Vergehen und Verbrechen – Die feinen Unterschiede

Vergehen und Verbrechen – Die feinen Unterschiede

Straftaten können im deutschen Strafrecht unterschiedlicher Natur sein. Sie unterscheiden sich nicht nur in ihren Tatbeständen und Voraussetzungen, sondern auch in Bezug auf das Strafmaß. Die Begriffe “Vergehen” und “Verbrechen” werden im alltäglichen Sprachgebrauch oft fälschlicherweise synonym verwendet. Doch wann wird eine Straftat als Vergehen und wann als Verbrechen eingestuft? Und welche Bedeutung hat diese Einstufung für ein Strafverfahren?

Die Unterscheidung zwischen Vergehen und Verbrechen

Die Unterscheidung zwischen Vergehen und Verbrechen hängt eng mit der damit verbundenen Strafandrohung zusammen. Bereits im Jahr 1871 wurden im Rechtsstrafgesetz Rechtsverstöße in Übertretung, Vergehen und Verbrechen eingeteilt.

  • Übertretung umfasst Rechtsverstöße, die mit einer Haftstrafe oder einer geringen Geldstrafe geahndet werden.
  • Vergehen werden mit einer Gefängnisstrafe, Festungshaft oder einer hohen Geldstrafe von mehr als 150 Mark bestraft.
  • Verbrechen werden hingegen mit einer Festungshaft von mehr als 5 Jahren, einem Zuchthausaufenthalt oder der Todesstrafe bestraft.

Unterschiede in der aktuellen Rechtsprechung

Mit der Strafrechtsreform im Jahr 1974 wurde die Übertretung aus dem Strafgesetzbuch entfernt und teilweise in Ordnungswidrigkeiten, teilweise in Vergehen umgewandelt oder straffrei gestellt. Seitdem können Straftatbestände entweder Vergehen oder Verbrechen sein. Die entsprechende Einordnung erfolgt durch die Bestimmungen des § 12 StGB.

Laut § 12 StGB sind Vergehen rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bedroht sind. Verbrechen hingegen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind. Strafmildernde oder -verschärfende Bestimmungen bleiben bei der Klassifizierung unbeachtet. Allein die Angaben im ersten Absatz eines Strafrechtsparagraphen sind maßgeblich.

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Relevanz der Unterschiede

Die Unterscheidung zwischen Vergehen und Verbrechen ist in einem Strafprozess von großer Relevanz. Gemäß § 23 Abs. 1 StGB ist der Versuch eines Verbrechens stets strafbar, während der Versuch eines Vergehens nur dann strafbar ist, wenn dies das Gesetz ausdrücklich bestimmt. Eine strafbare Handlung muss vorsätzlich begangen werden. Fahrlässige Vergehen hingegen, bei denen die Täterhandlung nicht auf die Folgen oder die Tatausübung ausgerichtet war, werden grundsätzlich als Vergehen eingestuft.

Auch bei Strafverfahren spielt der Unterschied zwischen Vergehen und Verbrechen eine Rolle. Wird dem Beschuldigten ein Verbrechen vorgeworfen, liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung im Sinne des § 140 StPO vor. Das bedeutet, dass das Strafverfahren nur durchgeführt werden darf, wenn der Beschuldigte einen Verteidiger vorweist.

Des Weiteren hat der Begriff des Verbrechens auch Auswirkungen auf die Amtsfähigkeit, Wählbarkeit und das Stimmrecht einer Person. Wer aufgrund eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde, verliert gemäß § 45 Abs. 1 StGB die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen.

Beispiele für Vergehen und Verbrechen

Im Strafgesetzbuch sind zahlreiche Straftatbestände als Vergehen normiert. Dazu zählen unter anderem Körperverletzung, Nötigung, Diebstahl und Unterschlagung. Einige Straftaten sind qualifiziert, wie beispielsweise schwere Körperverletzung, die als Verbrechen eingestuft wird.

Beispiele für den Straftatbestand eines Verbrechens sind erpresserischer Menschenraub, Raub, Totschlag und Mord. Hierbei ist zu beachten, dass der Begriff “Kapitalverbrechen” in der heutigen Rechtswissenschaft keine Verwendung mehr findet.

Bildquelle: Originalartikel