitiative ebenfalls für das Abitur nach 13 Jahren.

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Die Folgen von G8

Bildungsforscher der Universität Duisburg-Essen haben herausgefunden, dass die weit verbreitete Annahme, schlechte Noten und der Dauerlernstress der Schüler seien dem G8 geschuldet, wissenschaftlich nicht haltbar ist, berichtet die WAZ. Die verkürzte Schulzeit bringe keinen Nachteil, so das Ergebnis der Studie. Tatsächlich haben auch die Schüler, die das Abitur nach 13 Schuljahren absolvieren, keine besseren Noten. In einigen sozialen Bereichen, wie zum Beispiel in Sportvereinen, sind die G8-Schüler sogar teilweise engagierter als ihre G9-Kollegen. Unstrittig ist jedoch, dass das achtjährige Gymnasium überstürzt und ohne angemessene Vorbereitung eingeführt wurde. Die Lehrpläne wurden nicht überarbeitet, und sowohl im acht- als auch im neunjährigen Gymnasium sind weiterhin 265 Wochenstunden Voraussetzung für das Abitur.

Damit behältst du den Überblick

In der untenstehenden Tabelle findest du eine Übersicht der Regelungen zur Abiturzeit in den einzelnen Bundesländern.

Bundesland Regelung bezüglich des Abiturs
Baden-Württemberg am Gymnasium nach 12 oder 13 Jahren, an anderen Schulen nach 13 Jahren
Bayern Abitur nach 13 Jahren
Berlin In Berlin fordern Elterninitiativen die Rückkehr zum G9. Momentan gilt an den Gymnasien G8, an den integrierten Schulformen jedoch G9.
Brandenburg am Gymnasium nach 12 Jahren, an anderen Schulen nach 13 Jahren
Bremen Die Oberschule führt nach 13 Schuljahren zur Hochschulereife. Außerdem gibt es Gymnasien mit dem Abitur nach 12 Schuljahren.
Hamburg Hier kämpft eine Bürgerinitiative dafür, dass die Gymnasien G8 und G9 parallel anbieten dürfen. Momentan legen die Schüler der Gymnasien das Abitur nach der 12. Klasse ab, die Schüler der Stadtteilschulen nach 13 Schuljahren.
Hessen Ministerpräsident Volker Bouffier legte 2013 eine Kehrtwende ein und erlaubte den Gymnasien eine Rückkehr zum G9. Schätzungen zufolge werden in Hessen in Zukunft nur noch jedes fünfte Gymnasium das Abitur nach 12 Schuljahren anbieten.
Mecklenburg-Vorpommern Abitur nach 12 Jahren, nur an Fachgymnasien ist es nach 13 Jahren möglich.
Niedersachsen Nach den Sommerferien 2015 wird wieder das neunjährige Gymnasium eingeführt.
Nordrhein-Westfalen am Gymnasium nach 12 oder 13 Jahren, an anderen Schulen nach 13 Jahren
Rheinland-Pfalz Hier wurde G8 nicht eingeführt, sondern die Schulzeit nur ein wenig verkürzt. Das Abitur wird hier nach 12,5 Schuljahren (also eigentlich G8,5) abgelegt. An 14 Gymnasien ist auch das Abitur nach acht Gymnasialjahren möglich.
Saarland G8 wurde bereits im Jahr 2001 eingeführt und wird bis heute beibehalten. An Gesamt- und Gemeinschaftsschulen gilt jedoch G9.
Sachsen Abitur nach 12 Jahren
Sachsen-Anhalt am Gymnasium nach 12 Jahren, an anderen Schulen nach 13 Jahren
Schleswig-Holstein Hier dürfen die Gymnasien wählen, ob sie das achtjährige oder das neunjährige Gymnasium anbieten möchten. Einige Schulen bieten G8 und G9 parallel an, sodass die Schüler die Wahl haben. Dies gilt auch für Gesamtschulen.
Thüringen am Gymnasium nach 12 Jahren, an anderen Schulen nach 13 Jahren
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(Stand: 2018)

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