Vorsicht Anwaltshaftung! Vergleichsabschluss erfordert Beratung

Vorsicht Anwaltshaftung! Vergleichsabschluss erfordert Beratung

Bild: Anwältin gibt Beratung

Ein vergleichsweise einfacher Fall, der jedoch große rechtliche Folgen haben kann: Ein Kläger beauftragt einen Garten- und Landschaftsbauunternehmen mit der Durchführung von Drainage- und Abdichtungsarbeiten an seinem Haus. Nach Abschluss der Arbeiten bemerkt der Kläger Feuchtigkeitsschäden an seinem Haus. Frustriert wendet er sich an einen Gutachter und einen Anwalt, um eine außergerichtliche Lösung zu finden. Da dies scheitert, wird ein eigenständiges Beweisverfahren eingeleitet, um die Mängel festzustellen. In einem vorläufigen Gutachten wird empfohlen, dass die Drainage wahrscheinlich nachgebessert werden muss.

Vor Abschluss des Beweisverfahrens einigen sich der Kläger und der Garten- und Landschaftsgärtner auf einen Vergleich in Höhe von 55.000 Euro, um alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Vertrag abzugelten. Der Vergleich wird vom Gericht bestätigt.

Oberlandesgericht: Keine besondere Beratungspflicht des Anwalts

Der Kläger behauptet, dass die tatsächlichen Mängelbeseitigungskosten viermal höher sind als die Vergleichskosten und verklagt seinen Anwalt auf Schadensersatz in Höhe der Differenz. Das Landgericht weist die Klage ab und auch die Berufung beim Oberlandesgericht hat keinen Erfolg. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts hätte der Kläger wissen müssen, was eine Vergleichsklausel bedeutet. Die Bedeutung von Abgeltungsklauseln sowohl in gerichtlichen als auch in außergerichtlichen Vergleichen sollte einem vernünftigen Verbraucher bekannt sein. Der Kläger hat nicht ausreichend begründet, warum er dies nicht gewusst haben sollte und warum der Anwalt es hätte bemerken müssen. Darüber hinaus handelt es sich nicht um einen atypischen Fall, in dem der Anwalt den Kläger hätte informieren müssen.

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Bundesgerichtshof: Der Anwalt hatte eine Beratungspflicht

Der Bundesgerichtshof (BGH) sieht dies anders. Die Aussagen des Oberlandesgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Revision des Klägers hat Erfolg und der BGH verweist den Fall zurück an das Berufungsgericht. Der BGH entscheidet, dass der Anwalt seinen Mandanten grundsätzlich über die Vor- und Nachteile eines Vergleichs aufklären muss, damit dieser eine eigenverantwortliche und sachgerechte Entscheidung treffen kann:

  1. Der Mandant muss entscheiden, ob eine Rechtssache überhaupt durch einen Vergleich beendet werden soll. Der Mandant muss die Vor- und Nachteile kennen, wenn er seine Rechtsangelegenheit durch einen Vergleich beenden möchte. Eine Beendigung durch Vergleich kann für den Mandanten “derart nachteilig” sein, dass der Anwalt ihn davon abraten sollte. Andernfalls kann der Anwalt haftbar gemacht werden.

  2. Der Mandant muss auch wissen, welche rechtlichen Auswirkungen ein Vergleich hat, insbesondere wenn er eine Abgeltungsklausel enthält, die alle weiteren Ansprüche ausschließt.

  3. Der Anwalt darf von einer Beratung nur absehen, wenn er sicher ist, dass der Mandant bereits über die erforderlichen Informationen verfügt. Der BGH betont, dass nicht jeder Mandant gleichermaßen beratungsbedürftig ist. Wenn der Mandant aufgrund seines Fachwissens oder seiner rechtlichen Kenntnisse die Vor- und Nachteile eines möglichen Vergleichs nicht überblickt, ist eine Beratung durch den Anwalt erforderlich. Es liegt jedoch an dem Anwalt, im Streitfall den Ausnahmefall zu beweisen, dass der Mandant umfassend informiert und nicht mehr beratungsbedürftig war.

Fazit: Anwaltsberatung bei Vergleichen ist unerlässlich

Der BGH betont in seiner Grundsatzentscheidung die strengen Anforderungen an die anwaltliche Beratungspflicht bei Vergleichen. Anwälte tragen eine große Verantwortung gegenüber ihren Mandanten, wenn es um den Abschluss eines Vergleichs geht. Sie müssen umfassend beraten und aufklären, damit ihre Mandanten keine Nachteile erleiden und sie selbst nicht in die Haftung geraten.

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In diesem Zusammenhang ist es wichtig, vorsichtig zu sein und Risiken bei der Auslegung von Vergleichen zu vermeiden.

Bild: Anwälte beraten Mandanten