Voll beladen in den Urlaub – Zwei Autos hielten dem Ladestress nicht stand!

Voll beladen in den Urlaub – Zwei Autos hielten dem Ladestress nicht stand!

Ein Artikel aus AUTO BILD, Ausgabe 29/2017

Ladungslimit? Heute passiert doch eh nichts mehr, ESP ist längst in sämtlichen Fahrzeugklassen Standard und macht selbst die günstigsten Kleinwagen sicher. Beim Ausweichen umkippende Autos gibt es auf dem Neuwagenmarkt nicht mehr. Diese Meinung vertreten nicht nur viele Autofahrer, sondern sogar einige Kollegen aus der Redaktion.

Doch was ist, wenn das Auto wirklich mal voll beladen wird? Wie verändert sich dann das Fahrverhalten? Was passiert, wenn man bei 130 km/h blitzschnell ausweichen muss und vorher keine Zeit zum Bremsen bleibt? Oder wenn bergab im Serpentinen-Geschlängel bei 40 Grad die Bremse heftig gefordert wird?

Gerade im Sommer kein unrealistisches Szenario. Denn jetzt sind wieder Tausende Urlauber mit der ganzen Familie und Gepäck im Auto unterwegs.

Wir möchten zuerst mit einem Aberglauben aufräumen: Reifen platzen nicht, wenn sie zu stark aufgepumpt sind – das passiert eher bei zu niedrigem Luftdruck. Dann walken sie und werden dabei so heiß, bis der Gummi auseinanderfliegt. Deshalb: Vor Abfahrt bei kalten Reifen auf den in der Bedienungsanleitung für die Beladung angegebenen Druck aufpumpen. Zwischen leer und beladen liegen dabei leicht mehr als 1,0 Bar. Der nächste Punkt betrifft die richtige Beladung. Die schwersten Koffer sollten nicht ganz hinten vor der Heckklappe stehen, sondern so weit wie möglich vorn liegen. Obendrauf kommen nur die leichten Taschen. Das gilt erst recht, wenn auch noch eine Dachbox montiert ist. Dorthinein gehören gar keine gewichtigen Sachen; es empfiehlt sich auch nicht, die zulässige Dachlast (Bedienungsanleitung) auszureizen. Und: Gemäß den Vorschriften zur Ladungssicherung müssen sämtliche Gepäckstücke gegen Verrutschen gesichert sein. Bei Kombis unbedingt das Gepäcknetz verwenden. Letzter Tipp: Verbandkasten und Warndreieck so verstauen, dass man im Notfall schnell drankommt. Gute Reise!

Zu unserem Beladungstest treten acht Fahrzeuge aus verschiedenen Segmenten und Preisklassen an:

Der Dacia Dokker (ab 8990 Euro) in der Klasse der kompakten Kastenwagen, der Seat Ibiza (ab 12 490 Euro) bei den Kleinwagen, der VW Golf Variant (ab 21 575 Euro) bei den beliebten Kompaktkombis, der Hyundai i40 Kombi (ab 25 340 Euro) bei den Mittelklasse-Kombis, der VW Tiguan (ab 26 575 Euro) repräsentiert die Mittelklasse-SUV, der Skoda Kodiaq (ab 25 490 Euro) die Kompakt-SUV, der Renault Grand Scénic (ab 21 120 Euro) die siebensitzigen Großraumvans und das Mercedes E-Klasse T-Modell All-Terrain (ab 58 102 Euro) tritt in der Klasse der Luxuskombis an.

Für die Erfassung von Beschleunigung, Bremsweg und Slalomzeiten benutzt AUTO BILD modernste Elektronik – beim Beladen (s. Foto) musste voller Körpereinsatz her, um die bleigefüllten Säcke in die Autos zu bekommen. Als Gewichte kommen außerdem auch Zeitungspakete zum Einsatz, die formschlüssig verstaut werden, deshalb nicht verrutschen und eine realistische Verschiebung des Schwerpunkts nach oben bewirken. An jedem Auto wurde der Reifendruck bei kalten Pneus auf die jeweilige Beladung eingestellt. Neben den objektiven Messungen fließen auch subjektive Eindrücke des Fahrverhaltens mit in die Wertung ein. Den Verbrauch ermittelten wir leer und voll beladen auf der AUTO BILD-Normverbrauchsstrecke.

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Bremswege, Slalom-, Zwischenspurtzeiten und die Daten zum Ausweichtest ermittelten wir elektronisch

Platz 8: Dacia Dokker TCe115

Das wichtigste vorweg: Der Dacia Dokker bleibt auch voll beladen im ISO-Ausweichtest einfach beherrschbar und zeigt im Bremstest kein Nachlassen der Wirkung. Mit maximal 540 Grad Celsius bleibt die Temperatur der Bremsscheiben zudem im grünen Bereich. Darüber hinaus fällt der Dokker beim Verbrauch positiv auf: Die Differenz zwischen leerem und beladenem Auto liegt bei nur 0,2 Litern – Bestwert in diesem Testfeld.

Anders sieht es jedoch bei den absoluten Bremswegen aus: Die Mittelwerte aus zehn Bremsungen aus 130 km/h leer und beladen sind die höchsten im Feld. Rund 70 Meter braucht der Dokker, unabhängig vom Beladungszustand. Auch beim ISO-Ausweichtest und im Slalom trägt er die rote Laterne, keiner ist langsamer als der Dacia. Neben dem hohen Schwerpunkt und der recht weichen Fahrwerksabstimmung ist dafür vor allem sein ESP verantwortlich, das grob und sehr früh regelt.

Fahrspaß kommt nicht auf, aber so bleibt der praktische Kasten auch bei voller Zuladung sicher. Mehr kann man von einem Kastenwagen für 8990 Euro in Sachen Fahrdynamik kaum erwarten. Was wir uns wünschen: mehr Biss für die Fading-freie Bremsanlage.

Max. PunkteLeerBeladenPunkteZuladung
10-527 kg4
Verbrauch (l/100km)57,3 IS7,5 IS5
Iso-Ausweichtest10115,38 km/h 104,96 km/h4
Bremsen (130-0 km/h)1070,3 m69,0 m4
Zwischenspurt (80-120 km/h)510,74 s13,53 s2
Slalom1012,39 s12,78 s3
Gesamtwertung50 22

► Fazit
Der letzte Platz heißt nicht, dass der Dokker unsicher ist – das ESP regelt aber früh und abrupt, macht ihn träge. Kein Fading, Bremswege sind jedoch zu lang.

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Platz 7: Hyundai i40 Kombi 1.7 CRDi DCT

Den ISO-Ausweichtest meistert der i40 gut

Stellen Sie sich vor, Sie befahren mit voll beladenem Auto eine steile Passstraße, die zudem schmal und unübersichtlich ist. Plötzlich fordert Sie Ihr Auto auf, bald stehen zu bleiben. Können Sie das nicht schnell genug umsetzen, erledigt Ihr Auto das für Sie – es schaltet auf „N“ und fordert eine Ruhepause. Zugegeben, eine sehr seltene Situation. Die aber vorkommen kann, wenn Sie einem Hyundai i40 mit Doppelkupplungsgetriebe besitzen.

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Beim Bremstest wird das Auto aus 130 km/h bis zum Stillstand gebremst und wieder auf 130 km/h beschleunigt – zehnmal in Folge, auch voll beladen. Offenbar eine zu große thermische Belastung für das Hyundai-Getriebe. Nach dem neunten Bremsvorgang erschien die Warnmeldung (s. o.) zum ersten Mal, danach in kurzer Folge noch zweimal – bevor der Hyundai schließlich den Leerlauf einlegte.

Frank Hollstein ist Leiter des technischen Produktmanagements, Continental Aftermarket Ab welchen Temperaturen wird es für Bremsscheiben und -beläge kritisch, was Fading und die Haltbarkeit der Bauteile angeht? Der Wärmehaushalt der Bremsanlage wird in erster Linie über die Bremsscheibendimensionierung gesteuert. Das heißt, das thermische Verhalten der Bremse wird maßgeblich durch die Wärmespeicherkapazität der Bremsscheibe bestimmt. Größere und schwerere Bremsscheiben können die bei der Bremsung in Wärme umgewandelte Bewegungsenergie des Fahrzeugs besser aufnehmen. Fading-Effekte der Bremsbeläge, die durch Systemüberhitzung entstehen, können so vermindert werden. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass für Bremsscheiben beziehungsweise Bremsbeläge bei Oberflächentemperaturen von über 600 °C die Systemgrenzen erreicht werden. Können die hohen Temperaturen Beläge und Scheiben schädigen (spröde werdendes Material, Riefen, Risse oder Ähnliches)? Ab 600 °C kann es zu Gefügeveränderungen in der Bremsscheibe kommen – meist fleckenartig über die gesamte Oberfläche der Bremsscheibe verteilt. Diese sogenannten „Hot Spots“ verursachen Bremsrubbeln, das nur durch Austausch der Bremsscheibe beseitigt werden kann. Für die Bremsbeläge gilt ein ähnliches Temperaturfenster wie für die Bremsscheibenoberflächentemperatur, häufig kann es hier bei einer Temperatur von mehr als 400 °C beim ersten Aufheizen von neuen Bremsbelägen zu sogenannten „First Fade“-Ausgasungen kommen, die einen gewissen Reibwertabfall nach sich ziehen können. Dieser Effekt lässt sich beispielsweise durch bestimmte Produktionsprozesse (thermische Nachbehandlung) reduzieren oder vermeiden. Einmal „ausgegast“, sind die Bremsbeläge dann in der Regel bis circa 600 °C fadingfrei beziehungsweise deutlich temperaturstabiler. Bei weiterer Überhitzung des Belags drohen Risse, die im Extremfall zu einem Ablösen der Belagmasse von der Rückenplatte führen können. Grundsätzlich gilt, dass der Verschleiß von Bremsscheiben und -belägen mit höher werdenden Temperaturen (ab 400 °C) deutlich ansteigt. Heiße Bremsen im Stand oder während der Fahrt abkühlen lassen? Aufgrund der besseren Kühlung bei rollendem Fahrzeug sollten heiße Bremsen nach Möglichkeit während der Fahrt abgekühlt werden.

In der oben beschriebenen Situation eher unangenehm, erst nach vier Minuten Abkühlung trat das Getriebe seinen Dienst wieder an. Derartige Probleme zeigte kein anderes Auto, weshalb der Hyundai im Bremskapitel trotz ordentlicher Verzögerungswerte nur einen Punkt sammelte. Im ISO-Ausweichtest und im Slalom schlägt er sich gut.

Max. PunkteLeerBeladenPunkteZuladung
10-524 kg4
Verbrauch (l/100km)56,4ID 6,8ID4
Iso-Ausweichtest10120,0 km/h122,03 km/h8
Bremsen (130-0 km/h)1064,4 m64,5 m1
Zwischenspurt (80-120 km/h)57,42 s9,14 s4
Slalom1011,32 s11,13 s6
Gesamtwertung50 27

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► Fazit
Der Bremstest konnte wegen der Getriebeüberhitzung nicht abgeschlossen werden – nur ein Punkt im Bremskapitel. Schade, denn ansonsten schlägt sich der i40 gut.

► Platz 6: VW Tiguan 2.0 TDI 4Motion

Den Tiguan haben wir einmal mit und einmal ohne Fahrrad-Heckträger getestet. Wir wollten wissen: Sind E-Bikes sicher befestigt?

Was für eine Hitze: 650 Grad messen wir an den vorderen Bremsscheiben des beladenen VW Tiguan nach zehn Vollbremsungen aus 130 km/h. Damit überschreiten sie eine kritische Temperaturgrenze und zeigen Fading.

Beim beladenen Tiguan (ohne Fahrradträger) verlängert sich der Bremsweg von 62,2 Meter auf 80,2 Meter!

VW sagt, der AUTO BILD-Extremtest sei unrealistisch. Wir sagen: Kein anderes Auto zeigt in diesem Test ein derartiges Nachlassen der Bremswirkung, nicht einmal der Dacia mit Trommelbremsen hinten. Auch unbeladen lässt die Bremswirkung nach. Von der ersten bis zur zehnten Bremsung verlängert sich der Bremsweg von 59,9 Meter auf 66,8 Meter. Wegen seines erheblichen Fadings erhält der Tiguan nur vier Punkte im Bremstest.

Für Volkswagen ist der Versuchsaufbau dieser AUTO BILD-Messungen nicht relevant. Dargestellt wird eine massive Überbeanspruchung der gesamten Bremsanlage, die mit realistischen Bedingungen im Straßenverkehr nichts gemein hat. Wir fragen Sie: In welcher Situation soll ein Fahrer mit einem voll beladenen Auto zehn Vollbremsungen direkt hintereinander aus jeweils 130 km/h (Autobahn-Richtgeschwindigkeit) ausführen müssen? Volkswagen testet alle seine Fahrzeuge selbstverständlich äußerst intensiv unter realistischen Fahrbedingungen. So wird die Bremsanlage eines jeden Volkswagen-Modells beispielsweise einem Extrem- Belastungstest bei Bergabfahrt am Großglockner und einer simulierten Autobahnfahrt mit periodisch aufeinanderfolgenden starken Bremsungen aus hoher Geschwindigkeit unterzogen. Die Größe der Bremsanlage wird entsprechend der dort maximal erreichten Bremsentemperaturen dimensioniert – so natürlich auch die Bremsanlage des Tiguan. In etlichen Fahrzeug-Vergleichen messender und testender Medien hat der Tiguan bisher seine herausragende Bremsperformance unter Beweis gestellt, so auch in den Einzel- und Vergleichstests der AUTO BILD. Uns liegen auch keine Kundenbeanstandungen vor, was die Performance betrifft, sodass wir hier keinen Handlungsgrund sehen. Die Bremsanlage des Volkswagen Tiguan ist korrekt dimensioniert.

Den ISO-Ausweichtest meistert der Tiguan aber völlig spielerisch, im Slalom überzeugt die extrem schnelle und feinfühlige ESP-Regelung.

Besonderheit: Den Tiguan testeten wir zusätzlich mit einem Fahrradträger aus dem VW-Zubehörangebot, speziell für E-Bikes geeignet. Das Mehrgewicht von 65 kg auf der Anhängerkupplung war in keiner Testdisziplin ein Problem.

Max. PunkteLeerBeladenPunkteZuladung
10- 546 kg5
Verbrauch (l/100km)56,2l D 6,8l D3
Iso-Ausweichtest10122,45 km/h 120,4 km/h8
Bremsen (130-0 km/h)1062,4 m 68,8 m4*
Zwischenspurt (80-120 km/h)58,94 s11,32 s3
Slalom1010,65 s10,86 s8
Gesamtwertung5033

  • Abwertung wegen Fadings